219a-Debatte bei "Anne Will": 5 Frauen, ein Quotenmann und (leider) zu wenig Antworten
04.02.2019, 00:3105.02.2019, 09:18
Yasmina Banaszczuk
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In ungewohnter weiblicher Überzahl wurde bei "Anne Will" über Schwangerschaftsabbrüche diskutiert.
Wir haben die Sendung geguckt, um sie für Euch zusammenzufassen.
Worum ging's?
Die Gießener Ärztin Kristina HänelBild: imago stock&people
Bei "Anne Will" ging es am Sonntag um nichts weniger als die körperliche Selbstbestimmung von Millionen Menschen in Deutschland. Unter dem Titel “Recht auf Leben und Selbstbestimmung – die neue Debatte über Abtreibungen” lud die Moderatorin vier Frauen und einen Quotenmann zum Gespräch ein. Und ja: Das Thema war genau so groß, komplex und anstrengend wie es der Titel vermuten lässt.
Als Aufhänger diente der aktuelle Kompromiss der großen Koalition zur Veränderung des kritisierten Paragraphen 219a, der es Ärzt*innen aktuell verbietet, über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren. Aber eigentlich ging es um so viel mehr.
Wer war da?
Familienministerin Franziska Giffey im Gespräch mit Gesundheitsminister Jens SpahnBild: X90145
Franziska Giffey (SPD), die Bundesfamilienministerin, die sich anfangs gleich als “Frauenministerin” vorstellte, dann aber kein rechtes Argument für den kritisierten Kompromiss hatte.
Kristina Hänel, die Gießener Allgemeinärztin, die wegen “unerlaubter Werbung” mehrfach angezeigt wurde und deswegen nun den Weg zum Bundesverfassungsgericht geht.
Teresa Bücker, die Chefredakteurin von Edition F, die von allen am deutlichsten für die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen eintrat.
Philipp Amthor (CDU), Abtreibungsgegner und Bundestagsabgeordneter, der mit Deutschlandflaggen-Pin erschien und zuerst betonte, dass die Will-Redaktion ja einen Mann gewollt hätte und er deswegen da sei.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), ehemalige Justizministerin, die wenig sagte und wenig erneute Debatte riskieren wollte.
Es war eine schwierige Debatte: Die Koalitionsmitglieder Giffey und Amthor redeten zwar viel, sagten aber wenig, das über “Wir wollen den erreichten Kompromiss und Konsens beibehalten” hinausging.
Auf die von Hänel und Bücker aufgeworfenen Punkte, wie die zunehmende Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, das unterliegende gesellschaftliche Frauenbild und die massiven Versorgungslücken, gab es keine zufriedenstellenden Antworten.
Wohl auch, weil eben niemand aus den politischen Parteien diese Diskussion führen wollte. So unkte Leutheusser-Schnarrenberg am Ende gar, eine Diskussion über die Abschaffung von 218 (die Strafbarkeit mitsamt der Ausnahmelösungen von Schwangerschaftsabbrüchen) statt nur von Paragraph 219a (das sogenannte Werbeverbot) könnte sogar zu einer Verschärfung von Abtreibungsverboten führen.
Das gesellschaftliche Klima hat sich inzwischen so verschärft, dass immer weniger Ärzt*innen Abbrüche durchführen wollen oder können.
Die Koalitionsparteien scheuen sich davor, die Debatte offen auszutragen. Dabei ist sie längst im vollen Gange – das zeigen Bückers unbeantwortete Einwürfe und Hänels Berichte von militanten Abtreibungsgegnern, Todesdrohungen und Einschüchterungsversuchen.
Unsere Prognose: Das Thema ist noch lange nicht gegessen.