Am Montag legte Außenminister Heiko Maas (SPD) in der Debatte um den Syrien-Konflikt noch einmal nach. "Dass jemand, der Chemiewaffen gegen seine Bevölkerung einsetzt, ein Teil dieser Lösung sein kann, das kann sich wohl niemand vorstellen", sagte er vor dem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Luxemburg.
Während andere später bei Anne Will noch über die deutsche Abstinenz bei den Luftangriffen sinnierten, hatte Maas damit die neue Linie in der deutschen Außenpolitik gesetzt: Deutschland als smart Power mit Vermittlungsmacht. Welche Strategie steckt hinter seinen Worten:
Die erste Regel der fabelhaften Welt des Heiko Maas lautet: keine deutschen Alleingänge.
Deutschland handelt gemeinsam mit anderen.
Der umtriebige französische Präsident Emmanuel Macron sagte, er wolle Russland und die Türkei an den Verhandlungstisch holen. Das folgt noch der Maas-Linie. Doch will die ehemalige syrische Kolonialmacht Frankreich ohne Berlin voran. Eine Gruppe aus USA, Großbritannien, Frankreich, Saudi-Arabien und Jordanien solle Verhandlungen mit Iran, Russland und der Türkei eröffnen, sagte Premierminister Edouard Phillipe am Abend.
Innenpolitisch erhielt Maas für seinen Dialogvorstoß auch Unterstützung von der Union. Man solle "den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner. EU-Kommissar Günther Oettinger, CDU, erklärte: "Alle diplomatischen Optionen müssen wir ausloten."
Schon im Ukraine-Konflikt nach der russischen Annexion der Krim hatten Deutschland und Frankreich gemeinsam im sogenannten Minsk-Prozess vermittelt. Frankreichs Präsident Francois Hollande wirkte neben Kanzlerin Angela Merkel am Verhandlungstisch mit Russlands Staatschef Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zwar wie ein Schüler. Nun übernimmt in Syrien Macron die Initiative. Ein kleiner Seitenhieb Richtung Berlin, das Macron ein Fragen der Euro-Reform zappeln lässt.
Heiko Maas distanziert sich von seinem Vorgänger Sigmar Gabriel. Nirgendwo wie das so deutlich wie in der Russland-Politik.
Russland definiere sich immer mehr "in Gegnerschaft zu uns im Westen", sagte Maas bereits in seiner Einführungsrede im März. Kurz darauf mahnte er: "Wir erwarten von Russland konstruktive Beiträge, und zwar mehr als das, was in der jüngsten Zeit der Fall ist."
Ein neuer Ton gegenüber Moskau. Maas setzt sich damit deutlich von der Linie seiner Vorgänger Sigmar Gabriel und Frank Walter Steinmeier ab. Beide konziliant gegenüber Russland. Beide Vertraute von Alt-Kanzler Gerhard Schröder, SPD, jetzt aktiv für den russischen Energiekonzern Gazprom.
Maas bekam heftig Prügel. Auch unter der Gürtellinie wie vom Linken-Politiker Dietmar Dehm, der ihn als "Nato-Strichjunge" diffamierte. Auch der Minister weiß: Ohne Russland gibt es keinen Frieden in Syrien. Aber er setzt auf Entschlossenheit.
Eine Linie bleibt: die deutsche Zurückhaltung bei Militärschlägen.
Zu groß ist der Widerstand in der deutschen Bevölkerung. Eine Folge der deutschen Geschichte. Und der deutschen Teilung, während der für Bundeswehr und Nationale Volksarmee galt: Es gibt eine Armee, aber sie dient nur Abschreckung und kommt nicht zum Einsatz.
Seither hat sich die Welt gewandelt. Aber die Zurückhaltung bleibt. Das Land erfüllt seine Bündnispflichten, etwa mit einer Nato-Abschrecktruppe in Litauen. Aber militärisch marschiert Deutschland nicht an der Spitze.
Dialog statt Böller, lautet die Devise. Auch unter dem neuen Außenminister Heiko Maas.
Der Jurist Maas war Justizminister. Als Außenminister wurden andere gehandelt. Erst Martin Schulz, dann wieder Sigmar Gabriel, dann Katarina Barley. Schließlich ist es im März Heiko Maas geworden.
Erstaunlich schnell hat er sich eingelebt im Amt. Das spricht für die Klasse der leicht elitären Mitarbeiter im Außenministerium. Aber auch für Heiko Maas. Der Mann hat sich rasch von seinen Vorgängern emanzipiert und verfolgt eine eigene Linie.
Maas ist Triathlet. Beim Antrittsbesuch bei der UN in New York im März schloss er sich morgens der Joggingrunde der Botschafter an.
Der Mann hat Steher-Qualitäten. Auch politisch.