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Kirchenasyl einfach erklärt: Voraussetzungen, Ablauf, Kritik

ARCHIV - 28.07.2020, Bayern, W
Kirchen gewähren Geflüchteten nach eigenem Ermessen Schutz.Bild: dpa / Karl-Josef Hildenbrand
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Schutz im Namen Gottes: Was ist das Kirchenasyl und wie läuft es ab?

In Zeiten eines immer härter werdenden Tons in der Migrationspolitik suchen Geflüchtete Hilfe bei den Kirchen. Die entscheiden darüber, ob sie Schutzsuchenden Kirchenasyl anbieten können.
18.06.2025, 17:1818.06.2025, 17:18
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Die schwarz-rote Bundesregierung treibt die Verschärfung des Kurses in der Migrationspolitik weiter voran: Das Asylverfahren soll beschleunigt, abgelehnte Bewerber:innen schneller zurückgeführt werden. Um das zu erreichen, schrecken die Entscheider:innen auch nicht vor teils rechtswidrigen Methoden zurück, etwa der direkten Zurückweisung an den deutschen Grenzen.

Jetzt gerät ein weiteres Instrument ins Kreuzfeuer: das Kirchenasyl.

Zwar wird die Debatte (noch) nicht innerhalb der Regierung und im Parlament geführt, doch konservative Stimmen äußern sich erzürnt auf die etablierte Praxis der Kirchen in Deutschland.

Warum bekommt das Kirchenasyl gerade so viel Aufmerksamkeit und was hat es mit dem Schutz durch die Geistlichen eigentlich auf sich? Watson beantwortet die wichtigsten Fragen.

Einfach erklärt: Was ist das Kirchenasyl?

Mit dem Kirchenasyl wollen die Kirchen für Personen einstehen, denen im Falle einer Abschiebung besondere Härten drohen: eine Gefahr für Leib, Leben oder drohende Menschenrechtsverletzungen.

Das Erzbistum München bezeichnet das Kirchenasyl als "ultima ratio", also das letzte Mittel, mit dem eine erneute Überprüfung des Aufenthaltsrechts der Geflüchteten angestoßen werden soll. Dafür soll die nötige Zeit eingeräumt werden, also gewährt die Kirche einen befristeten Schutz.

Wie viele Fälle von Kirchenasyl gibt es?

Die Fälle von Kirchenasyl sind 2024 im Vergleich zum Vorjahr um rund 300 auf insgesamt 2386 gestiegen. Das berichtet die "Bild" unter Bezug auf Angaben des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BamF).

Der Medienbericht hat die aktuelle Debatte entfacht, zusammen mit einem aktuell prominenten Fall um drei Somalier, die über Polen nach Deutschland gereist sind und in Berlin Kirchenasyl bekamen.

Ist Kirchenasyl gesetzlich erlaubt?

Rechtlich festgeschrieben ist das Kirchenasyl nicht. Es handelt sich vielmehr um eine lange Tradition der Kirchen, die aber nicht am Staat vorbei stattfindet und von diesem toleriert wird: Im Jahr 2015 haben das BamF und die Kirchen eine Vereinbarung darüber getroffen, in der auch die Voraussetzungen und der Ablauf des Kirchenasyls festgeschrieben ist.

Welche Kritik gibt es am Kirchenasyl?

Kritik an dem Instrument Kirchenasyl ist nicht neu, derzeit wurde diese nur aus dem aktuellen Anlass neu entfacht. Anlässlich des 40-jährigen Bestehens des Kirchenasyls 2023 sagte der ehemalige Pfarrer Jürgen Quandt der "Tagesschau", es habe immer die Behauptung im Raum gestanden, dass damit Gesetze nicht beachtet würden.

Tatsächlich schlägt auch die derzeitige Kritik in diese Kerbe. So moniert der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Alexander Throm, die Praxis würde das Recht unterlaufen. In nahezu allen Fällen des vergangenen Jahres habe es sich um sogenannte Dublin-Fälle gehandelt, sagt er gegenüber RTL/ntv-Frühstart.

Damit spielt er auf die sogenannte Dublin-III-Verordnung an, in der geregelt ist, dass grundsätzlich derjenige Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, in das der Asylsuchende zunächst eingereist ist. Es gehe also um die Rücküberstellung in "ein sicheres Land, wo ein ordentliches Asylverfahren gewährleistet ist", sagt Throm.

Voraussetzungen und Ablauf: Wie bekommt man Kirchenasyl?

Dass die Fälle häufig solche sind, die unter die Dublin-Verordnung fallen, ist tatsächlich gar nicht so überraschend, wie es derzeit dargestellt wird. Die Vereinbarung zwischen Ministerium und Kirchen von 2015 wurde nicht nur wegen der steigenden Flüchtlingszahlen, sondern schon damals eben wegen Spannungen über Dublin-Fälle geschlossen.

Beim Erzbistum München ist für das Gewähren von Kirchenasyl sogar Voraussetzung, dass es sich um einen Dublin-Fall handelt.

Bei den Dublin-Fällen muss laut der Vereinbarung außerdem eine unzumutbare Härte im Einzelfall vorliegen. Dabei geht es ausschließlich um die Frage, warum das Verfahren nicht im Erstankunftsland laufen kann. Ein entsprechendes Härtefalldossier muss "so früh wie möglich" dem BamF übermittelt werden. Gemeldet wird das Kirchenasyl dem Ministerium aber schon mit dessen Start.

Das Bundesamt prüft, ob es sich um einen Härtefall handelt. Wird das bejaht, wird der Asylantrag von den deutschen Behörden geprüft.

Was passiert, wenn das Bundesamt für Migration den Härtefall ablehnt?

Was passiert, wenn der Härtefall vom Bundesamt abgelehnt wird, darüber scheinen sich Ministerium und Kirchen nicht einig zu sein. Das Ministerium weist darauf hin, dass die Schutzsuchenden innerhalb von drei Tagen nach der Ablehnung das Kirchenasyl zu verlassen haben.

Die Kirchen sagen jedoch, dass dies nie Teil der Vereinbarung war, sondern vom BamF nachträglich hinzugefügt wurde, schreibt die "Taz". In den vergangenen Jahren hat sich außerdem gezeigt, dass bei dem überwiegenden Teil der Betroffenen ein Härtefall abgelehnt wird.

Die Kirchen entscheiden dann selbst, wie sie weiter verfahren. Da sich die Lage häufig nicht geändert hat, entscheiden sie sich meist für das Aufrechterhalten des Kirchenasyls. Nach sechs Monaten endet dieses dann mit dem Ende der Dublin-Frist endgültig. Danach ist eine Rücküberstellung nicht mehr möglich und Deutschland wird für das Asylverfahren zuständig.

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