Beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei US-Präsident Donald Trump ist es im Weißen Haus am Freitag zu einem Eklat gekommen. Vor laufenden Kameras kam es zu einem heftigen Wortwechsel zwischen den beiden und Trump-Vize JD Vance.
Der Streit entbrannte, als Trump Selenskyj aufforderte, "Kompromisse" mit Russland einzugehen, was der ukrainische Präsident vehement ablehnte. Es dürfe keine Kompromisse "mit einem Mörder auf dem eigenen Staatsgebiet geben", erwiderte Selenskyj und konfrontierte Trump mit Fotos von Kriegsverbrechen.
Trump wiederum reagierte mit scharfen Vorwürfen: "Sie spielen mit dem Leben von Millionen von Menschen. Sie spielen mit dem Dritten Weltkrieg." Dann ging es erst richtig los.
Trump forderte Selenskyj infolgedessen auf, einen "Deal" mit Russland zu schließen, und drohte: "Entweder Sie gehen einen Deal ein oder wir sind raus." Weiter erklärte er: "Und wenn wir raus sind, müssen Sie es ausfechten. Ich glaube nicht, dass das angenehm sein wird."
Der US-Präsident kritisierte zudem, dass Selenskyj "überhaupt nicht dankbar" sei. "Es wird schwer sein, auf diese Weise ins Geschäft zu kommen", sagte er. Diesen Vorwurf wiederholten Trump und Vance mehrmals und nannten den Auftritt zudem "respektlos".
Trump wetterte in einer von vielen Beobachter:innen als beispiellos bezeichneten Art gegen seinen Kollegen. Dabei griff er ihn auch persönlich an:
"Welt"-Korrespondent Michael Wüllenweber bewertete anschließend: "Sowas gab's noch nie!"
Eine im Anschluss geplante weitere Pressekonferenz von Trump und Selenskyj wurde hinterher abgesagt. Selenskyj verließ das Weiße Haus gar vorzeitig. Schlimmer noch: Der AP soll ein Mitarbeiter des Weißen Hauses bestätigt haben, dass Trump Selenskyj zum Gehen aufgefordert hatte.
Auf seiner Plattform Truth Social schrieb Trump kurze Zeit später, Selenskyj könne "zurückkommen, wenn er für den Frieden bereit ist".
Wie das Weiße Haus am Abend bestätigte, haben die beiden Präsidenten das eigentlich geplante Rohstoffabkommen, das eigentlich erst der Anlass des Besuchs war, zudem nicht unterzeichnet.
Das Abkommen zur Nutzung ukrainischer Bodenschätze stand zwar eigentlich auf der Agenda, doch kam bei dem Aufeinandertreffen vor Kameras kaum zur Sprache. Über das Abkommen ist wenig bekannt, es scheint die von Selenskyj geforderten Sicherheitsgarantien durch die USA jedoch nicht zu enthalten.
Militärexperte Nico Lange sprach nach dem Treffen auf X von einer "historisch peinlichen Show" für die USA. Er prangerte Trump dafür an, er habe Selenskyj dafür verantwortlich gemacht, dass Trump sein "24-Stunden-Friedenswunder" nicht vollbringen kann.
Der Europäischen Union riet Lange dennoch, "einen kühlen Kopf [zu] bewahren". Sie solle die "Spaltungen nicht von Europa aus beschleunigen" und mit den USA weiterarbeiten.
Darüber hinaus müsse es laut Lange Priorität haben, eine "eigene Europäische Verteidigung, Bereitschaft, militärische Fähigkeiten, Industrie, Technologie" zu stärken.
Der Konflikt zwischen den beiden Staatsoberhäuptern hat sich über Wochen zugespitzt. Nachdem Selenskyj sich geweigert hatte, einen von den USA vorgelegten Abkommensentwurf zu unterzeichnen, nannte Trump den ukrainischen Präsidenten einen "Diktator ohne Wahlen" und machte die Ukraine für die russische Invasion 2022 verantwortlich.
Nach dem eskalierten Treffen mit Trump bekam Selenskyj Solidarität von internationalen Verbündeten zugesprochen. Polens Präsident Donald Tusk schrieb auf X: "Lieber Selenskyj, liebe ukrainische Freunde, ihr seid nicht allein."
Aus Deutschland meldete sich unter anderem die Grünen-Vorsitzende Franziska Brantner und erklärte auf X, die "Solidarität mit der Ukraine steht". Europa müsse jetzt "die Mittel bekommen, die es wirklich braucht". Sie forderte "kein Zögern mehr". Trumps Vorgehen kritisierte sie scharf: "Das ist kein Frieden, das ist imperialistisches Machtdenken."
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Johann Wadephul zeigte sich auf X geschockt, wie man "dem Präsidenten eines überfallenen Landes so in den Rücken fallen" kann. Er verdeutlichte: "Das freie Europa wird die Ukraine nicht verraten!"
(mit Material von dpa und afp)