Politik
Analyse

Elon Musk und AfD-Chefin Weidel im X-Gespräch: Ist das legal?

Elon Musk unterstützt AfD-Chefin Alice Weidel auf der Plattform X.
Elon Musk unterstützt AfD-Chefin Alice Weidel auf der Plattform X. Bild: imago images, getty / Chris Emil Janßen, Zoonar II, Gile68
Analyse

Alice Weidel und Elon Musk: "Ein großer AfD-Marketingerfolg" mit Risiken

09.01.2025, 19:0709.01.2025, 19:12
Mehr «Politik»

Der reichste Mann der Welt bietet AfD-Chefin Alice Weidel eine Bühne auf seiner Plattform X. Millionen von Menschen können das Interview zwischen der deutschen Politikerin und dem Tesla-Chef Elon Musk verfolgen.

Der Zeitpunkt könnte für Weidel nicht besser sein: Am 23. Februar ist Bundestagswahl in Deutschland.

AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel Pressestatement, vor der Fraktionssitzung AfD-Bundestagsfraktion, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Bundessprecher, Alice Weidel Berlin Berlin GER *** AfD Bu ...
AfD-Chefin Alice Weidel erhält ein Interview mit X-Besitzer Elon Musk.Bild: imago images / Bernd Elmenthaler

Nach dem Ampel-Desaster ist die AfD mittlerweile zweitstärkste Kraft in Deutschland. Die in Teilen rechtsextreme Partei führt vor der SPD, den Grünen und der FDP. Musk bezeichnet Weidel auf X schon als "nächste mögliche Bundeskanzlerin". Die Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und Robert Habeck beleidigt er hingegen. Es fallen Worte wie "Narr" und "Verräter".

Nach dem mutmaßlichen Anschlag in Magdeburg fordert Musk Kanzler Scholz zum Rücktritt auf. Dann folgt sein Meinungsbeitrag in der "Welt": Er ruft zur Wahl der AfD auf.

Laut Kritiker:innen geht die Einmischung Musks zu weit. Viele fragen sich, ob das noch legal ist. Ja, meint Politikberater Martin Fuchs auf watson-Anfrage.

Musk darf seine Meinung äußern – doch es gibt ein Problem

"Auch, wenn die direkte öffentliche Einmischung von ausländischen unternehmerischen Persönlichkeiten in die deutsche Politik, beziehungsweise in Wahlkämpfe, ungewöhnlich erscheint und keine Tradition hat, ist diese natürlich nicht verboten und von der Meinungsfreiheit gedeckt", sagt Fuchs.

Diese Annahme teilen auch die Politikwissenschftler:innen Uwe Wagschal und Ursula Münch auf watson-Anfrage.

December 20, 2024, Asuncion, Paraguay: Elon Musk s X formerly Twitter account is displayed on a smartphone backdropped by X logo. Only the AfD can save Germany, Elon Musk wrote in a post on his social ...
Auf seiner Plattform X wirbt Elon Musk für die AfD.Bild: imago images / Andre M.Chang

Laut Wagschal sind die Meinungsäußerungen von Musk in der "Welt" vollkommen legitim. "Unser Grundgesetz garantiert in Artikel 5 die Meinungs- und Pressefreiheit. Die zahlreichen Attacken auf diese Meinungsäußerungen sind daher sehr kritisch zu sehen", meint der Professor von der Universität Freiburg.

Musk spreche in seinem Beitrag wichtige Fragen an, die inhaltlich diskutiert gehören und den Leuten auf den Nägeln brennen, führt Wagschal aus. "Mit einem 'Verbot der Einmischung' werden diese Probleme nicht gelöst."

Doch es geht um die Art und Weise der Einmischung; denn Musk nimmt es offenbar mit der Wahrheit nicht genau.

Wirtschaft und Migration sind beliebte Themen, über die der Unternehmer auf X postet. Während der US-Wahl heizte er den ohnehin stark emotionalisierten Wahlkampf zugunsten Trumps an – mit reichlich Desinformation. Das zeigt eine Untersuchung der gemeinnützigen Organisation Center for Countering Digital Hate (CCDH).

Immer wieder wird die Kritik laut, Musk lasse X ungefiltert mit Fake-News und KI-Fotos überfluten. Das sieht Münz, Direktorin der Akademie für Politische Bildung, als problematisch an.

X-Interview von Weidel und Musk könnte rechtliche Folgen haben

Bei Musk handelt es sich laut der Politikwissenschaftlerin nicht mehr um eine "normale" Meinungsäußerung, sondern um einen Manipulationsversuch. Denn: Hier werde ein sehr mächtiger Besitzer "einer auch durch den intransparenten Einsatz von Algorithmen wirkungsstarken Online-Plattform" entsprechend tätig.

Auch Politikberater Fuchs sieht die Einflussnahme Musks kritisch: "Bei Musk bündeln sich sowohl unternehmerische als auch publizistische Macht und seit kurzem auch politische Macht durch seine Aktivitäten in der Trump-Regierung."

Musk nutze diese Ressourcen gezielt und strategisch, um seine Interessen weltweit durchzusetzen, "Stichwort Libertäre Ideologie und der gewünschte Abbau von Staatsstrukturen, um wirtschaftliche Freiheiten für seine Aktivitäten zu erzielen", sagt Fuchs und ergänzt: "Diese Machtkonzentration kann durchaus für die Einflussnahme auf Wahlen genutzt werden."

Die Europäische Union erwägt nun, rechtliche Schritte gegen Musk wegen Wahlbeeinflussung einzuleiten. So ganz legal sei das X-Space mit Weidel wohl auch nicht, meint Fuchs. "Es könnte gegen das deutsche Parteiengesetz verstoßen und somit eine unerlaubte Einflussnahme darstellen." Dabei verweist er auf einen X-Post des deutschen Rechtsanwalts Chan-jo Jun.

