
Lächeln statt pöbeln: Die AfD-Fraktion fährt eine neue Strategie. Bild: dpa / Michael Kappeler
Deutschland
Die AfD-Fraktion im Bundestag gibt sich seit Beginn der neuen Legislatur auffallend gesittet. Doch Expert:innen und Beobachter:innen wissen: Dahinter steckt klares Kalkül.
02.07.2025, 13:0902.07.2025, 13:09
Es ist merkwürdig ruhig geworden um die AfD-Abgeordneten im Bundestag – zumindest, was das Verhalten im Plenum angeht. Sind die Abgeordneten der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei jahrelang mit Zwischenrufen, Entgleisungen und Störaktionen aufgefallen, halten sie sich, was das angeht, seit Wochen bemerkbar zurück.
Auch in den Reihen der Regierung habe man sich bereits gewundert, berichtet "Table Media". Das Portal will jetzt aus AfD-Vorstandskreisen erfahren haben: Das bessere Benehmen der eigenen Leute geht auf klare Ansagen vom Vorstand und einen Strategiewechsel der Partei zurück. Denn die AfD will perspektivisch mitregieren und setzt dafür auf ein neues Image.
Und daraus machen sie selbst kein Geheimnis. Daniel Tapp, Sprecher von Alice Weidel, sagte zu "Table Media", der Vorstand sei sich zu Beginn der Legislatur einig gewesen, "noch stärker den Schwerpunkt auf sachliche Debatten zu legen". "Die AfD-Fraktion wird nicht handzahm, aber der Fokus liegt klar darauf, die Regierung mit Sachargumenten zu stellen", erklärt der Sprecher den neuen Ansatz.
Vor allem den Unionsparteien wollen die Rechtsextremen damit gefallen. CDU und CSU sollen sich möglichst oft fragen, warum sie überhaupt mit der SPD regieren oder sich bei diversen Themen an die Seite der Linken stellen, wenn es da doch noch die AfD gibt, die ihnen vieles leichter machen würde, analysiert "Table Media".
AfD schmeißt sich im Bundestag an CDU und CSU ran
Ganz bewusst stelle die AfD seit Wochen immer wieder Anträge, die Wahlkampf-Themen der Union aufgreifen, zum Beispiel zur Agrardieselrückerstattung, zur Kernkraft, sowie zum Lieferketten- oder Heizungsgesetz.
Vor allem zwei Abgeordnete der AfD waren bislang zuständig dafür, die anderen Parteien im Plenum mit Häme oder aggressivem Rufen zu attackieren: Stephan Brandner und Beatrix von Storch. Beide Störenfriede soll der Vorstand zurückgepfiffen haben, sie sollen den Kurs der Disziplinierung inzwischen mittragen.

Stephan Brandner (vorne) und Beatrix von Storch (hinten, Mitte): bald gemäßigter? Bild: dpa / Hannes P Albert
Die Parteioberen haben den Abgeordneten demnach verordnet, nur noch Fragen zu Themen des eigenen Arbeitskreises zu stellen und sich zudem vorab mit dessen Leiter abzusprechen. Das wäre eine Kehrtwende zum bisherigen Kurs, bei dem jeder Fragen gestellt habe, "wie er gerade denkt".
Es kommt der Parteiführung dabei entgegen, dass sich die AfD-Fraktion in dieser Legislatur mit vielen neuen Abgeordneten frisch aufgestellt hat. 91 von 151 Fraktionsmitglieder sind neu und viele von ihnen auf Linie zum Vorstand. Sie sollen deutlich höriger sein als ihre Vorgänger:innen und von Anfang an angekündigt haben, die Entscheidungen des Fraktionsvorstands mitzutragen.
Eine weitere Dimension des ruhigeren und disziplinierteren Auftretens der AfD ist die strengere Kleidungsordnung. Wer zu locker angezogen sei, werde schonmal zur Seite genommen. "Wir wollen zeigen, dass wir der Union näher sind als die Linke, bei uns gibt es keine bunten Haare oder Palästinensertücher", heißt es gewohnt polemisch.
Eigentlich wollte die hessische CDU-Fraktion nur kurz ihr neues Gesetz vorstellen. Doch ihr Instagram-Reel löste einen regelrechten Shitstorm aus. Der Vorwurf: Stigmatisierung psychisch Kranker.
Mit einer derart heftigen Reaktion hatte die CDU-Fraktion in Hessen wohl nicht gerechnet, als sie ein kurzes Instagram-Video zu ihrem geplanten "Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz" veröffentlicht hat. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Reel über 300.000 Mal aufgerufen und löste eine Flut von über 3000 Kommentaren aus.