Elon Musk hat die Vereidigung Donald Trumps zum 47. US-Präsidenten genutzt, um sich selbst in Szene zu setzen. Bei einer Rede in der Capitol One Arena in Washington richtete er einen Dank an die Anhänger:innen von Trump. Doch es waren nicht nur seine Worte, die Aufmerksamkeit erregten.
Seine Gesten lassen derzeit Menschen auf Social Media und zahlreiche Expert:innen über die Absichten Musks diskutieren.
Denn der Milliardär legte seine rechte Hand auf seine Brust und streckte dann den Arm mit Nachdruck nach vorne aus. Die Geste interpretierten viele als "Hitlergruß" oder den faschistischen "Saluto romano".
Musk wies die Kritik an ihm und seiner Geste zurück. Seine Gegner:innen bräuchten "bessere schmutzige Tricks", schrieb er auf seinem X-Account. Der "'Jeder ist Hitler'-Angriff" seiner Gegner sei "sooo langweilig", fügte Musk auf X hinzu.
Expert:innen sind sich jedoch uneins über die Bedeutung der Bewegung. Die Historikerin Claire Aubin, die sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus in den USA beschäftigt, deutete die Geste klar als faschistisch.
Auf X schrieb sie, dass es sich ihrer Meinung nach eindeutig um einen "Sieg Heil"-Gruß handelte. Die Faschismus-Expertin Ruth Ben-Ghiat schlug in die gleiche Kerbe und erklärte, die Bewegung sei aggressiv und eindeutig an den Hitlergruß angelehnt.
Andere sehen die Situation weniger drastisch. Historiker Aaron Astor widersprach: "Ich habe Elon Musk oft dafür kritisiert, dass er Neonazis Raum auf seiner Plattform gibt. Aber diese Geste sehe ich nicht als Nazi-Gruß." Für Astor handelt es sich eher um eine ungeschickte Art, dem Publikum seine Wertschätzung auszudrücken. Er verweist dabei auch auf Musks Asperger-Diagnose, die seine sozialen Interaktionen beeinflussen könnte.
Körpersprachen-Experte und Autor Stefan Verra bezeichnet die Geste auf Anfrage von watson als klar polarisierend. Jedoch lasse sich körpersprachlich betrachtet nicht sagen, ob Musk die Geste als Hitlergruß gemeint hat. Inhaltlich gibt es ansonsten auch keine weiteren faschistischen, radikalen oder polarisierenden Elemente.
"Eigentlich schickt er damit einen Herzensgruß an das Publikum", wobei er sich jedoch sehr ungeschickt anstelle. Weil die Handfläche nach unten gedreht ist, sehe es zumindest so aus wie der Hitlergruß.
Verra betont, dass Musk – ebenso wie Donald Trump – oft durch eine geringe Propriozeption, also Selbstwahrnehmung, auffalle. "Es ist ihnen nicht ganz bewusst, was sie mit ihrem Körper machen, deswegen wirken beide auch sehr ungeschickt", sagt der Körpersprachen-Experte. Das zeige sich bei beiden in vielen Situationen, etwa beim Tanzen oder wenn sie jemanden umarmen. Dies führt ihm zufolge schnell zu Fehlinterpretationen.
Zusätzlich weist Verra darauf hin, dass Musk in seinen öffentlichen Auftritten oft von Euphorie getragen werde. Damit bezieht sich der Experte etwa auf Musks Sprünge in die Luft oder ähnliche Gesten. "Auch bei diesem Auftritt geht er zu Beginn raus, als wäre er ein Rockstar. Hier lässt er eine diplomatischere Körpersprache missen."
Letztlich stellt Verra klar: So polarisierend Musks Geste auch sei – die Körpersprache verrate nicht, ob es Absicht war oder nicht. Was hinter der Bewegung steckt, bleibt letztlich also Interpretationssache.