Drei Jahre, ein neuer Pass – für viele Zugewanderte war das ein Hoffnungsschimmer: Wer besonders gut integriert ist, durfte seit 2024 schneller Deutscher oder Deutsche werden. Doch genau diese Möglichkeit will Innenminister Dobrindt jetzt wieder streichen.
Der CSU-Politiker legte am Mittwoch der Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Das schwarz-rote Kabinett hat die ersten Verschärfungen in der Migrationspolitik auf den Weg gebracht. Die Minister:innen beschlossen die Aussetzung des Familiennachzugs für bestimmte Geflüchtete und eine Rücknahme der Einbürgerung nach drei Jahren für besonders gut integrierte Einwanderer:innen.
Ziel sei, das Vorhaben noch vor der Sommerpause durch Bundestag und Bundesrat zu bringen.
Dabei war das neue Staatsangehörigkeitsrecht erst 2024 in Kraft getreten. Karo Otte, Kommunalexpertin der Grünen Bundestagsfraktion, kritisiert den Kurswechsel in Sachen Einbürgerung scharf. Damit ist sie nicht allein.
Gegenüber watson sagte Otte:
Dass Menschen gutes Deutsch sprechen und besondere Integrationsleistungen erbringen, soll ihnen nach Dobrindts Willen also keinen Vorteil bei der Einbürgerung mehr erbringen. Dazu sagt Otte: "Es soll wieder schwerer werden, dazuzugehören – selbst wenn man jahrelang in Deutschkurse geht, sich ehrenamtlich engagiert und seine Existenz in Deutschland aufgebaut hat."
Die Rücknahme der Reform sei laut Otte integrationspolitisch das falsche Signal: "Diese Vorschläge empören zu Recht auch Bürgermeister:innen und Unternehmer vor Ort, denn sie verursachen auch für sie wieder zusätzliche Bürokratie und erschweren die Integration." Sie ist überzeugt: "Viele Menschen würden unter den vorgeschlagenen Regeln leiden – und wer davon profitieren soll, weiß nur Dobrindt allein."
Mit dem Gesetz soll nicht nur die beschleunigte Einbürgerung entfallen. Dobrindt will auch die "Begrenzung der Migration" wieder als Staatsziel im Aufenthaltsgesetz verankern. Zudem ist vorgesehen, den Familiennachzug für Menschen mit subsidiärem Schutzstatus auszusetzen – also für jene, die zwar keinen Asylstatus haben, aber etwa aus Kriegsgebieten kommen und nicht abgeschoben werden können.
Kritik daran kommt nicht nur aus der Opposition: Der Paritätische Gesamtverband sprach gegenüber der "SZ" von einem "massiven Eingriff in Grund- und Menschenrechte". Auch integrationsfördernde Effekte des Familiennachzugs blieben laut Expert:innen unberücksichtigt.
Unterstützung bekommt Dobrindt dagegen vom Sachverständigenrat für Integration und Migration. Dessen Vorsitzender sprach sich dafür aus, die Einbürgerung erst nach einem längeren Integrationszeitraum zu ermöglichen. Die beschleunigte Einbürgerung könne den Eindruck erwecken, der Zugang zur Staatsbürgerschaft sei zu leicht. Zur geplanten Aussetzung des Familiennachzugs äußerte sich das Gremium allerdings kritischer.
Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause, die am 11. Juli beginnt, verabschiedet werden. Ob es dafür im Bundestag eine Mehrheit gibt, ist allerdings noch offen. Die SPD hat dem Vernehmen nach Vorbehalte gegen Teile des Entwurfs, will den Koalitionsfrieden mit der Union aber offenbar nicht gefährden.