![09.02.2025, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l), steht neben Friedrich Merz, Unions Kanzlerkandidat und CDU Bundesvorsitzender, vor dem TV-Duell von ARD und ZDF. In 90 Minuten stellen sich beid ...](/imgdb/68d3/Qx,A,0,0,2000,1314,833,547,333,219/3058274286458044)
Olaf Scholz und Friedrich Merz waren am Sonntag auf Sendung. Bild: dpa-Pool / Michael Kappeler
Deutschland
09.02.2025, 23:2110.02.2025, 08:22
Wer sich an den verschiedenen Kandidat:innen für das Bundeskanzleramt noch nicht satt gesehen hat, bekommt dieser Tage gleich mehrfach die Möglichkeit für exklusives Material. Insgesamt sieben TV-Duelle stehen vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 noch an.
Am Sonntagabend fiel bei ARD und ZDF der Startschuss, geladen waren an diesem Abend der amtierende Kanzler Olaf Scholz (SPD) und der Kandidat mit den aktuell höchsten Umfragewerten Friedrich Merz (CDU).
Zeitvorgaben für die einzelnen Antworten und Erwiderungen gibt es beim öffentlich-rechtlichen Duell keine, die beiden Moderatorinnen Sandra Maischberger und Maybrit Illner schauen dennoch auf ausgeglichene Redezeiten der beiden Politiker.
Thematisch kommen Merz und Scholz erwartbarer Weise zunächst auf Migration zu sprechen, später geht es um die deutsche Wirtschaft, auch die Schlagworte Spitzensteuersatz und Schuldenbremse fallen. Rede und Antwort muss dabei vor allem der amtierende Kanzler stehen. Denn Friedrich Merz ließ beim ersten TV-Duell vor der Bundestagswahl so einige Fragen unbeantwortet.
Frage 1: Merz, Migration und "Märchenschlösser"
Nach einem lockeren Einstieg über den angeblichen gegenseitigen Respekt beginnt die Debatte zwischen Scholz und Merz wie so häufig in diesen Tagen mit dem Thema Migration. Merz argumentiert hier erneut, dass Zurückweisungen an deutschen Grenzen möglich und derlei Verfahren auch in anderen europäischen Ländern gängig seien.
Scholz lebe in einem "Märchenschloss", wütete der CDU-Kanzlerkandidat. Sein Gegenüber argumentiert, man habe im Januar 2025 den geringsten Wert an Asylgesuchen in Deutschland seit dem Jahr 2016. Die von ihm vorgebrachten Gesetze zum Thema Asyl seien schärfer als je ein Entwurf zuvor.
"Die Bundesregierung hat ja nicht nichts getan", muss auch Merz da gestehen und bringt damit sogar den hanseatischen SPD-Kandidaten zum Schmunzeln.
Die eigentliche Frage, welchen Preis Friedrich Merz für die Abstimmung im Bundestag so kurz vor der Wahl zahlen musste, lässt dieser dabei aber unbeantwortet. Auch, ob der durch die Migrationsdebatte ausgelöste Parteiaustritt des Publizisten Michel Friedman ihn nicht schmerze, kommentierte er in diesem Zusammenhang nicht.
"Es war nicht alles schlecht" an der Abstimmung, kommentierte Merz nur beinahe wörtlich. Die konkrete Umsetzung seiner Migrationspläne führte er aber nicht aus. Das eigentliche Problem bei der Migrationsdebatte, so Merz, bestehe schließlich zwischen SPD und Grünen, die bei dem Thema uneinig seien.
Frage 2: Keine Zusammenarbeit mit der AfD?
Während der CDU-Chef sich also eigentlich noch für eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD im Bundestag verteidigen muss, beginnt er bereits vermeintliche Schlagzeilen gegen seinen Gegner zu zitieren.
Mit großer Sorgfalt zieht Merz eine gelbe Karte aus seiner Westentasche und zitiert ein Interview der "Thüringer Allgemeinen" mit Olaf Scholz aus dem vergangenen Jahr. Darin machte der amtierende Bundeskanzler seine Haltung zur AfD klar. "Es kann und darf keinerlei Zusammenarbeit mit dieser Partei geben", sagte der Bundeskanzler.
Tatsächlich beginnt Merz seine Rede allerdings mit einem anderen Punkt des Interviews. "'Aber wenn die Stimmen der AfD für die Mehrheit benötigt werden?", lautet hier die Frage, auf die Scholz erwidert: "Das ist doch keine Zusammenarbeit."
