In den letzten Atemzügen seiner Präsidentschaft hat US-Präsident Joe Biden nun doch noch seinen Sohn Hunter Biden begnadigt. Und das, obwohl es nach Donald Trumps Wahlsieg aus dem Weißen Haus hieß, Biden werde trotz der Niederlage seinen Sohn nicht begnadigen. Immer wieder bekräftigte Biden seinen Standpunkt.
"Ich hoffe, die Amerikaner werden verstehen, warum ein Vater und ein Präsident zu dieser Entscheidung gekommen ist." Mit diesem Satz beende Joe Biden seine Stellungnahme zur Begnadigung. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Begnadigung von Hunter Biden liefert watson hier im Überblick.
Hunter Biden war im Juni 2024 wegen illegalen Besitzes einer Schusswaffe verurteilt worden. Als er sie 2018 gekauft hatte, verschwieg er seine damalige Drogenabhängigkeit. Nach eigenen Angaben hat Hunter Biden seine Sucht mittlerweile überwunden.
Im September 2024 bekannte sich Hunter Biden außerdem in einem Verfahren wegen Steuervergehen schuldig. Dem 54-Jährigen wurde vorgeworfen, für mehrere Jahre seine Steuern nicht ordnungsgemäß bezahlt zu haben.
Zwischen 2016 und 2020 soll er Einkünfte in Höhe von sieben Millionen US-Dollar nicht versteuert haben. Stattdessen habe er das Geld für "Drogen, Hostessen und Freundinnen, Luxushotels und Mietobjekte, exotische Autos, Kleidung und andere Dinge persönlicher Natur, kurzum: für alles außer für seine Steuern" verwendet, hieß es in der Anklageschrift. Hunter Biden bezahlte die Steuern nachträglich.
In beiden Verfahren stand das Strafmaß vor der Begnadigung durch US-Präsident Joe Biden noch nicht fest. Im Verfahren zum illegalen Schusswaffenbesitz drohte Hunter Biden bis zu 25 Jahre Haft und eine Geldstrafe von bis zu 750.000 US-Dollar. Da Biden nicht vorbestraft ist, hätte die zuständige Richterin das Strafmaß wahrscheinlich nicht ganz ausgereizt.
Im Verfahren zur Steuerhinterziehung wurde noch nicht einmal ein Urteil gesprochen. Bislang gab es nur das Geständnis von Hunter Biden. Für diese Vergehen drohten ihm im Falle der für sicher geltenden Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu 17 Jahren und eine Geldstrafe von mehr als einer Million US-Dollar.
Joe Biden begründet seinen Kurswechsel damit, dass Hunter als Präsidentensohn von der Justiz anders behandelt worden sei. "Ich glaube an das Justizsystem, aber während ich mich mit dieser Entscheidung auseinandergesetzt habe, bin ich auch zu dem Schluss gekommen, dass dieser Prozess von der rauen Politik beeinflusst wurde und zu einem Justizirrtum geführt hat", sagte der US-Präsident in seinem Statement.
Außerdem kündigte Donald Trump in seinem Wahlkampf an, dass er sich an seinen politischen Gegner:innen hart rächen werde. Auch das könnte einen Einfluss auf Joe Bidens Entscheidung gehabt haben.
Begnadigungen können in den USA nicht mehr zurückgenommen werden. Deshalb sind sie bei US-Präsidenten ein beliebtes Mittel in den letzten Tagen ihrer Amtszeit.
Die Begnadigung von Familienmitgliedern kurz vor Ende der Präsidentschaft ist allerdings ungewöhnlich. Bislang begnadigten nur die Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump (entfernte) Familienangehörige. Bill Clinton begnadigte 2001 seinen Halbbruder Roger Clinton, der wegen Kokainbesitzes und Drogenhandels verurteilt worden war. Das sorgte für einen Skandal.
Donald Trump begnadigte 2020 den Vater seines Schwiegersohnes und ehemaligen Chefberaters, Jared Kushner. Charles Kushner war unter anderem wegen Steuerhinterziehung für zwei Jahre im Gefängnis gelandet. Demokrat:innen sprachen damals von einem korrupten Manöver.
Der größte Unterschied zur Begnadigung von Hunter Biden ist allerdings: Sowohl Roger Clinton als auch Charles Kushner hatten beide ihre Strafen schon abgesessen. Durch die Begnadigungen wurden lediglich ihre Strafregister gelöscht. Für Hunter Biden stand die Strafe erst noch bevor.
Auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social deutete Donald Trump an, dass man ja jetzt auch über Begnadigung der "Geiseln des 6. Januar" nachdenken könne. Mit diesen "Geiseln" meint er die Gewalttäter, die nach dem Sturm auf das Kapitol 2021 verurteilt wurden.
Man kann davon ausgehen, dass Donald Trump nach seiner Amtsübernahme reichlich von seinem Recht auf Begnadigung Gebrauch machen wird. Als Argument dafür hat er jetzt auch noch das Handeln seines Vorgängers auf seiner Seite. Denn Joe Biden argumentierte mit der vermeintlich politisierten Justiz ähnlich wie Donald Trump.
Joe Biden betonte im Wahlkampf immer wieder, dass er stolz darauf sei, dass sein Sohn Hunter den Kampf gegen die Drogensucht gewonnen hätte. Donald Trump benutzte den Präsidentensohn ebenfalls in seinem Wahlkampf zu seinen Gunsten: Er und die Republikaner:innen setzten etwa die Vorwürfe gegen Hunter Biden mit den Vorwürfen gegen Donald Trump gleich. So wurden Trumps Vergehen relativiert.
In der Geschichte der USA gab es mehrere Begnadigungen, die für Aufsehen sorgten. Gerald Ford begnadigte 1974 etwa Richard Nixon, damit dieser nicht strafrechtlich für den Watergate-Skandal zur Rechenschaft gezogen werden konnte.
Präsident Jimmy Carter begnadigte 1977 am Tag nach seiner Vereidigung ins Amt pauschal alle Bürger, die sich während des Vietnamkrieges der Einberufung entzogen hatten. Sowohl George Bush als auch Bill Clinton begnadigten Spender ihrer Parteien. Donald Trump begnadigte kurz vor Ende seiner ersten Amtszeit zudem die beiden Rapper Lil Wayne und Kodak Black.