Volker Bouffier sieht nicht wirklich nach einem Verlierer aus. Erst
wird der Ministerpräsident Hessens lange beklatscht von seiner CDU. Dann sagt er mit
einem fast seltsamen Grinsen: "Wir haben schmerzliche Verluste erlitten, die
machen uns demütig". Aber wie gesagt: So richtig demütig sieht Bouffier nach den Ergebnissen der Hessenwahl einfach nicht aus.
Stattdessen packt er aus:
"Unser Ziel, stärkste Kraft zu
werden, haben wir dennoch erreicht."
"Schmerzlich" klingt anders. Auch aus Berlin kommen ähnlich erleichterte Gratulationen von
CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie sieht ebenfalls nur
erreichte Wahlziele. Rot-Rot-Grün habe man verhindert, die CDU in Hessen ist stärkste Kraft. Eigentlich, so klingt das, ist ja alles noch einmal gut gegangen. Monate des Regierungsstreits, fallende Umfragewerte, alles jetzt erst einmal vorbei.
Bouffier sagt dementsprechend am Wahlabend noch einmal in Richtung Bundespartei: Man müsse jetzt mit dem Streiten aufhören. Von der CDU in Berlin kommt einsichtig das Echo zurück: "Wir müssen jetzt mit dem Streiten aufhören."
Das alles ist schön und gut, hat aber einen Haken. Nicht die Christdemokraten werden über die Zukunft der Regierung in Berlin entscheiden. Sondern die SPD.
Von dort kommen wesentlich selbstkritischere Töne. Man könnte auch sagen, im Willy-Brandt-Haus und in den Landeszentralen der SPD herrscht Untergangs-Stimmung. Der nunmehr dreifache Wahlverlierer
Thorsten Schäfer-Gümbel sagt: "Wir haben nicht ansatzweise das Ergebnis
geholt, das wir holen wollten."
Tatsächlich hat die SPD so wenige Stimmen in Hessen wie seit 1946 nicht mehr. Die Grünen könnten in der Nacht zum Montag sogar noch vorbeiziehen. Das ist nicht weniger als eine weitere Katastrophe nach der verkorksten Bayernwahl vor zwei Wochen.
Und das wird Folgen haben müssen
Auch die Parteivorsitzende Andrea Nahles sagt, so könne es nicht weitergehen. Sie will einen "verbindlichen Fahrplan", an dem sich die Union bis zum nächsten Jahr messen lassen solle. Dann könne die SPD klar entscheiden, ob sie weitermachen will oder nicht, sagt Nahles. Vermutlich hatte sie diese Idee schon eine Weile in petto, schließlich war das schlechte Ergebnis in Hessen abzusehen.
In der Theorie könnte so ein Fahrplan Zeit für die Parteichefin kaufen, und auch Zeit für die GroKo. Aber ähnlich schon wie bei der Fehlentscheidung um Hans-Georg-Maaßen könnte Nahles die Kräfte in ihrer Partei unterschätzen.
Es ist schlicht überhaupt nicht klar, ob der Rest der SPD einem solchen Plan zustimmen wird.
Allen voran werden die einflussreichen Jusos rund um Kevin Kühnert sich intern vermutlich gegen die Idee stellen. Kühnert will die GroKo schon lange verlassen. Und auch im Rest der SPD gewinnt der Exit-Wunsch immer mehr Zulauf. Am Schluss könnte Nahles mit ihrem "Fahrplan" deshalb alleine stehen. Überstimmt sie der Vorstand, könnte die SPD also doch noch aussteigen.
Dann hat der Wahlabend in Hessen doch noch für das Ende der GroKo gesorgt. Und das Grinsen des Volker Bouffier könnte im Nachhinein einfrieren, auch wenn er seine Regierung gehalten hat.
Und hier nochmal visualisiert:
Bild: iStockphoto
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