
Donald Trump und Wladimir Putin schätzen sich, hier bei einem Treffen in Helsinki 2018.Bild: imago stock&people / ZUMA Press
Ukraine
Blickt man dieser Tage in die Ukraine, nach Russland, die USA und Donald Trump, fällt häufig der Name Neville Chamberlain. Im Jahr 1938 hat Chamberlain, damals britischer Premierminister, im Zuge der sogenannten Appeasement-Politik das Münchner Abkommen verabschiedet: Das zur Tschechoslowakei gehörende Sudetenland wurde an Nazi-Deutschland abgetreten, um Hitlers imperialen Machthunger zu stillen. Der Plan scheiterte bekanntermaßen krachend.
Trump wird derzeit ein ähnliches Vorgehen unterstellt. Die US-Administration hat in den vergangenen Wochen Forderungen des Kreml nahezu deckungsgleich übernommen, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor der Weltöffentlichkeit gedemütigt und das Schicksal des Landes, das sich seit drei Jahren gegen den russischen Aggressor im Krieg befindet, nachhaltig aufs Spiel gesetzt.
Wie verfährt Donald Trump mit der Ukraine?
Zu dem möglichen Ausgang der Verhandlungen hat sich nun Michail Chodorkowski gegenüber dem "Spiegel" geäußert. Er war einst Russlands reichster Oligarch und ist mittlerweile einer der führenden Oppositionellen des Landes.
"Im besten Fall wird der Konflikt entlang der aktuellen Kontaktlinie eingefroren", sagt Chodorkowski. "Dann muss die Ukraine aufgerüstet werden und eine Barriere errichten, die Russland nicht durchbrechen kann. Es würde ein Kalter Krieg folgen, auf Eskalation folgt Deeskalation."
Er sehe jedoch das Risiko, dass Trump in den Verhandlungen "so gut wie nichts" herausholt. "Gelänge es ihm aber, in den Verhandlungen die Staatlichkeit der Ukraine zu sichern, ihre Rüstungsindustrie und ihre Armee zu erhalten, und würde er die Ukraine anschließend ausreichend unterstützen, hätte Trump den Friedensnobelpreis verdient", sagt Chodorkowski. "Wenn das der Preis ist, sollten wir 100 dieser Medaillen prägen."
Wieso Donald Trump auf Wladimir Putin zugeht
Tatsächlich gilt dieser Ausgang aktuell aber als sehr unwahrscheinlich. Die USA haben sich von Europa distanziert und sind offenbar nicht mehr bereit, für die Sicherheit des Kontinents einzustehen.
Die Erklärung, warum Trump einen derart Putin-freundlichen Kurs fährt, ist laut Chodorkowski sehr einfach: "Trump und Putin verstehen sich sehr gut."
Putin, sagt der frühere Oligarch weiter, habe gewisse Regeln, "so wie der Pate aus dem Film von Francis Ford Coppola", sei aber im Kern ein Verbrecher. "Trump spricht und denkt zumindest wie einer, vielleicht, weil er im New Yorker Immobiliengeschäft sozialisiert wurde. Diese überbordende Schmeichelei, diese leeren Versprechen – zum Fremdschämen!"
Die beiden seien "wie zwei Opernschauspieler, die übertreiben, damit man ihre Gesichtsausdrücke auch vom Balkon noch wahrnimmt". Trump verstehe diesen Stil intuitiv.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj steht zunehmend unter Druck. Seit der Auseinandersetzung mit US-Präsident Donald Trump und dessen Vize J. D. Vance im Weißen Haus verschärft sich der Eindruck, dass er sich nicht mehr auf die USA als einen der wichtigsten Unterstützer verlassen kann.