Als zuletzt Wutbürger in Deutschland auf die Straße gingen, feierten die
Menschen. Es gab Musik, bunte Transparente. In Berlin kamen im
Juni sogar Schiffe und zahllose Club-Djs zusammen, um Position gegen Rechts zu beziehen. Eben gegen die Wut.
25.000 Gegendemonstranten standen in Berlin gegen nicht einmal 5.000 Anhänger einer AfD-Kundgebung. Solche Momente gibt es nicht nur in der Hauptstadt: In Dresden, Leipzig oder im Westen der Republik haben Gegendemonstrationen
deutlich mehr Zulauf als die Aufmärsche von Rechten.
Die Zahl der rechtsoffenen "GIDA"-Demonstrationen (wie Legida oder Pegida) geht zurück, auch die von Straßendemos mit rechtsradikalem Hintergrund.
Das zeigt eine kleine
Anfrage der Linksfraktion an die Bundesregierung, die watson vorliegt.
Demnach gab es:
im 1. Quartal 2016 noch
125 rechtsextreme- und 79 GIDA-Demos.
Im 1.Quartal 2018 nur noch 22 rechtsextreme und 15 GIDA-Demos.
Nach der Flüchtlingskrise ist die Zahl an Demos kleiner geworden. Es kommen auch weniger Teilnehmer zu den noch existierenden Veranstaltungen. Aus Dokumenten der Bundesregierung geht hervor:
Im gesamten Jahr 2016 gab es 312 rechtsextreme Demos (rund 29.000 Teilnehmer) – im Folgejahr waren es nur noch 107 Demos (rund 11.300 Teilnehmer).
2016 gab es insgesamt knapp 200 GIDA-Demos (rund 23.000 Teilnehmer) – im Folgejahr waren es nur noch 83 (rund 4.000 Teilnehmer).
2018 werden es, bleibt es beim aktuellen
Trend, noch weniger sein.
Hat sich die Wut der so wütenden Bürger also entladen?
"Das rechte Potential ist noch immer da", sagt die Innenpolitische Sprecherin im Bundestag der Linksfraktion Ulla Jelpke. Sie fragt die Zahlen der Aufmärsche seit 2010 kontinuierlich bei der Bundesregierung an.
Vor allem der andauernde Erfolg von Rechtsrock-Konzerten und Freizeitangeboten von rechten Gruppen zeigten: Das Problem verlagere sich lediglich weg von den Demos und hin in andere Bereiche.
Lest hier noch einmal die Hintergründe zur Rechtsrock-Szene in Deutschland:
"Geschichtsrevisionismus
und Flüchtlinge waren früher Kernthemen der NPD. Heute können rechtsoffene
Bürger jeden Abend ihren Leuten von der Coach aus bei TV-Talkshows zusehen und im
Internet Hassmails schicken. Sie brauchen nicht mehr auf die Staße zu gehen, könnten es aber jederzeit wieder tun."
watson
Auch Konfliktforscher Andreas Zick von der Universität Bielefeld sieht einen Rückgang der GIDA-Demos. Der Staat hat die Lage Stück für Stück unter Kontrolle bekommen, sagt er.
Und erklärt:
"Das Bild der Krise bekommt Risse und das schwächt die
Propaganda."
Während das rechte Potential aber von der Straße verschwinde, so glaubt auch Zick, seien die Positionen in den Mainstream gerückt.
Er erklärt:
"Weite Teile der Gesellschaft haben Vorurteile gegenüber Zuwanderung und
Minderheiten."
Es ginge deshalb gar nicht so sehr um die Frage, wie Bürger ihrer Wut Ausdruck verleihen. Ob sie also auf die Straße gingen, Zuhause bleiben oder auf rechte Konzerte gehen. "Wir müssen stattdessen fragen, wie Menschen überhaupt in Wut versetzt werden können", sagt Zick.
Ukraine-Krieg: Cherson-Bewohner erzählen von Drohnen-Jagd auf Menschen
Eigentlich ist der Krieg für die Menschen in der Ukraine schon schlimm genug. Nun häufen sich Berichte über gezielte Drohnen-Angriffe auf Zivilist:innen in der ukrainischen Stadt Cherson.