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Ukraine-Krieg: Der Alptraum von Odessa – ein Familienvater erzählt von der Angst

April 3, 2022, Odessa, Ukraine: Smoke rises from fuel storage on fire after a missile attack in Odessa. The industrial area not far from the port was hit. (Credit Image: © Vincenzo Circosta/ZUMA Pres ...
Feuer und Rauchschwaden über einem Treibstofflager in Odessa. Bild: ZUMA Press Wire / Vincenzo Circosta
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"Wir haben große Angst um unseren Sohn": Sascha Radionow muss seine Rückkehr nach Odessa verschieben

05.04.2022, 19:3508.06.2022, 17:22
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Nach dem Leichenfund in Butscha tauchen immer mehr Bilder auf, die ein mögliches Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine dokumentieren. Bilder, die schockieren. Bilder mit leblosen Körpern auf leeren Straßen. Bilder von Massengräbern, aus denen Gliedmaßen und Köpfe ragen.

Diese Bilder gehen nur kurz nach der Verkündung des ukrainischen Verteidigungsministeriums um die Welt, die Ukraine hätte die Kontrolle über die Region Kyiw zurückerlangt.

ODESSA, UKRAINE - APRIL 02: A view from the burning building after the attack in Odessa, Ukraine on April 02, 2022. Fire broke out due to an explosion caused by Russian rockets in the Port of Odessa.  ...
Rauch über Gebäuden in Odessa nach einem mutmaßlichen Raketenangriff Russlands am Wochenende.Bild: AA / Andre Luis Alves

Unterdessen wurden offenbar ebenfalls am Wochenende Ziele in der Nähe der ukrainischen Hafenstadt Odessa angegriffen. Sie galt einst als "Perle am Schwarzen Meer". Vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine lebten dort rund eine Million Menschen.

Jetzt ist sie gezeichnet vom Krieg. Rauchschwaden liegen seit Tagen über der Stadt. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, eine Ölraffinerie und drei Treibstofflager mit Raketen aus Schiffen und Flugzeugen beschossen zu haben. Das lässt sich allerdings bisher nicht von unabhängiger Seite überprüfen.

Auch Sascha Radionow berichtet von mehreren Raketenangriffen in Odessa in den vergangenen zwei Wochen. Er ist 43 Jahre alt, freier Journalist und Vater eines siebenjährigen Jungen.

Sascha und sein Sohn.
Sascha Radionow und sein Sohn.Bild: watson / privat

Sascha erzählte bei watson bereits zu Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine davon, wie der Krieg seinen Alltag in Odessa auf den Kopf gestellt hat:

Unser Leben ist momentan wie ein Alptraum, der nicht enden will. Besonders für meine Familie. Sie wollen nicht, dass ich sie ins Ausland fliehen lassen. Sie sind alle sehr nervös, haben Angst, sind deprimiert. Wir warten hier alle darauf, dass die Russen unsere Region angreifen. Wir bekommen mehrmals täglich den Bombenalarm, wir sehen die Nachrichten darüber, was die Bombardements und der Beschuss anrichten.

Auch jetzt, einen Monat später, wird Sascha vor immer neue Herausforderungen gestellt. Wegen der Raketenangriffe in den letzten Tagen müssen er und seine Familie die Rückkehr in ihr Zuhause nach Odessa erneut verschieben.

Er sagt:

"Was mich und meine Familie betrifft, so ist die Situation immer noch dieselbe. Wir befinden uns 100 km von Odessa entfernt im Haus meiner Eltern. Wegen der vielen Menschen gibt es gewisse Unannehmlichkeiten im Alltag, aber das ist besser als bei meinem Freund, der die ganze Zeit in Charkow war: Er erzählt vom Horror der ständigen Bombardierungen.

Wir fahren regelmäßig nach Odessa, um nachzusehen, wie es um unser Haus bestellt ist. Ob Einbrecher eingedrungen sind und auch, um einige notwendige Dinge mitzunehmen. Außerdem versuchen wir, unsere Arbeit zu verbessern – mir ist es gelungen, meine Partner zu überzeugen, wieder eine gedruckte Zeitung herauszugeben.

Unser Kind lernt jetzt von zu Hause aus und wir müssen uns mit ihm auch um Schulfächer kümmern. Manchmal gibt es schwierige Momente: Für uns Erwachsene ist es schwierig, einige Probleme auf dem Niveau der zweiten Schulklasse zu lösen. Stattdessen lösen wir sie auf eine komplexere Art und Weise, die Kinder noch nicht verstehen.

Deshalb sind wir sehr besorgt, dass unser Sohn in dieser Zeit schlecht lernen wird. Einige seiner Klassenkameraden sind jetzt im Ausland und sie hatten nicht einmal Zeit, ihre Lehrbücher mitzunehmen, was es für sie noch schwieriger macht.

April 3, 2022, Odessa, Odessa Oblast, Ukraine: Pillars of smoke in the sky after a missile attack in Odessa, Ukraine on April 3, 2022..Fuel depots in the industrial area not far from the port were hit ...
Rauchsäulen über der Stadt Odessa am Wochenende.Bild: ZUMA Press Wire / Vincenzo Circosta

In den letzten 10 Tagen wurde Odessa mehrmals schwer mit Raketen beschossen. Das macht uns große Sorgen und wir verschieben erneut unsere Rückkehr nach Hause. Wir haben große Angst, dass unser siebenjähriger Sohn verletzt wird.

Wir versuchen, unseren Soldaten zu helfen, die jetzt im Kampf gegen die Russen stehen. Wir unterstützen die Soldaten, die in der Territorialverteidigung für unsere Sicherheit sorgen. Das ist eine kleine finanzielle Hilfe. Aber ich helfe auch mit Ausrüstung, die ich zur Verfügung habe und die ihnen nützlich sein kann.

Wir sind sehr müde.

Wir möchten wirklich in unsere geliebte Stadt zurückkehren, in unser Zuhause, zu unserer normalen Arbeit und zu unseren Freunden. Aber die Angst um Verwandte, um die Kinder, ist ein sehr großes Hindernis für uns.

Und nachdem alle gesehen haben, was diese russischen Bestien in Butscha anrichten...

Diese Gefühle sind schwer in Worte zu fassen."

Menschen sprechen lassen

Hinter jeder Katastrophe stecken eigene Geschichten. Wir lassen sie von denen erzählen, die sie erleben.

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