Die Technische Universität Dresden scheint eine ganz schöne Welle der Entrüstung losgetreten zu haben. Die Uni hatte sich vergangene Woche geweigert, den Politologen Werner Patzelt mit einer Seniorprofessur zu ehren. Hintergrund ist der Vorwurf an Patzelt, öffentlich die Nähe zu rechten Positionen zu suchen. Die TU-Dresden sagt, Patzelt habe Politik und Wissenschaft vermischt und dem Ruf der Uni geschadet. Weil Patzelt aber auch den Wahlkampf der CDU in Sachsen unterstützen wird, melden sich im Streit jetzt auch Unions-Politiker zu Wort – und ihre Wortwahl wirft einige Fragen auf:
So nehmen prominente Unionspolitiker gerade die Worte "politischen Säuberung" in den Mund und sprechen offenbar von der eigenen Regierung als "Machthaber".
Aber Schritt für Schritt. Werner Patzelt ist Politikwissenschaftler in Dresden und derzeit einer der bekanntesten und lautesten Vertreter seines Faches. An Kontroversen mangelt es in Zusammenhang mit seinem Namen jedenfalls nicht.
Ab 2014 forschte er zu den Pegida-Demonstrationen und kam dabei wiederholt zu Ergebnissen, für die er von Fachkollegen kritisiert wurde. "PEGIDA-Demonstrationen sind nicht einfach eine Ansammlung von Rechtsextremisten", schrieb der Professor etwa. Der Pegida-Forscher sei eigentlich ein Pegida-Versteher, so lautet ein oft gehörter Vorwurf an Patzelt.
Denn es blieb nicht bei der Forschung. Auch in vielen politischen Debatten der vergangenen Jahre meldete sich Patzelt zu Wort, der selbst seit 25 Jahren CDU-Mitglied ist. Er positioniert sich dabei im Zweifel rechts der Mitte.
Recherchen der "Zeit" zeigten dann in der vergangenen Woche, dass Patzelt in der Vergangenheit direkt für die sächsische AfD-Fraktion gearbeitet hatte. Dabei ging es demnach um Beratungstätigkeiten, wie man die CDU durch geschickte Oppositionsarbeit am Besten angreifen kann.
Wenige Tage später wurde bekannt, dass die Technische Universität Dresden Patzelt eine Seniorprofessur verweigerte. Er wird in diesem Jahr regulär emeritiert, geht also in den Ruhestand. Die Uni sagt: Das ist ein ganz normaler Vorgang, nur sehr wenige Professoren erhalten nach Ablauf ihrer Professur eine Seniorprofessur.
Patzelt und seine Unterstützer wittern den Skandal.
Zu diesen Unterstützern gehört auch der CDU-Politiker Arnold Vaatz. Der ist stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. In einem Beitrag für den rechtskonservativen Blog "Achse des Guten" spricht Vaatz über die Causa Patzelt als "politische Säuberung". Eine seltsame Wortwahl, denn dieser Begriff taucht vor allem im historischen Kontext auf: In Zusammenhang mit der Gewaltherrschaft Josef Stalins in der Sowjetunion. Stalin hatte seine Gegner in einer massiven Terrorkampagne aus dem Weg geräumt.
Trotzdem scheint diese Einschätzung offenbar auch Vaatz' Parteifreund Hans-Peter Friedrich (CSU) zu gefallen. Der ehemalige Innenminister und heutige Vizepräsident des Deutschen Bundestages twitterte den Blogeintrag von Vaatz.
Friedrich fügte dessen Ansichten hinzu:
Unklar bleibt, wen Friedrich mit den "Machthabern" eigentlich genau meint. Sowohl in Sachsen, als auch im Bund ist seine Union selbst Teil der Regierung. Man könnte den Tweet also durchaus als direkten Angriff von Friedrich auf seine eigenen Parteifreunde werten. Als Bundestags-Vizepräsident und ehemaliger Bundesminister gehört Friedrich außerdem selbst zum von ihm kritisierten Establishment.
Seine Wortwahl wirft deshalb Fragen auf: Der Begriff "Machthaber" taucht normalerweise vor allem in Verbindung mit Staatschefs wie Kim Jong-un, dem syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad oder Venezuelas Staatspräsidenten Nicolas Maduro auf. Retweetet wurde Friedrichs Statement unter anderem vom thüringischen AfD-Rechtsaußen Stephan Brandner.
Der Tweet des CSU-Politikers ist übrigens nicht der erste mit einer verwunderlichen Wortwahl: Erst am 18. Januar schrieb Friedrich von einem "Vernichtungsfeldzug der Ideologen" gegen die Landwirtschaft.
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