Deutschlands Asylstreit erreicht Europa – und jeder will der Starke sein
21.06.2018, 21:0321.06.2018, 21:17
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Innenpolitisch massiv unter Druck, hofft Kanzlerin Merkel beim
kleinen EU-Asylgipfel am Wochenende auf einen Befreiungsschlag. Kann sie außenpolitisch punkten, entzieht sie der agressiven CSU Zuhause den Boden unter den Füßen.
Und genau das scheint die Taktik der Kanzlerin zu sein:
Aber eben mit dieser Taktik begibt sich Merkel in ein schwieriges Verhandlungsfeld. Sie muss einen Erfolg präsentieren, und das bringt sie in eine denkbar schlechte Verhandlungsposition gegenüber jenen EU-Partnern, die ohnehin nicht unbedingt auf ihrer Seite stehen.
Schon vor dem Gipfel am Sonntag präsentieren sich Italiens Giuseppe Conte und Ungarns Viktor Orban mit breiter Brust. Sie wollen klar machen: So einfach – man könnte auch sagen "so günstig" – gibt es beim Treffen der zehn EU-Staats- und Regierungschefs zum
Umgang mit Flüchtlingen keine Lösung.
Italien will erst einmal nichts Schwarz auf Weiß
"Das Treffen wird
nicht mit einem geschriebenen Text abschließen", sondern nur mit einem
Überblick über die angesprochenen Fragen, kündigte Italiens
Ministerpräsident Giuseppe Conte am Donnerstag auf Facebook an.
Ein am Mittwoch bekanntgewordener Entwurf für eine Abschlusserklärung
werde zurückgezogen, wie Conte weiter ausführte. Kanzlerin Angela
Merkel habe ihm zugesagt, dass der Entwurf "beiseite gelegt" werde.
Es
wäre für ihn inakzeptabel gewesen, so der Premier,
"an diesem Gipfel
teilzunehmen, wenn es schon einen vorgefertigten Text dafür gibt."
Ähnlich hatte sich zuvor Italiens neuer Innenminister Matteo Salvini
geäußert und mit einem Boykott des Gipfels gedroht. Die Ergebnisse
stünden offenbar schon fest und entsprächen nicht seinen Erwartungen,
erklärte der rechtsradikale Politiker. Entweder es gebe "einen
nützlichen Vorschlag" zum Schutz der Grenzen, zur Sicherheit und zu den
Rechten "echter Flüchtlinge" – oder er werde "es wagen, Nein zu sagen".
Für Orban ist der Gipfel kaum verhandlungsfähig
Scharfe Kritik an dem Treffen kommt von den so genannten
Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei. Der für seine
umstrittenen Positionen in der Migrations- und Asylfrage bekannte
Premier Ungarns, Viktor Orban, sagte:
"Das einzige Forum, das zu
Entscheidungen in der Migrationsfrage befugt ist, ist der Europäische
Rat und nicht die Europäische
Kommission."
Die Kommission und ihr Präsident Jean-Claude Juncker hatten zum Gipfel eingeladen. Kritiker glauben, er wolle Angela Merkel damit aus der innenpolitischen Patsche helfen.
So etwa der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Er kritisierte
Juncker und dessen Positionspapier, das dieser im
Vorfeld des Treffens den Teilnehmern zukommen ließ. "Das ist eine Art
Vorschlag aus der Vergangenheit, der wieder einmal aufwärmt, was für uns
unverständlich und inakzeptabel ist", sagte Morawiecki in Budapest.
Italien drängt auf "Schutzzentren" in Afrika
Der Nachrichtenagentur Ansa zufolge will sich Italien bei dem Treffen
für europäische "Schutzzentren" in den Herkunfts- und Transitländern
stark machen – eine Forderung, die auch von der CSU erhoben wird. In den
Zentren solle entschieden werden, ob ein Migrant asylberechtigt ist
oder nicht. Um "Todestransporte" – die Überfahrten mit seeuntüchtigen
Booten – über das Mittelmeer zu stoppen, will Italien demnach die
Beziehung zu Drittstaaten gestärkt sehen. Außerdem fordere Italien eine
stärkere Sicherung der Außengrenzen.
Zahl der Flüchtlinge soll reduziert werden
Zuvor waren Details aus dem Entwurf für das Abschlussdokument bekannt
geworden. Danach streben die Teilnehmer des Treffens eine Reduzierung
der Zahl der nach Europa kommenden Flüchtlinge sowie massive
Beschränkungen der zwischen Mitgliedstaaten wechselnden Migranten an. Es
bestehe eine "große Notwendigkeit", die Zahl der sogenannten
Sekundärbewegungen "deutlich zu senken", heißt es darin. Dafür müssten
Maßnahmen ergriffen werden, die Migranten vom "illegalen Übertritten" an
den europäischen Binnengrenzen abhielten sowie "zügige Rücknahmen" in
die zuständigen Mitgliedstaat sicherstellten.
Diese angestrebten Rücknahmeabkommen sind in Italien aber umstritten.
Premier Conte hatte erklärt, er werde nicht über Sekundärbewegungen
innerhalb Europas diskutieren, bevor nicht das Problem der
Primärbewegungen in Angriff genommen werden. Italien pocht auf die
Überwindung der Dublin-Regeln und eine europäische Antwort darauf, dass
gerettete Bootsflüchtlinge zum Großteil nach Italien gebracht werden.
Robert Habeck über Markus Söder: "Er hat einen Crush auf mich"
Für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) muss letzte Woche im Bundestag wohl eine große Enttäuschung gewesen sein. Er hatte sich auf eine Debatte mit seinem Erzfeind und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingestellt. Dieser fehlte aber spontan aufgrund eines Defekts an einem Regierungsflugzeug und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) musste für ihn einspringen.