Am kommenden Sonntag, 14. Oktober, wird in Bayern ein neuer Landtag bestimmt. Du hast den Wahlkampf verpasst.
Macht nicht's, hier kommt das Update in 6 Posts.
Alles hätte so schön sein können, im März löst Markus Söder CSU-Chef Horst Seehofer als Regierungschef ab. Mit 51 Jahren ist Söder der jüngste Ministerpräsident in der Geschichte des Freistaats. Und nun vielleicht auch der mit der kürzesten Amtszeit.
Bayern und die CSU, das gehörte zusammen wie das Oktoberfest und Bier. Aber irgendwie ist der Partei das Gefühl für das Land abhanden gekommen. Nichts zeigt das mehr als Söders Präsentation eines bayerischen Raumfahrtprogramms. "Bavaria One", das Netz macht sich lustig. Yoda und Captain Kirk gehören zu Söders Lieblingsphilosophen. Gern bemüht er sie in seinen Reden. Fast so oft wie Franz Josef Strauß. Aber "Bavaria One" zündete nicht.
Die CSU liegt nur noch bei 33 Prozent. Schon jetzt beginnt die Suche nach Verantwortlichen.
Wird noch lustig nach der Wahl. Nicht nur auf die Suche nach Koalitionspartnern.
Natascha Kohnen, 51, ist Spitzenkandidatin der SPD. Das ist in Bayern ohnehin kein Vergnügen, aber in Groko-Zeiten noch viel weniger. In den Umfragen liegt die Partei bei rund 11 Prozent. Dürftig. Nur einmal war es Kohnen dann doch zu viel. In der Affäre um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen rügte sie dessen fristlose Beförderung zum Staatssekretär und reagierte mit einem Brandbrief. SPD-Chefin Andrea Nahles gestand einen Fehler ein, CDU-Kanzlerin Angela Merkel ebenfalls, Maaßen wird jetzt nur querversetzt. Manchmal lohnt es sich eben, zu rebellieren.
Was auffällt: Kohnen ist auf ihren Instagram-Posts oft als Einzelkämpferin unterwegs. Es ließe sich auch sagen: Ziemlich einsam in Bayern.
Jetzt nicht gemein werden. Aber, um die Freien Wähler zu verstehen, ist dieses Bild mit Hubert Aiwanger als dunkle Erscheinung sehr passend. Sie sind irgendwie anders, aber doch nicht ganz professionell. Sonst würde das Handy nicht gegen die Bierzeltbeleuchtung ankämpfen.
Spitzenkandidat Hubert Aiwanger ist ein bisschen wie die CSU früher war. Erdverbunden, ein bisschen provinziell, aber eben doch so bauernschlau, um vieles richtig zu machen. Zunächst in den Kommunen, nun auch im Landtag. Die bayerische Besonderheit der Freien Wähler liegt in Umfragen bei elf Prozent.
Christian Lindner gibt es nur einmal. Aber seit der FDP-Chef im Bund die Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und Liberalen stoppte, rätselt Deutschland, was er nun eigentlich will. Bei Martin Hagen, 37, FDP-Spitzenkandidat in Bayern ist das einfach: Seine Partei will zurück in den Landtag.
Hagen ist noch nicht ganz der Lindner. Aber mit der Mission Rückkehr dürfte es klappen: die FDP in Bayern liegt bei sechs Prozent.
Das Linken-Spitzenduo Ates Gürpinar und Eva Bulling-Schröter wollen ihre Partei erstmals in Bayern in den Landtag führen. Beide sind weniger bekannt (Bulling-Schröter saß immerhin im Bundestag), umso mehr arbeiten sie sich an der CSU ab: Mal geht's um "Forst statt Horst", mal soll "Bavaria One auf dem Mond" landen. Ist jetzt nicht ganz so originell, könnte aber ganz knapp reichen für den Landtag. In Umfragen liegt die Partei bei fünf Prozent.
Ein Einzug wäre historisch. Rot ist im Freistaat nur dem FC Bayern vorbehalten. Immerhin hatten sie in München sogar mit Kurt Eisner mal eine Räterepublik, wenn auch nur für wenige Wochen. Gut, dass ist genau 100 Jahre her. Aber der bayerische Heimatschriftsteller Oskar Maria Graf hat das in seinem Roman "Wir sind Gefangene" wunderbar beschrieben.
Graf musste später vor den Nazis fliehen und auch Bayern tut sich schwer. Obwohl ständig über Heimat gefaselt wird, mag der Bayerische Rundfunk Graf nicht verfilmen. Wer wissen mag, warum, hier eine Selbstcharakterisierung.
So viel Ehrlichkeit war selten. Auch, deshalb ist Graf den Bayern zu sperrig. Und schon deshalb wäre es schön, wenn sich die Linke im Landtag für sein Andenken einsetzte. (Und für das Kurt Eisners).
Ansbach, Auftritt von Grünen-Chef Robert "Bob" Habeck. Der studierte Philosoph und Kinderbuchautor gibt gern den Heimatdichter. Aber, wer wissen will, warum die Grünen in Bayern in Umfragen bei 18 Prozent liegen, der muss nur auf dieses Foto schauen. Nichts erinnert hier an Wahlkampf, es herrscht so viel Andacht, hier geht es zu wie im Gottesdienst.
Das sagt viel aus, über das Sendungsbewusstsein der Grünen. Mehr aber noch über den derzeitigen Erfolg der Partei, nicht nur in Bayern. In einer Parteienlandschaft, in der alles erodiert, die große Koalition aus CDU, CSU und SPD, mehr aus Angst vor Neuwahlen denn aus Wunsch zum Gestalten zusammengehalten wird, sehnen sich viele einfach nur nach einem: Stabilität. Was für ein Gegensatz – statt Krawall und Bierzelt gibt es hier vor allem eins: Ruhe.
Ganz schön bürgerlich. Aber deshalb kommen sie so gut an, wir sind ja immer noch in Bayern.
(dpa, afp, rtr)