Die US-Wahl steht kurz bevor und die Anspannung ist spürbar. Der Präsidentschaftskandidat Donald Trump verschärft auf den letzten Metern zum Wahltag nochmals seinen Ton. Er fantasiert etwa öffentlich über die Erschießung von der republikanischen Kritikerin Liz Cheney und verharmlost Schüsse auf Journalist:innen.
Gleichzeitig streut er immer wieder Zweifel am demokratischen Wahlprozess und spricht schon jetzt von angeblichen Betrug, der seiner Kontrahentin Kamala Harris einen Sieg bringe.
US-Expert:innen sind alarmiert, dass Trump seine Anhängerschaft auch diesmal so anheizen könnte, dass es zur politischen Gewalt wie am 6. Januar 2021 kommt.
Damals stürmte seine loyale Gefolgschaft das US-Kapitol, dabei starben fünf Menschen. Sie glaubten seiner haltlosen These, die Wahl wäre gestohlen. Bis heute hält der Republikaner daran fest – ohne jegliche Beweise.
Auch jetzt sät Trump vorsorglich Zweifel am Wahlausgang – mit Erfolg, wie die Einstellung seiner Wähler:innen im US-Staat North Carolina zeigt.
"An diesem Punkt werden es viele Republikaner nicht länger hinnehmen. Sie werden nicht zulassen, dass uns die Wahl zweimal gestohlen wird", sagt die Trump-Anhängerin Vikki Westbrook im Gespräch mit "The Guardian" bei einer Wahlkampfveranstaltung im ländlichen North Carolina.
"Als Republikaner sind wir gerüstet und bereit, loszulegen", führt die Mutter von fünf Kindern und zweifache Großmutter aus. Und das soll die 55-Jährige nicht als Scherz meinen, betont "The Guardian". Sie selbst besitze Waffen, wolle aber jedem Ärger aus dem Weg gehen, der nach der Wahl am Dienstag ausbrechen könnte. Denn: "Ich habe Kinder, ich kann es mir nicht leisten, ins Gefängnis zu gehen."
Die Republikanerin sei überzeugt, dass die Präsidentschaftswahlen 2020 Trump entrissen wurden. Jetzt ist sie ebenso sicher: Ein Sieg von Kamala Harris ginge nur durch Betrug. Eine Annahme, die viele Trump-Anhänger:innen mit ihr teilen.
Laut einer Umfrage des "Public Religion Research Institute" ist jede:r vierte:r republikanische Trump-Anhänger:in der Meinung ist, dass Trump im Falle einer Wahlniederlage das Ergebnis für ungültig erklären und "alles tun sollte", um das Weiße Haus zurückzuerobern.
"Die Leute werden randalieren, wenn Trump nicht gewinnt", warnt auch der 38-jährige Republikaner Cedric Perness. Er meint gegenüber "The Guardian", dass es für ihn als Afroamerikaner zu gefährlich wäre, sich an Unruhen nach der Wahl zu beteiligen – "ich würde dort getötet werden".
North Carolina gehört zu den hartumkämpften Swing States, wo Umfragen zufolge mit einem knappen Wahlergebnis zu rechnen ist. Doch Trump sieht das anders.
In dem wichtigen US-Staat heizt er seine Anhängerschaft mit der Behauptung an, er liege klar vorne. "Wir werden am Dienstag einen Erdrutschsieg erleben, der zu groß ist, um ihn zu manipulieren“, sagt der Ex-Präsident laut "The Guardian" bei seinem Auftritt in Kinston. "Wir haben einen großen Vorsprung. Wir haben einen großen Vorsprung. Die Fake News sagen euch das nicht. Wir haben einen großen, schönen Vorsprung."
Die Fakten: Laut Expert:innen liefern sich Trump und Harris in North Carolina ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch das US-Justizministerium ist alarmiert und warnt Ende Oktober, "jegliche Einflussnahme auf die friedliche Stimmabgabe" sei strafbar.
"Donald Trump ist und bleibt ein großer Risikofaktor", sagt US-Krisenexperte Michael Wahid Hanna in einer Analyse zum Unruhepotenzial im US-Wahljahr.
Dabei warnt Hanna auch vor rechtsextremen Gruppen wie die "Oath Keepers" und die "Proud Boys", die sich bis zu den Zähnen bewaffnet hinter Trump stellen. Bereits beim Sturm auf das Kapitol 2021 spielte die US-Miliz "Proud Boys" eine wichtige Rolle und führte den Trump-Mob an.