Unmut gab's schon vor der Sitzung. "Wir müssen die leidige Debatte um Aussagen eines Behördenleiters jetzt zum Ende bringen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster vor der Anhörung von Hans-Georg Maaßen. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz musste sich am Mittwoch in einer geheimen Anhörung vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) den kritischen Fragen der Abgeordneten zu seinen Zweifeln an einem Video stellen, das rechte Übergriffe auf Flüchtlinge und Andersdenkende in Chemnitz zeigt.
Nach einer Anhörung im Bundestag am Mittwoch gewinnt Maaßen Zeit. CDU, CSU und die FDP stützen den Präsidenten des Verfassungsschutzes. Der musste nach der Anhörung im PKG gleich weiter in den Innenausschuss des Bundestags. Dort sagte auch Innenminister Horst Seehofer seine Unterstützung zu: Er sehe keinen Grund für Konsequenzen, sagte der CSU-Chef am Mittwochabend.
Das ganze Drama in 3 Akten.
In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Bericht an das Innenministerium hat Maaßen seine Äußerungen zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Chemnitz mit Sorge vor einer Desinformationskampagne begründet. Maaßen erhebt darin schwere Vorwürfe gegen einen Twitter-Nutzer, der sich "Antifa Zeckenbiss" nennt.
Es sei davon auszugehen, dass dieser ein veröffentlichtes Video vorsätzlich mit der falschen Überschrift "Menschenjagd in Chemnitz" versehen habe, "um eine bestimmte Wirkung zu erzielen", schreibt der BfV-Präsident.
Maaßen widersprach der Einordnung als "Hetzjagd" in einem "Bild"-Interview und stellte sich damit gegen Angela Merkel. Die Kanzlerin bemühte sich am Mittwoch, den Konflikt zu entschärfen. In einer Rede im Bundestag sagte sie:
Die Kanzlerin war also schon früh am Tag um Deeskalation bemüht.
CDU-Abgeordneter Armin Schuster sagte auf die Frage, ob Maaßen mit seinen Äußerungen dem Verfassungsschutz insgesamt geschadet habe:
Nützte aber nichts. CDU, CSU und FDP stützten Maaßen nach der Anhörung.
Der Linken-Abgeordnete André Hahn sagte vor der Sitzung des Kontrollgremiums über den von Maaßen vorgelegten Bericht, dieser sei "der Versuch, irgendwie seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen durch Relativierungen". Bei Maaßen sei keinerlei Einsicht da, welchen Vertrauensverlust er mit seinen Äußerungen ausgelöst habe.
Aus der SPD hieß es, Maaßen habe sich in den vergangenen Monaten schon einige Fehlgriffe geleistet. Daher gebe es keinen Grund, ihn jetzt zu schonen. SPD-Obmann Uli Grötsch sagte, Maaßen habe das nach der NSU-Mordserie mühsam wieder aufgebaute Vertrauen der Bürger in den Verfassungsschutz schwer beschädigt. "Politische Wertungen" seien nicht die Aufgabe des BfV-Präsidenten.
Maaßen nimmt in seinem Schreiben zu Fragen des Innenministeriums Stellung – es geht um ihm vorliegende Belege oder Indizien. Er geht ausführlich auf die Motive und Hintergründe seines Interviews vom 7. September ein. Deutlich wird aber auch, dass er keinen Anlass sieht, sich grundsätzlich von seinen Äußerungen zu distanzieren. Er schreibt, nicht er, sondern der Urheber des Videos habe zu belegen, dass damit "Hetzjagden" in Chemnitz am 26. August 2018 dokumentiert werden.
Auf die Frage, was ihn vor dem Hintergrund laufender Ermittlungen in Sachsen veranlasst habe, in der Öffentlichkeit eine Einschätzung abzugeben, macht Maaßen deutlich, dass er Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) unterstützen wollte. Kretschmer hatte in einer Regierungserklärung gesagt, es habe in Chemnitz keine Hetzjagd und keinen Mob gegeben. Diese Feststellung entspreche auch den Erkenntnissen der sächsischen Sicherheitsbehörden, der Bundespolizei sowie des Bundes-Verfassungsschutzes (BfV).
Der Versfassungsschutzpräsisdent hat also erstmal Zeit gewonnen.
(dpa)