Seit Beginn der zweiten US-Präsidentschaft von Donald Trump verging kaum eine Woche ohne die Ankündigung neuer Zölle. Nach einem Rundumschlag gegen Mexiko, Kanada und China hat die US-Regierung seit mehreren Wochen auch die EU in den Blick genommen.
Weltweit bedeutete das starke Einbrüche am Aktienmarkt und große Unsicherheiten für viele Anleger:innen und Unternehmen. Immer wieder entschied sich Trump hier und da zwar für einen Aufschub der angekündigten Zölle.
Weil die Wirtschaftspolitik der USA aber nicht von den Launen des US-Präsidenten abhängen könne, so heißt es in einem entsprechenden Antrag, reichten mehrere Unternehmen und Bundesstaaten Klage beim Gericht für Internationalen Handel (ITC) ein.
Nun hat das Bundesgericht geurteilt und fast alle von Trump verhängten Zollaufschläge aufgehoben.
Mit ihrer aktuellen Entscheidung stellen die Richter:innen nicht grundsätzlich infrage, dass die USA Zuschläge auf Importe erhöhen dürfen. Sie betonen darin jedoch, dass dieses Recht eigentlich dem US-Kongress zusteht. Nur in Ausnahmefällen hätte der Präsident hier entsprechende Befugnisse.
Konkret heißt es in dem Urteil, Trump habe mit der Berufung auf ein Notstandsgesetz von 1977 seine Befugnisse überschritten. Jede Auslegung des Gesetzes, "die eine unbegrenzte Übertragung von Zollbefugnissen" vorsehe, sei "verfassungswidrig".
Die Rede ist hier vom Gesetz des International Emergency Economic Powers Act von 1977. Dieses ermächtige den Präsidenten laut Richter:innen aber lediglich, im Notfall angebrachte Wirtschaftssanktionen zu verhängen, "um eine ungewöhnliche und außergewöhnliche Bedrohung zu bekämpfen".
Das Notstandsgesetz rechtfertige demnach nicht, "einen unbegrenzten Aufschlag auf Waren aus praktisch jedem Land zu verhängen". Trump hatte wirtschaftliche und sicherheitspolitische Risiken angesichts der Handelsdefizite mit anderen Ländern als Grund für die erhobenen Zölle angegeben und einen Notstand ausgerufen.
Erst in der vergangenen Woche hatte Trump etwa der Europäischen Union mit 50 Prozent Zöllen ab Juni gedroht. Die EU bemüht sich seitdem um Verhandlungen mit Washington.
Auch mit China konnte die US-Regierung Anfang Mai zuletzt eine teilweise Einigung erzielen. US-Zölle auf chinesische Importe wurden von 145 Prozent auf zunächst 30 Prozent gesenkt. Als Antwort senkte Peking die Zölle auf Waren aus den Vereinigten Staaten von 125 Prozent auf 10 Prozent.
Eine endgültige Einigung konnte Trump aber bisher mit keinem der Handelspartner erzielen.
Die US-Regierung will die Entscheidung des Gerichts juristisch anfechten. Die Beklagten würden "beim US-Berufungsgericht Berufung einlegen", erklärten die Regierungsanwälte am Mittwoch in einem von der AFP eingesehenen Gerichtsdokument.
Mehrere Sprecher übten zudem Kritik an der Zuständigkeit der Richter:innen. Demnach sei es "nicht Sache nicht gewählter Richter" zu entscheiden, "wie ein nationaler Notfall angemessen zu handhaben" sei.
Trumps Berater und enger Vertrauter Stephen Miller äußerte sich besonders deutlich. Auf Social Media sprach er von einem "Justizputsch", der seiner Meinung nach "außer Kontrolle" geraten sei.
Ein Regierungssprecher betonte, die Trump-Regierung sei "entschlossen, jeden Hebel der Exekutivgewalt einzusetzen, um diese Krise zu bewältigen und Amerikas Größe wiederherzustellen".
Präsident Trump selbst äußerte sich bisher nicht zu dem Urteil. Auf seinem eigenen Netzwerk Truth Social fanden sich am Donnerstag lediglich Reposts zu anderen Thematiken. Darunter ein Bild mit der Aufschrift: "President Trump was right about everything" (Präsident Trump hatte bei allem recht).
Offiziell hat das Gericht dem Weißen Haus zehn Tage Zeit gegeben, um das bürokratische Verfahren zur Aufhebung der Zölle abzuschließen. Falls sich die US-Regierung daran hält, wären die US-Zölle bereits am nächsten Wochenende unwirksam. Auch der universale "Grundzoll" von zehn Prozent könnte damit bald ausgesetzt werden.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die US-Regierung nicht an die Aussagen des Handelsgerichts hält. Der Entscheid dürfte damit den Weg durch die Instanzen gehen und möglicherweise bis an den Obersten Gerichtshof gehen.
Wo allerdings direkte Folgen des Urteils zu spüren sein dürften, sind die internationalen Finanzmärkte. Diese hatten zuletzt immer wieder auf die Entwicklungen in der US-Zollpolitik reagiert. Auch am Donnerstag stieg etwa der Dax in den ersten Handelsminuten um 0,77 Prozent.
Expert:innen zeigen sich entsprechend erfreut über die Entscheidung des US-Gerichts. "Dieses Urteil ist mehr als eine juristische Fußnote", sagte Stephen Innes von SPI Asset Management gegenüber ntv. "Es ist ein struktureller Wendepunkt im Narrativ - von Starker-Mann-Entscheidungen hin zu einem institutionalisierten Rahmen."
Viele gehen davon aus, dass das Urteil eine gewisse Last von den Finanzmärkten nehmen könnte.
(mit Material von AFP und dpa)