Am sogenannten "Jerusalem Tag" (Al-Quds-Tag) am Ende des Fastenmonats Ramadan werden auf der ganzen Welt Menschen auf die Straße gehen, um gegen Israel zu demonstrieren. Auch an diesem Samstag in Berlin.
Der Protest richtet sich gegen die Existenz Israels
Der Grünen-Politiker Volker Beck kritisiert, das Ziel der Al-Quds-Demo sei die Delegitimierung des jüdischen Staates.
Der Antisemitismusbeauftrage ruft die Berliner Verwaltung dazu auf, zu prüfen, ob ein Verbot der al-Quds-Tag-Demonstration möglich sei.
Die Polizei Berlin bespricht am Freitag Auflagen und Verbote für die Demoteilnehmer.
Darum geht es beim Al-Quds-Marsch
Seit fast 40 Jahren gibt es den Al-Quds-Tag als staatlichen Feiertag in Iran. Der damalige iranische Revolutionsführer Chomeni hatte erstmals am 8. Juni 1979 dazu aufgerufen, für die „Rückeroberung“ von Jerusalem zu demonstrieren. Seither gehen Anhänger des Teheraner Mullah-Regimes und der von ihm finanzierten libanesischen Hisbollah weltweit auf die Straße.
Iran und die libanesische Hisbollah, die an der Seite Assads im syrischen Bürgerkrieg mitmischt und deren militanter Arm von EU-Außenministern als Terrororganisation eingestuft wird, erkennen das Existenzrecht Israels nicht an.
Seit 1996 wird die "Rückeroberung" auch jedes Jahr auf Berliner Straßen gefordert. Größen des Khomeini-Regimes werden vereehrt. Israel und die USA pauschal angefeindet.
Al-Quds-Demonstration in Berlin 2015.Bild: dpa
Auf vergangenen Al-Quds-Märschen wurde Israel auf Plakaten und in Reden Staatsterrorismus vorgeworfen, Zionismus mit Rassismus gleichgesetzt. Oder der Zionismus war gleich selber Schuld am Antisemitismus. Gleichzeitig wurde Solidarität mit der Terrororganisation Hisbollah bekundet.
Al-Quds-Demonstration in Berlin 2016.Bild: dpa
Richtet sich die Kritik nicht gegen die Politik, sondern die Existenz Israels, wird aus "Israelkritik" Antisemitismus:
Bei der Berliner Kundgebung 2014 riefen einige Demo-Teilnehmer: "Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf’ allein". Auch Anhänger der israelfeindlichen Kampagne BDS – kurz für Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen – laufen regelmäßig bei den Al-Quds-Märschen mit.
"Ein wichtiger Knotenpunkt für die Organisation der jährlich in Berlin stattfindenden Demonstration
zum Jerusalem-Tag ist das Islamische Zentrum Hamburg (IZH)", heißt es in einem Gutachten, erstellt im Auftrag der
Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration von 2004. Das IZH wird vom Hamburger Verfassungsschutz beobachtet und in Berichten als "Instrument der iranischen Staatsführung" eingeschätzt – mit Kontakten zur Hisbollah. Offiziell ist die IZH seit einigen Jahren nicht mehr an der Organisation des Al-Quds-Marsches beteiligt.
Das übernimmt die sogenannte "Quds-AG".
Auch 2018 hat sie die Veranstaltung angemeldet.
Auf ihrer Facebook-Seite klingt das zunächst so:
"Für ein freies Palästina und ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Religionsgemeinschaften", heißt es dort.
Der Aufruf klingt zunächst unverdächtig.
Gesicht und Sprecher der Arbeitsgruppe Quds ist Jürgen Grassmann, ein Berliner Ikonenhändler.
Grassmann über seine "Endkundgebung" am Al-Quds-Tag 2015
Auf Facebook, der Internetseite qudstag.de und auf Youtube ruft er zur Teilnahme auf und verbreitet seine Botschaften. Zionismus sei ein Tabuthema, dass über der Demokratie, über dem Grundgesetz stehe, behauptet er in seiner diesjährigen Grußbotschaft zum Al-Quds-Tag.
Grassmann spricht in dem Video von einem "faschistischem Regime Israel" und entwirft seine Version einer zionistischen Weltverschwörung:
"Jeder muss akzeptieren, dass die Damen und Herren der zionistischen Weltbewegung die Geschichte damals wie heute missbrauchen, um ein Sonderstatus mit Sonderrechten zu erreichten."
Auf der Hauptseite der Quds-AG finden sich dann auch solche "Karikaturen":
Als Redner auf Grassmanns Al-Quds-Bühne ist regelmäßig auch Christoph Hörstel geladen. Der ehemalige ARD-Journalist, der auch beim Putin-Propaganda-Sender "RT Deutsch" die Welt erklärt, war Gründer und bis 2017 Vorsitzender der Partei "Deutsche Mitte". Sie lehnt EU und Euro ab, kritisiert "Impf-Mobbing" und Migration.