Auch Münz weist darauf hin, dass die Begegnung für die AfD womöglich unerwünschte Folgen haben könnte. "Es gibt Indizien, dass es sich bei der Veranstaltung in diesem Format um eine unzulässige Auslandsspende nach Paragraf 25 des Bundesparteiengesetzes handeln könnte", sagt sie. Die Nichtregierungsorganisation LobbyControl äußerte ebenfalls diesen Verdacht.

Wie sehr Weidel am Ende von dem Gespräch mit Musk profitiert, hängt laut Fuchs auch von den Medien ab.

Weidel auf X: Laut Politikberater profitiert Musk von den Medienhype

Laut ihm sind Musks Tweets eine Einflussnahme auf nationale Diskurse, "allerdings entfaltet sich die eigentliche Wirkmacht erst dadurch, dass die gesamte deutsche Medienlandschaft diese Tweets breit thematisiert und somit für viele Bundesbürger:innen erst sichtbar macht".

Sprich, würden die Tweets bei X bleiben und nur die AfD diese thematisieren, wäre der Einfluss eher gering. "Die Wahrnehmung würde vor allem in der AfD-Blase erfolgen", meint Fuchs.

Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden? Hier findest du unseren Broadcast-Channel.

Auch Münz rechnet mit einer enormen Aufmerksamkeit für das X-Interview. Das werde das Ego der AfD stärken, aber auch Weidel als Kanzlerkandidatin und die Reichweite ihrer politischen Aussagen.

Allerdings könnte die AfD mit dem Weidel-Musk-Treffen auch ein Eigentor erzielen.

Beim USA-kritischen AfD-Klientel könnte Weidel mit Musk anecken

Laut Münz stellt sich die Frage, wie gut die "Anbiederung der AfD gegenüber einem US-Milliardär" bei der eher USA-kritischen AfD-Klientel ankommt. Denn: Die AfD selbst versucht sich laut Wagschal eher von den USA abzugrenzen und Nähe zu Russland zu demonstrieren.

dpatopbilder - 17.12.2024, Berlin: Auf Kamera- und Handydisplays ist Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, bei ihrer Pressekonferenz zu Beginn der Fraktionssitzung ihrer Partei zu sehen. Foto: K ...
Alice Weidel äußert sich selbst oft kritisch über die USA. Bild: dpa / Kay Nietfeld

"Auch die Liebe der AfD zu Elektroautos und der Teslafabrik in Grünheide waren in der Vergangenheit eher schwach", sagt der Politikwissenschaftler.

Er führt aus:

"Sicherlich würde die AfD gern von den Milliarden des Elon Musk ein Happen abbekommen und auch etwas von seinem Glanz als einer der reichsten Unternehmer der Welt profitieren. Inwieweit sie jedoch bei der Wahl davon profitiert, ist unklar."

Der einstige Tesla-Manager Philipp Schröder warnt auf Linkedin, dass man Musk nicht unterschätzen sollte. Er vertritt die gewagte These: Sollte Musk Ernst machen, kommt die AfD auf 30 Prozent.

30 Prozent für die AfD? Musk-Kenner meint, das ist möglich

Wenn Musk zusammen mit US-Präsident Donald Trump und Weidel einen "Masterplan für Deutschland" präsentieren würde, hätte die Macht der Bilder eine riesige Wirkung. Ob die aber auch bei den ostdeutschen AfD-Wähler:innen gut ankommen, bezweifelt Wagschal. Denn unter ihnen herrsche oftmals ein gewisser Antiamerikanismus vor.

Doch generell sei die Unterstützung durch Musk ein großer AfD-Marketingerfolg, meint der Experte. "Musk als einer der reichsten Menschen der Welt und erfolgreicher Unternehmer hat immense Reichweite und Strahlkraft."

Die Auffassung, in der Politik alles mit Geld kaufen zu können, gehöre offenbar zu seinem Mindset, sagt Wagschal. Laut Münz beginnt die Verletzbarkeit des demokratischen Verfassungsstaates mit den Manipulationsversuchen in- und ausländischer Machtmenschen und Extremist:innen.

"Sie säen Misstrauen und wirken auf die öffentliche Meinungsbildung ein – und damit mitten hinein in den Kernbereich der Demokratie: unser Wahlverhalten.

Fuchs hebt hervor, dass Musk seine Aktivitäten immerhin öffentlich und für alle nachvollziehbar zeigt – im Vergleich zu verdeckter Einflussnahme anderer wie etwa Konzerne (Lobbying) oder Drittstaaten (Desinformationskampagnen aus Russland). Von daher sieht er die Gefahr durch Musk nicht so groß, wie durch intransparente Maßnahmen.

Als Gesellschaft müsse man aber schnell lernen, mit solchen Interventionen besser umzugehen und diese nicht noch aufzuwerten und damit relevanter und wirkmächtiger zu machen. "Nicht jeder Tweet muss zum Medienthema hochgejazzt werden und nicht jede:r Politiker:in muss jeden Tweet öffentlich kommentieren", rät er.

Digitalisierung Fachkräfte können Visa endlich online beantragen

Wer einmal ins Ausland gereist ist, kennt die Möglichkeiten jener Digitalisierung, die in Deutschland leider noch immer weit entfernt scheint. Allein die Bezahlung mit Karte löst schließlich nicht nur in einigen Ämtern, sondern auch im alltäglichen Leben noch immer ein mittelgroßes Chaos aus.

Zur Story