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Regierungserklärung von Friedrich Merz: Neue Versprechen, kein Rückhalt

Regierungserklärung Friedrich Merz EUR, Deutschland, Berlin, 14.05.2025: Regierungserklärung von Friedrich Merz CDU im Deutschen Bundestag. Der Bundeskanzler plädiert in seiner Rede für einen Kurswech ...
Friedrich Merz hatte bei seiner ersten Regierungserklärung viele Themen zu besprechen. Bild: imago images / Mike Schmidt
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Friedrich Merz im Bundestag: Drei Erkenntnisse zur ersten Regierungserklärung

Nach einer eher mühsamen Wahl zum Bundeskanzler in der vergangenen Woche stand für Friedrich Merz heute die nächste Prüfung an.
14.05.2025, 15:5014.05.2025, 15:50
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Für die Abgeordneten des 21. Deutschen Bundestages jagt aktuell ein historisches Ereignis das nächste. Erst vergangene Woche verpasste ein Bundeskanzler in Person von Friedrich Merz zum ersten Mal in der deutschen Geschichte die Wahl im ersten Wahlgang.

Nur eine gute Woche später hielt dieser dann doch gewählte Bundeskanzler am Mittwoch seine allererste Regierungserklärung im Bundestag. Indem Carsten Linnemann diese schon im Voraus als "vielleicht eine seiner wichtigsten Reden in diesem Jahr" ankündigte, hatte auch dieser Tag etwas Historisches.

Die erkältete Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hustet zunächst noch aus der Ferne ins Mikrofon, schob sich dann fix eine Hustenpastille zwischen die rosa gemalten Lippen und blickte anschließend gebannt wie wohl viele in Deutschland auf Friedrich Merz.

Dessen Stimme hingegen ist an diesem Mittwoch gefestigt, als er ans Rednerpult tritt. Drei Erkenntnisse aus einer Regierungserklärung, die zumindest verbal viel Großartigkeit versprach.

Friedrich Merz, wie man ihn (nicht) kennt

Äußerlich hat sich Friedrich Merz nicht verändert. Die Bilder seiner Rede könnten genauso gut vor einem Jahr entstanden sein, als er noch die Oppositionsbank drückte. Der Ton, den der frisch gebackene Bundeskanzler anschlug, war jedoch ein anderer als noch vor wenigen Monaten.

Direkt zu Beginn seiner Rede würdigte er seinen Vorgänger Olaf Scholz (SPD). Die Reaktion von Scholz auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sei "wegweisend" und "historisch" gewesen.

Insgesamt erkennt Merz nun an, dass die Regierung Deutschland "durch Zeiten außergewöhnlicher Krisen geführt" hätte. Er bedankte sich persönlich bei Scholz für die vergangenen Jahre und den "reibungslosen" Regierungswechsel.

Doch auch inhaltlich ist Friedrich Merz in seiner neuen Rolle deutlich milder eingestellt als in der Vergangenheit. Themen wie Klima, Wohnen und Migration bekommen – anders als noch im Wahlkampf – mittlerweile einen Platz in seinem politischen Repertoire.

"Friedrich Merz war noch nie so sehr Angela Merkel wie heute", resümierte Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang hierzu auf X.

So kündigt der neue Bundeskanzler an, beim Klimaschutz "neue Wege" einzuschlagen. Konkret spielt er dabei auf die CO₂-Bepreisung an. Die stand so zwar auch im Wahlprogramm von CDU und CSU. Neu ist sie allerdings keineswegs. Auch die vergangene Regierung wollte diese voranbringen.

Ebenso bekannt und dennoch überraschend ist Merz' Forderung beim Thema Wohnen. "Wohnraum muss bezahlbar bleiben", sagte Merz in seiner Rede. Von der Linksfraktion erntet er dafür heftiges Gelächter, war Wohnen doch im Wahlkampf dessen Kernthema, das von anderen Parteien eher stiefmütterlich behandelt wurde.

Ob die neue Regierung all diese Projekte wirklich umsetzen wird, bleibt wie in jeder Legislatur abzuwarten. Außergewöhnlich ist allerdings der bunte Themenstrauß, den die Union nun scheinbar abseits der vertrockneten Rose Migration gefunden hat.

Einen möglichen Grund lässt Merz auch in seiner Rede durchscheinen: "Dieses Europa blickt heute auf Deutschland."

Ein alter Mann für die jungen Leute?

Doch nicht nur von Europa scheint sich Friedrich Merz heute beobachtet zu fühlen. Auch die Augen der jungen Generation ruhen offenbar auf seinen Schultern.

Immer wieder kommt er in seiner Regierungserklärung auf "die junge Generation" zu sprechen. Er verspricht die Verwirklichung eines neuen Generationenvertrags, einen neuen "attraktiven" Freiwilligendienst und eine Frühstartrente ab dem 6. Lebensjahr.

"Wir wissen, dass wir ein Zeichen für eure Zukunft setzen müssen", sagt Merz in Richtung jener Menschen, die nicht einmal halb so alt sind wie er.

Verständnisvoll merkt er an, dass diese Generationen nicht überfordert werden sollten mit Aufgaben, für die deren Eltern bisher nicht aufgekommen sind.

Noch immer fehlt dem neuen Bundeskanzler der Rückhalt

Trotz dieser groß gewählten Worte sind die Spuren der vergangenen Woche im Bundestag noch deutlich sichtbar.

Während Friedrich Merz aus der eigenen Fraktion für beinahe jede Aussage kollektiven Applaus erntet, liegt bei den anderen Rängen viel Zweifel in der Luft.

Die Abgeordneten von Linken, Grünen und AfD gönnen dem neuen Bundeskanzler zwischendurch kein einziges Mal ein Lob in Form von klatschenden Händen. Auch bei der SPD ist man mit offensichtlicher Zustimmung zurückhaltend.

Auffällig ist hier vor allem die fehlende Begeisterung für die sozialpolitischen Versprechen von Merz. Beim Thema Mindestlohn verwendet er zwar ähnliche Worte wie zuletzt SPD-Chef Lars Klingbeil: "Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar."

Gesetzlich festschreiben wird die neue Bundesregierung einen solchen ihm zufolge aber nicht. Das etwa dürfte nicht allen Genoss:innen gefallen.

Um deren Vertrauen zu stärken, wird es nicht nur beim Thema Mindestlohn wichtig, dass Friedrich Merz zumindest die jetzt getätigten Versprechen hält. Denn auch wenn er dafür wirbt, dass Deutschland Herausforderungen "aus eigener Kraft" meistern kann: Er allein wird das nicht können.

Insgesamt ist das Land nach dieser ersten Regierungserklärung genauso schlau wie vorher. Substanziell Bahnbrechendes enthielt diese schließlich nicht und auch eine tatsächliche 180-Grad-Wende beim Kanzler bleibt unwahrscheinlich. Man darf aber hoffen, dass Linnemann irrte und das noch nicht die "wichtigste Rede" von Friedrich Merz war.

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