Donald Trump schreibt Geschichte: Er ist der erste Präsident, der jemals angeklagt wurde. Bild: AP / Charlie Riedel
Analyse
Die Anklagen gegen Ex-Präsident Donald Trump sprießen wie Pilze aus dem Boden. Bei all dem Ärger, den Trump mit der US-Justiz hat, kann es einem schnell schwindelig werden.
Doch vor allem steht die Frage im Raum: Wie viele Anklagen und Verurteilungen braucht es noch, bis der kontroverse Republikaner zu Fall kommt?
Donald Trump hat mit der Justiz zu kämpfen.Bild: AP / Rebecca Blackwell
Dazu hat watson die sechs bekanntesten Verfahren gegen Trump zusammengefasst und USA-Experten gefragt, welche davon dem Ex-Präsidenten besonders gefährlich werden könnten.
Unrechtmäßiger Umgang mit Geheimdokumenten
Das Foto vom Badezimmer Trumps in seinem privaten Anwesen in Florida sorgte für Furore. Mehrere Kisten füllen den Raum. Brisant: Sie beinhalten geheime Staatspapiere.
Interessante Toilettenlektüre bei den Trumps: geheime Dokumente aus dem Weißen Haus. Bild: Justice Department
Damit macht sich Trump mutmaßlich schuldig. Laut Gesetz müssen Präsidenten offizielle Unterlagen nach dem Ende ihrer Amtszeit dem Nationalarchiv übergeben. Der Sonderermittler Jack Smith führte die Ermittlungen ein. Mitte Juni wurde Trump in der Affäre angeklagt und musste persönlich vor einem Bundesgericht in Miami erscheinen.
Trump bekannte sich "nicht schuldig" – allerdings belasten ihn aufgetauchte Tonaufnahmen. Sie zeigen: Er wusste, dass die Dokumente strengvertraulich waren und er präsentierte sie offenbar seinen Gesprächspartner:innen.
Die USA ahnden Verstöße gegen das Anti-Spionage-Gesetz hart. Damit drohen Trump hohe Strafen. Das Verfahren läuft aktuell noch, der Prozessbeginn wurde für Mai 2024 angesetzt. Währenddessen blüht ihm schon die zweite Anklage auf Bundesebene.
Sturm auf das Kapitol
Nach der Wahlniederlage im November 2020 verbreitete Trump seine haltlose Theorie der "gestohlenen Wahl". Am 6. Januar 2021 stürmten seine teils bewaffneten Anhänger:innen das Kapitol in Washington, D.C., um die Bestätigung seiner Wahlniederlage zu verhindern. Fünf Menschen starben.
Ein Untersuchungsausschuss arbeitete den Vorfall auf. Das Resultat: Trump sei der Hauptverantwortliche. Laut seines ehemaligen Verbündeten Chris Christie verfolgte Trump das Spektakel seelenruhig vor dem Oval Office in seinem Esszimmer – mit einem Burger in der Hand. Es habe ihm gefallen, was sich abspielte.
Trump verkündete jüngst, dass er offenbar eine baldige Anklage im Zusammenhang mit der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols erwarte. Auch in diesem Fall ermittelt Sonderermittler Jack Smith.
Weiter geht es in den US-Bundesstaat Georgia. Dort ist Trump wohl in illegale Machenschaften bezüglich der Präsidentschaftswahl 2020 verstrickt.
Versuchte Wahlmanipulation in Georgia
Damals fiel das Ergebnis bei der Präsidentschaftswahl 2020 in Georgia sehr knapp aus – zu Gunsten des heutigen Präsidenten Biden. Trump soll angeblich versucht haben, im Nachhinein das Ergebnis in dem Bundesstaat umzudrehen – das soll eine mitgeschnittene Audioaufnahme belegen.
Das Telefonat Trumps mit Georgias Wahlleiter Brad Raffensperger dient in diesem Fall als zentrales Beweisstück. Darin fordert er Raffensperger auf, genügend Stimmen "zu finden". Rechtsexpert:innen sehen darin eine Aufforderung Wahlbetrug zu begehen.
Die Entscheidung, ob gegen Trump in der Sache Anklage erhoben wird, steht noch offen. Es könnte eng in Trumps Terminkalender werden, denn im Herbst 2023 steht bereits ein weiterer Prozess an: Es geht um seinen Familienkonzern, die "Trump Organization".
Finanzbetrug Trump Organization
In diesem Fall verklagt die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James den Ex-Präsidenten und seinen Konzern. Der Vorwurf lautet: massive Finanzbetrügereien. "Trump Organization" soll jahrelang den wahren Firmenwert verschleiert haben, um sich dadurch finanzielle Vorteile zu verschaffen.
Letitia James geht gegen Donald Trump vor.Bild: FR171797 AP / Brittainy Newman
Ziel der Zivilklage ist laut US-Medien, Trump und seine drei ältesten Kinder dauerhaft von der Führung von Unternehmen im Bundesstaat New York auszuschließen. Zudem drohe Trump eine Geldbuße in Höhe von etwa 250 Millionen US-Dollar. Teuer zu stehen kommt ihm auch das Urteil wegen sexuellen Missbrauchs.