2017 bat Hörstel in seiner Rede auf der Al-Quds-Demo, auf Parolen wie „Kindermörder Israel“ zu verzichten. Und schob hinterher: „Es stimmt zwar, ich analysiere das, ich schreibe das, aber wir sind hier für die Zukunft, für ein freies Palästina.“
Auch in diesem Jahr wird der gemeinsame Feind Israel die unterschiedlichsten Aktivisten zusammenführen. Vermeintliche Friedensaktivisten demonstrieren dann Seite an Seite mit reaktionären Muslimen. Antizionistische Linke treffen auf rechte Verschwörungstheoretiker.
Die Gegendemonstration
Das "Bündnis gegen den Quds-Marsch" hat ebenfalls zur Demo in Berlin aufgerufen. Unterstützt wird die Aktion von einem breiten Bündnis aus jüdischen Organisationen, Gewerkschaften und Parteien (darunter Bündnis 90/Die Grünen Berlin, CDU Berlin, Die Linke Berlin, FDP Berlin, SPD Berlin).
Der Mann hinter dem Aufruf ist Yizre´el Aharon. Aharon kam als Jörg Fischer zur Welt und wurde als 13-Jähriger von der NPD angeworben. Mit 19 stieg er aus der rechten Szene aus und wirbt heute auf seiner Seite Haolam.de für proisraelische Positionen.
Unterstützer ist auch der gerade erst aus dem Bundestag ausgeschiedene Politiker der Grünen Volker Beck. Er nimmt seit Jahren an den Gegendemonstrationen teil.
"Das Ziel der
Al-Quds-Demo ist die Delegitimierung des jüdischen und demokratischen Staates.
Das muss man in einer demokratischen Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad
ertragen, aber man darf es nicht widerspruchslos zulassen."
Volker Beck gegenüber watson.de
Der Quds-Tag
sei eine Erfindung der iranischen Führung, sagte Beck watson. "Und wie die aktuelle Führung über
Israel denkt, hat Ajatollah Ali Khamenei gerade erst auf Twitter
verkündet."
Khamenei spricht von Israel als einem "bösartigen Tumor", der "entfernt und ausgerottet werden muss."
"Das ist die geistige
Grundlage der Demo, bei aller Camouflage der Beteiligten, die über Frieden oder
Rechte der Palästinenser reden“, kritisiert Volker Beck.
So antwortete übrigens die israelische Botschaft auf die Twitterbotschaft aus Iran:
Antisemitismusbeauftragter für Verbot
Felix Klein, der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, fordert ein Verbot der umstrittenen Al-Quds-Demonstration in Berlin.
Gegenüber watson begründet er dies mit der Aussage Angela Merkels, dass die Verteidigung des Existenzrecht Israels zur deutschen Staatsraison gehöre.
"Das bedeutet für mich konkret, dass in Deutschland Demonstrationen verboten werden sollten, bei denen im Vorhinein klar ist, dass Israel das Existenzrecht abgesprochen, zu Israels gewaltsamem Ende aufgerufen und antisemitische Inhalte verbreitet werden"
Felix Klein gegenüber watson.de
Die Umsetzung eines Verbotes sei schwierig, weiß Klein. "Ich rufe die Berliner Verwaltung dazu auf, das Demonstrationsrecht genau
dahingehend zu prüfen, ob ein Verbot der al-Quds-Tag-Demonstration möglich ist."
Sollte die Demo stattfinden, müsse die Polizei in der Lage sein, sofort zu reagieren, so Klein.
"Die Siedlungspolitik Israels etwa darf natürlich kritisiert, aber bestimmte rote Linien dürfen nicht überschritten werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Israel als 'Nazistaat' bezeichnet wird oder wenn Israel Nazimethoden im Umgang mit den Palästinensern vorgeworfen werden."
Felix Klein.
Klein fordert außerdem "Sprachmittler" vor Ort, "denn die
Polizeibeamten können nur in adäquater Weise einschreiten, wenn sie verstehen,
was da gerufen wird."
Auf watson-Nachfrage sagte eine Sprecherin der Berliner Polizei, dass man davon ausgehe, dass die angemeldeten Demonstrationen stattfinden. Ein grundsätzliches Verbot sei nicht im Gespräch. Die Polizei habe am Freitag eine Einsatzbesprechung, auf der abschließend alle Auflagen und Verbote besprochen würden.
USA: Unternehmen kündigen Preisanstiege wegen Donald Trump an
Am Ende haben nicht Abtreibungen, der Klimawandel oder die Außenpolitik die US-Präsidentschaftswahl entschieden. Wichtigstes Thema waren die Inflation und die Preise. Für 34 Prozent der republikanischen Wähler:innen war es laut einer Umfrage von YouGov ausschlaggebend für die Wahlentscheidung.