Seit Monaten arbeitet ein
Jura-Student in Berlin an seiner Kandidatur gegen Angela Merkel. Auf Facebook
sammelt Jan-Philipp Knoop Unterstützer, er gibt Interviews, in Debatten zeigt er konservative Kante. Viele Chancen hatte er nie, aber einen Namen machte sich Knoop als junger Herausforderer der Kanzlerin. Dann aber kam es für den 26-jährigen CDUler gleich doppelt anders.
Angela Merkel tritt gar nicht mehr an.
Knoops eigene Partei scheint ihn aus dem Rennen schmeißen zu wollen.
Seit August ringt er mit der CDU-Spitze um
seine Kandidatur. Der Kampf des
Studenten scheint symptomatisch für die Unsicherheit in der gesamten Partei zu stehen. Sie drückte sich aus, als die Bundestagsfraktion den Außenseiter Ralph Brinkhaus zum Chef wählte – und sie macht Schlagzeilen, seitdem sich ganze 12 Kandidaten auf die Nachfolge von CDU-Chefin Merkel beworben haben. Drei Prominente sind darunter: Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn und Friedrich Merz.
Knoop ist einer der neun anderen. Der ehemalige Soldat kommt aus der CDU-Basis und erfährt gerade am eigenen Leib, dass nach 18 Jahren Angela Merkel etwas mit seiner Partei nicht mehr stimmt.
Eine Kandidatur in 3 Enttäuschungen.
Engagieren? Die CDU ist verkrustet
Knoop ist Mitglied des CDU-Ortsverbands Berlin Kleistpark und dort seit kurzem zuständig für Social Media.
Er musste in seinem Amt aber lernen, wie langsam politisches Engagement in Deutschland laufen kann. Neue Ideen für den Internetauftritt dürfte er nicht umsetzen. Ämter und Aufgaben gingen nicht an die neuen jungen Mitglieder wie ihn, sondern an CDU-Veteranen, die schon 20 Jahre ein Parteibuch besitzen.
Wenn Knoop mit Abgeordneten oder Vorständen über solche Probleme diskutieren wollte, sagt er, habe es immer wieder geheißen: "Wie sprechen Sie denn mit ihrem Parteivorstand?"
Er hörte auch solche Sätze:
"Bevor Sie über Asyl oder Innere Sicherheit diskutieren,
sorgen sie doch erst einmal für Sauberkeit in Ihrem Kiez."
Das habe ihn enorm frustriert, erzählt Knoop. Deshalb fing er im Mai an, seine Politik direkt auf seiner eigenen Facebook-Seite zu machen, über die Köpfe des Ortsvorstands hinweg. Seitdem kritisiert er die "verkrusteten Verhältnisse" seiner CDU und prangert die "Altherren-Clubs" an der Basis an.
Längst ginge es der Partei auf allen Ebenen "nur noch um Macht und Posten und nicht mehr um Inhalte", sagt der enttäuschte Knoop auch gegenüber watson. Diese Haltung brachte ihm viel Zuspruch ein, auch von AfD-Sympathisanten. Auch mit denen müsse man reden, ist Knoop überzeugt.
Dabei folgt er in seinen politischen Positionen nach eigenen Angaben Vorbildern wie dem jungen Helmut Kohl oder Konrad Adenauer.
Knoop sagt:
"Die hatten eine Vision, wo ihre Politik hingehen soll"
Seine eigene Vision? Eine junge und dennoch stark konservative CDU aus den alten Tagen zurückbringen.
Ein Mitglied seines Ortsvereins beobachtete die Entwicklung des Facebook-Christdemokraten und gab wohl eher im Scherz den Rat: "Wenn du immer alles kritisieren musst, im Dezember sind Wahlen zum Parteivorsitz." Die Idee ließ Knoop nicht mehr los.
Anfang August schreibt er eine Mail ans Konrad-Adenauer-Haus – und löst einen wochenlangen Streit aus.
Der Kampf gegen das CDU-System
Antwort auf sein Schreiben habe er keine bekommen. Auch nicht, als er weitere Anfragen schickte. Auf einen Anruf hin habe es geheißen, der zuständige Parteikollege sei im Urlaub. Dann passierte wochenlang nichts.
Am 22. September entschied sich Knoop dann wieder für Facebook und verkündete dort öffentlich seine Kandidatur. Das brachte ihm zwei Zeitungsartikel im Tagesspiegel und der Berliner Morgenpost ein. "Dann plötzlich hat sich Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer persönlich bei mir gemeldet", sagt Knoop.
AKK schrieb Folgendes:
Vor allem der letzte Satz stößt Jura-Student Knoop auf. "Ich habe nirgends finden können, dass ein Eigenvorschlag nicht genügt, und sie behauptet das einfach so. Dieses Schreiben gleicht einfach nur einem Einschüchterungsversuch."
Knoop schrieb wieder und bat um Klärung, er rief auch weiter an. Die Ansprechpartner der Partei seien genervt gewesen. Er solle sich mit der Antwort von AKK zufrieden geben. Gab Knoop sich aber nicht.
Ein Wahlkampf ohne die Kandidaten
Seit Montag ist klar, dass auch der Rest der CDU-Spitze den Wahlkampf von Kandidaten wie Knoop nicht will.
Angela Merkel selbst stellte bei einer Pressekonferenz klar:
Für den Posten kann nur kandidieren, wer als Mitglied von
einem der Verbände vorgeschlagen wird.
Sich selbst können nur Delegierte des Parteitags vorschlagen.
Knoop wird also nicht mit auf die geplanten Regionalkonferenzen fahren dürfen, auf denen die Spitzenkandidaten Wahlkampf machen werden. Wie schon AKK zuvor, stützt sich auch Angela Merkel dabei auf die geltenden Partei-Regeln.
Knoop sagt:
"Ich
habe die Partei-Satzung bestimmt fünfzigmal gelesen. Da steht nirgends, dass
ich nicht antreten kann.“
Welche Seite Recht hat, ist Auslegungssache. Knoop sagt, es gebe keine Konkretisierung, wer antreten darf und wer nicht. Die Parteispitze argumentiert, die satzungsrechtlichen Bestimmungen seien klar formuliert.
Hier der Paragraph:
Die Instanz, um einen Streit zu klären, wäre der Parteitag, dann wäre es für Knoop allerdings zu spät.
Er lasse sich davon aber nicht einschüchtern, sondern werde weiter auf seine Kandidatur pochen. Längst ist aus der Frage nach den politischen Möglichkeiten einzelner CDU-Mitglieder in der Partei für ihn eine Prinzipienfrage geworden.
Er sagt:
"Ich habe nicht weniger Rechte als Merz, Spahn oder Kramp-Karrenbauer, nur weil die fame sind."
Aus der CDU bekommt Knoop dafür gemischte Reaktionen. Die einen unterstützen ihn in seinem Feldzug für mehr Erneuerung. Andere legen ihm nahe, aus dem Rennen auszuscheiden, weil er inhaltlich ähnliche Positionen wie Friedrich Merz vertritt. "Beides kommt für mich gar nicht in Frage, ich trete doch für meine Überzeugungen an, und nicht wegen den anderen Kandidaten."
Dennoch setzt der Student viel Hoffnungen in Friedrich Merz. "Er hat versprochen, die Partei zu erneuern. Das brauchen wir dringend, wenn wir nicht bald auf die 20 Prozent fallen wollen", sagt Knoop.
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