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Sexueller Missbrauch
Trump ist wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung der Journalistin E. Jean Carroll zu fünf Millionen Dollar Schmerzensgeld und Schadenersatz verurteilt worden.
Auf seiner Social-Media-Plattform "Truth Social" äußerte er sich zum Ausgang des Zivilprozesses: "Ich habe absolut keine Ahnung, wer diese Frau ist. Dieses Urteil ist eine Schande – eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten."
Auch beleidigte er Carroll am Tag nach dem Urteil bei einem Interview mit dem Sender CNN. Grund genug für die US-Amerikanerin, erneut gerichtlich gegen Trump vorzugehen. Laut US-Medien geht dieser Fall wohl Anfang 2024 in die nächste Runde. Nächstes Jahr steht auch der Strafprozess im Zusammenhang mit der Pornodarstellerin Stormy Daniels an.
Schweigegeldzahlung
In einem getrennten Verfahren wurde der Ex-Präsident Ende März in New York angeklagt. Damit ging Trump als erster angeklagter Ex-Präsident in die US-Geschichte ein. Grund: die Schweigegeldzahlung an Stormy Daniels vor der Präsidentschaftswahl 2016.
Die Pornodarstellerin behauptet 2006 Geschlechtsverkehr mit Trump gehabt zu haben – davon sollte wohl keiner etwas erfahren. Trumps damaliger Anwalt Michael Cohen bestätigte eine Geldzahlung kurz vor der damaligen Präsidentschaftswahl, und das könnte Trump in Schwierigkeiten bringen. Dieser beteuerte vor Gericht allerdings seine Unschuld.
Er sieht sich selbst als Opfer einer Hexenjagd des Justizministeriums. Immer wieder bezeichnet er die Verfahren als politisch motivierten Schwindel. Laut US-Experte Andrew Denison könnten sie ihm zunehmend gefährlich werden.
Was das alles nun bedeutet
"Die Mühlen der Justiz drehen langsam, aber unaufhaltsam und in den kommenden Wochen werden wir die Zuspitzung all der Untersuchungen erleben", sagt Denison auf watson-Anfrage. Der Direktor von "Transatlantic Networks" ist sich sicher: Die Verfahren werden Trumps politischer Zukunft ohne Zweifel schaden.
Vor allem Trumps Umgang mit den Geheimdokumenten machen ihn verwundbar, meint Denison. Laut ihm nehmen US-Amerikaner:innen die nationale Sicherheit ernst – Demokraten als auch Republikaner. Aus der Verzweiflung heraus, werde sein Auftreten noch radikaler, aber ohne Erfolg.
Für Denison steht fest: Wenn sich Trump aus all dem doch retten kann, dann versagt der US-amerikanische Rechtsstaat. Allerdings habe Trump jahrzehntelange Übung darin, juristische Verfahren zu verschleppen und am Ende mit einem blauen Auge davonzukommen", sagt USA-Experte Thomas Greven auf watson-Anfrage. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Nordamerikastudienprogramm der Universität Bonn.
Biden könnte aus Trumps juristischen Problemen profitieren
Greven zufolge nützen ihm die Verfahren politisch, weil die angebliche "Hexenjagd" die Basis der Republikaner hinter ihm versammelt und die meisten seiner Konkurrent:innen zu "Solidaritätsgesten" zwingt. Andererseits seien die Verfahren angesichts der Beweislast durchaus aussichtsreich – insbesondere im Dokumentenverfahren.
Viele Trump-Unterstützende stehen weiter eisern hinter den Ex-Präsidenten.Bild: AP / Nathan Howard
Aber vor allem Trumps Rolle bei der versuchten Beeinflussung der Wahl 2020 und beim Sturm auf das Kapitol könnte laut Greven besonders gefährlich für den Republikaner werden. Trump wisse wohl auch, dass die sicherste Weise, sich Konsequenzen zu entziehen, eine erneute Präsidentschaft sei, meint Greven.
Damit mache der Ex-Präsident erneut die amerikanische Politik zur Bühne seiner persönlichen Angelegenheiten. "Es bleibt das große Rätsel, warum immer noch ein großer Teil der amerikanischen Bevölkerung Trumps egomanisches Spiel mitspielt", meint Greven.
Denn: Bisher ist Trump noch immer klarer Favorit für die Nominierung der Republikanischen Partei. Demnach könnte es erneut zu einem Duell mit dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden kommen. Laut Greven wäre aber Biden im Vorteil – trotz seines Alters. Denn: Unabhängige und wechselnde Wähler:innen fänden Trump wohl mittlerweile noch schlimmer.
Seit 1998 ist Melania Trump die Frau an Donald Trumps Seite. Die beiden lernten sich in einem New Yorker Club kennen, an einem Freitagabend während der Fashion Week, sieben Jahre später heirateten sie. "Ich war von seinem Charme und seiner Gelassenheit fasziniert", schreibt das slowenisch-amerikanische Ex-Model in ihrer Biografie "Melania" über ihren 24 Jahre älteren Mann.