Mit Donald Trump zurück im Amt kommt auch die politische Vision eines Staates, der demokratische Institutionen zugunsten zentraler Macht verschiebt. Für den US-Journalisten Ezra Klein ist das kein neuer Schock, sondern eine fortgesetzte Entwicklung. Doch er warnt: Die zweite Trump-Amtszeit sei diesbezüglich entschlossener, strategischer – und potenziell dauerhafter.
"Das ist etwas, was viele in der Trump-Administration explizit wollen", sagt Ezra Klein mit Blick auf autoritäre Tendenzen im Weißen Haus. Der Kolumnist der "New York Times" und Podcaster warnt im Interview mit dem "Tagesspiegel": Die USA könnten sich unter Präsident Trump in eine illiberale Demokratie nach ungarischem Vorbild verwandeln.
Wahlen würden zwar weiter stattfinden, doch die Bedingungen würden gezielt so verändert, dass echte Machtwechsel erschwert würden. "Wir könnten Ungarn werden", warnt Klein.
Trotz dieser Einschätzung benennt der Journalist im "Tagesspiegel" eine politische Schwachstelle im Trumpismus: die extreme Härte, insbesondere in der Einwanderungspolitik. Trump habe sich mit brutalen Maßnahmen profiliert – doch diese könnten langfristig abschreckend wirken, vor allem, wenn sie mit wirtschaftlicher Unsicherheit und gesellschaftlicher Spaltung zusammentreffen.
Klein kritisiert auch die Rolle der Demokratischen Partei. Sie habe es versäumt, Trump eine glaubwürdige Alternative entgegenzustellen. "Er ist 82 Jahre alt – er hätte nicht noch einmal kandidieren sollen", sagt Klein über den Ex-Präsidenten Biden. Und: Die Partei sei zu lange loyal geblieben, statt eine offenere Debatte über mögliche Alternativen zu führen. Für Klein ein strategischer Fehler – gerade in einer Situation, in der eine klare Gegenstrategie gefragt sei.
Inhaltlich sieht er weitere Versäumnisse: Wichtige Zukunftsfragen seien nicht überzeugend beantwortet worden, während Trump sich mit Tech-Milliardären wie Elon Musk neu positioniert habe. "Ich konnte nicht erklären, was er in seiner zweiten Amtszeit erreichen wollte", sagt Klein über Biden. Trumps politische Linie hingegen sei autoritär, aber klar und entschlossen kommuniziert – etwa im Schulterschluss mit Silicon Valley und nationalkonservativen Wirtschaftskreisen.
Gleichzeitig erkennt Klein, dass nicht alle in der Tech-Szene dauerhaft auf Trumps Seite stehen. Viele seien enttäuscht, was er aus seinem ersten Mandat gemacht habe. Doch eine lautstarke, nach rechts gerückte Fraktion dominiere zunehmend den Diskurs – inklusive eines Weltbilds, das Männlichkeit, Stärke und Hierarchie über Vielfalt und Empathie stelle.
Dennoch sieht Klein Hoffnung: Es gebe nach wie vor Institutionen, die sich gegen autoritäre Tendenzen behaupten – und es gebe Grenzen für politische Brutalität. "Dass Harvard der Trump-Regierung die Stirn bietet, ist sehr wichtig", sagt er.
Gerade Trumps demonstrative Härte könne sich als langfristiges Risiko für ihn selbst erweisen. Denn: "Die Menschen wollen keine Inhaftierung und Abschiebung von Migranten ohne ordentliches Verfahren – aber sie wollen auch keine ungeordnete Grenze."
Ob sich daraus eine wirksame Gegenbewegung formt, lässt Klein offen. Doch der Satz, der hängen bleibt, ist eine Mahnung: "Auch am Ende dieser Präsidentschaft wird Trumps Grausamkeit seine politische Schwachstelle sein."