Zwar kommt auch Merz letztlich auf die Grundaussage von Scholz zurück und stimmt dieser sogar zu. "Es wird diese Zusammenarbeit nicht geben." Er selbst betont auf Nachfrage nach einer "Duldungssituation" sein klares Nein. Konkret äußern musste er sich dank der Umschiffung durch das eingebrachte Scholz-Zitat aber zu der Problematik seiner Abstimmung nicht mehr.
Frage 3: Ukraine-Hilfen und die Nato
Nachdem die erste halbe Stunde dem Sorgenkind Migration gewidmet wurde, lag ein zweiter Fokus dann auf dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. "Ich glaube, man hätte der Ukraine besser helfen können", betonte Merz direkt und brachte sich erneut in Stellung für verbale Angriffe in Richtung der Ampel-Regierung. Das wäre zwar "vergossene Milch", aussprechen musste er die verbale Spitze aber doch.
Zwar sind sich die Kandidaten von SPD und CDU einig, dass man die Ukraine unterstützen müsse. Auf die Frage nach dem "Wie" in puncto Schutz vor Russland bleibt Friedrich Merz dann aber doch wieder schwammig.
"Das wird sich zeigen, sobald dort ein Friedensplan auf dem Tisch liegt", erklärt er vage. Er mache sich keine Illusion, dass Russland in den kommenden Jahren weniger aggressiv gegen den Westen vorgehen werde.
Auch auf die Frage nach einem möglichen Nato-Beitritt in der Zukunft hatte Merz sich an diesem Abend offenbar nicht allzu gut vorbereitet. "Die Ukraine hat den Mitgliedstatus für die Europäische Union bekommen, das halte ich für richtig", antwortete er versöhnlich. Zum aktuellen Zeitpunkt sei ein Nato-Beitritt ja ohnehin nicht möglich, stellte er klar.
Frage 4: Schuldenbremse und Verteidigungshaushalt
Mit dem Ukraine-Krieg ist auch das Thema Bundeswehr in den vergangenen Jahren immer brisanter geworden. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hatte sich Deutschland im vergangenen Jahr an das Nato-Ziel für Verteidigungsausgaben von zwei Prozent halten können.
Geht es nach Friedrich Merz und der CDU, sollte man die 2-Prozent-Marke höher ansetzen, auch Scholz spricht sich im TV-Duell für eine Erhöhung in den kommenden Jahren aus. "Wenn wir in Europa beschließen, dass wir erheblich mehr machen, dann sollten wir auch die Frage beantworten: Wer bezahlt die Zeche?", stellt er in den Raum.
Während der SPD-Kandidat hierfür weitere Schulden geltend machen würde, präsentiert Friedrich Merz am Abend keine Lösung.
"Das ist ein Muster, das wir bei den Sozialdemokraten kennen", witzelt der CDU-Politiker zunächst über die Aussage seines politischen Gegners.
"Wenn wir wieder eine funktionierende Volkswirtschaft haben", erklärt Merz, würde das Geld für mehr Verteidigung bereitstehen. Auf Nachfrage verweist er auf andere "Prioritäten im Haushalt". Außer angeblichem Stellenabbau im öffentlichen Dienst fällt ihm hierzu aber nicht viel ein.
Eine Abschaffung der Schuldenbremse auszuschließen, fällt ihm dann auch sichtlich schwer: "Man kann über alles diskutieren", merkt er an, schiebt dann aber schnell hinterher: "Aber das kommt viel später."
TV-Duell zwischen Scholz und Merz: Was bleibt?
Wer sich vom ersten Kanzlerduell im TV tatsächliche Erkenntnisse erhofft hatte, ist jetzt zumindest für die folgenden sechs Sendetermine gut vorbereitet. Einigen konnten sich Olaf Scholz und Friedrich Merz jedenfalls an diesem Abend nur darauf, dass der Bundestag ohne die FDP "zwar ärmer, aber durchaus lebensfähig" wäre.
Ansonsten bleiben nur eine handvoll Thesen, derer sich Friedrich Merz sicher ist: Windräder sind hässlich, Gendern in Behörden ist doof und Donald Trump ist "berechenbar unberechenbar".
Na, Halleluja. Wer das TV-Duell verpasst hat, hat also eigentlich nichts verpasst. Außer, wenn es nach Friedrich Merz geht, natürlich. Sein Schlusssatz des Abends: "Wir haben einen Plan für dieses Land."