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SPD-Streit um Israel: Kritik an Gaza-Krieg, Forderung nach Exportstopp

26.05.2025, Pal
Die allermeisten Menschen im Gazastreifen stehen vor den Trümmern ihres Lebens. Bild: XinHua / Rizek Abdeljawad
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SPD streitet über Waffenlieferungen an Israel: "Druckst unerträglich herum"

Innerhalb der SPD wächst die Kritik an Israels Krieg im Gazastreifen – und an der deutschen Zurückhaltung. Mehrere führende Sozialdemokraten fordern eine neue Haltung.
27.05.2025, 09:2527.05.2025, 09:25
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Es sind Bilder, die kaum noch jemanden unberührt lassen: zerstörte Wohnblocks, verletzte Kinder, verzweifelte Eltern – und eine humanitäre Katastrophe, die sich im Gazastreifen täglich weiter zuspitzt. Während die israelische Armee ihre Offensive ausweitet, wird auch in Deutschland die politische Debatte schärfer. In der Regierung herrscht äußerste Zurückhaltung. In der SPD jedoch mehren sich die Stimmen, die diese Haltung für falsch halten – ja sogar für gefährlich.

Denn nicht nur der außenpolitische Kurs der Ampel steht auf dem Prüfstand, sondern auch ein heikler Grundsatz: die sogenannte Staatsräson, also das deutsche Versprechen, Israels Existenz zu sichern. Doch was, wenn gerade diese Solidarität zum Schweigen zwingt – und dadurch eine Regierung stützt, die nach Meinung vieler das Völkerrecht verletzt?

Genau an dieser Frage entzündet sich nun ein offener Streit innerhalb der SPD. Mehrere führende Sozialdemokraten fordern ein Umdenken – und ein Ende der Waffenlieferungen an Israel.

26.05.2025, Israel, Grenze zwischen Israel und Gaza: Zerstörte Gebäude im Gaza-Streifen sind vom Süden Israels aus zu sehen. Foto: Ariel Schalit/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Im Gazastreifen ist das Bild der Zerstörung die Realität.Bild: AP / Ariel Schalit

Walter-Borjans holt zum Rundumschlag aus

Zu den schärfsten Kritikern gehört der frühere SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. Er spricht von einem "Völkerrechtsbruch", dem durch deutsche Waffen "nicht länger Vorschub geleistet" werden dürfe. Die Bundesregierung ducke sich weg, statt klar Position zu beziehen. "Derweil wagt kaum ein Vertreter der offiziellen deutschen Politik, Farbe zu bekennen", sagte Walter-Borjans dem "Tagesspiegel".

Dabei sei es "mehr als zynisch", Israels Vorgehen in Gaza unter dem Deckmantel der Selbstverteidigung zu legitimieren. In ungewöhnlich scharfer Form kritisiert er auch die israelische Regierung selbst. Diese setze "in bisher nie gekannter Weise Waffen mit extremer Sprengkraft ein", nehme das Leiden der Zivilbevölkerung bewusst in Kauf und verfolge eine "unverhohlene Strategie", die auf Vertreibung und Aushungerung abziele.

Gerade mit Blick auf die historische Verantwortung Deutschlands müsse Berlin hier Haltung zeigen – nicht durch schweigende Loyalität, sondern durch politischen Druck.

Jusos: Waffenstopp als außenpolitisches Signal

Unterstützung kommt von der Spitze der Jusos. Deren Vorsitzender Philipp Türmer fordert, Waffenlieferungen an Israel auszusetzen – als deutliches außenpolitisches Signal. "Das Aussetzen von Waffenlieferungen ist ein wichtiger Hebel der Bundesrepublik, um Druck auszuüben", sagte er dem "Tagesspiegel".

Es sei ein Schritt hin zu einer Lösung der andauernden humanitären Katastrophe. Die internationale Staatengemeinschaft müsse dafür sorgen, dass "kein weiterer Bruch des Völkerrechts" stattfinde.

Auch Ex-Fraktionschef Rolf Mützenich stellt sich hinter die Forderung. Im Deutschlandfunk sprach er sich "grundsätzlich" gegen weitere Waffenlieferungen aus. Angesichts der militärischen Eskalation sei es "eine richtige Entscheidung", diese Exporte jetzt zu stoppen. Die Bundesregierung müsse das Thema mit dem Parlament ausführlich beraten – die endgültige Entscheidung liege beim Bundessicherheitsrat.

Antisemitismusbeauftragter und Merz üben ebenfalls Kritik

Rückendeckung bekommen diese Stimmen nun auch von offizieller Seite – ausgerechnet vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. Felix Klein kritisierte das Vorgehen Israels in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ungewöhnlich deutlich.

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Die humanitäre Lage in Gaza vorsätzlich zu verschärfen und Palästinenser:innen auszuhungern, "hat nichts mit der Sicherung des Existenzrechts Israels zu tun", sagte Klein laut Vorabmeldung.

Zwar müsse Deutschland aus historischer Verantwortung "an Israels Seite stehen", doch dies könne nicht jede Form der Kriegsführung rechtfertigen. Klein betonte: "Wir müssen uns mit aller Kraft für die Sicherheit Israels und der Juden weltweit einsetzen – aber wir müssen auch klar sagen, dass das keine Rechtfertigung für alles ist."

Ungewöhnlich offen irritiert zeigte sich zuletzt auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Beim WDR-Europaforum sagte er, er verstehe "offen gestanden nicht mehr, mit welchem Ziel" Israels Militär vorgehe. Das Leid der Zivilbevölkerung lasse sich nicht länger mit dem Kampf gegen die Hamas rechtfertigen. Konsequenzen in der deutschen Außen- oder Rüstungspolitik zog Merz aus seiner Kritik bisher jedoch nicht.

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