Anfang des Jahres führte Günther Felßner noch als Vorsitzender des Bayerischen Bauernverbands die Proteste der Landwirte gegen die Ampel-Regierung in Berlin an. Mit gelber Warnweste stand er an der Spitze von Traktor-Kolonnen und protestierte unter anderem gegen die Politik von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).
Drei Monate vor der Bundestagswahl wird er jetzt selbst als nächster Landwirtschaftsminister gehandelt. Denn der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat ihn nach Beratungen des CSU-Vorstandes schon jetzt für das Amt vorgeschlagen.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, kritisierte Söders Verhalten. "Die Bundestagswahl ist im Februar, und jetzt im November wird in CDU und CSU das Fell des Bären verteilt auf Kosten Deutschlands", sagte Mast der Nachrichtenagentur AFP.
"Geht es noch arroganter?", ergänzte sie. Offenkundig sei die Besetzung des Landwirtschaftsministeriums für die CSU ein "Preis" für die Unterstützung von CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzlerkandidat der Union. Söders Vorgehen ist ungewöhnlich. Üblicherweise werden in Koalitionen erst am Ende der Koalitionsverhandlungen die Ministerien verteilt.
Auch die bayerische SPD-Generalsekretärin zeigte sich im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk erstaunt, dass Söder "unter seinen Freunden in Bayern schon die ersten Pöstchen verteilt." Die Menschen hätten nun die Chance, darüber nachzudenken, ob "der Cheflobbyist des Bayerischen Bauernverbands" das Landwirtschaftsministerium führen solle.
Mit der verfrühten Nominierung verfestigt Söder den Anspruch der CSU auf das Ministerium unter einer Unions-Regierung. "Das Landwirtschaftsministerium ist damit für uns gesetzt", erklärte Söder. Er habe Merz darüber bereits informiert.
Auch für den CSU-Landesgruppenvorsitzenden Alexander Dobrindt will Söder einen möglichst einflussreichen Job nach der Bundestagswahl. Dobrindt sei die "Nummer eins" der CSU in Berlin und damit "Anwärter für ein ganz großes und schweres Ministerium". Außerdem sei Dobrindt zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl nominiert worden.
Bauernpräsident Felßner gehöre laut Söder zu den ersten fünf Kandidat:innen auf der Liste der CSU für die Bundestagswahl. Der 58-jährige Franke ist seit 2022 bayerischer Bauernpräsident und seit 2023 Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands. Ein politisches Mandat hat er bisher noch nicht.
Felßner selbst sagte, er wolle sich in einer aktiven, positiven Gestaltungsrolle einbringen. "Das ist das Zeichen, die Menschen, die aufbegehrt haben, haben jetzt Mitwirkungsrechte", sagte Felßner. So will er auch mögliche Protestwähler:innen wieder zur CSU holen. Er behält seine Ämter im Bauernverband zunächst. Sollte Felßner Minister werden, will er sie dann niederlegen.
Der Bauernpräsident betonte, dass der bayerische Verband sich unter seiner Führung "nicht als Lobbyorganisation" versteht. Vielmehr sei es eine "Denkfabrik für die Lösungen der ganzen Gesellschaft, weil wir am Schluss alle von den Lebensgrundlagen abhängen, die wir in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft, aber auch im Umwelt- und Ressourcenschutz schaffen."
(Mit Material von AFP)