Eine Woche nach der Bundestagswahl sind die Sondierungsgespräche zwischen den möglichen Koalitionspartnern Union und SPD bereits angelaufen. Gleich zu Beginn der Gespräche steht die Frage der Finanzen im Vordergrund. Hier sollen CDU, CSU und SPD bereits einen bedeutenden Schritt weiter sein.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Verhandlungskreisen erfuhr, erwägen die drei Parteien, zwei Sondervermögen zu verabschieden – und zwar noch im alten Bundestag.
Es soll sich um zwei milliardenschwere Pakete für Verteidigung und Infrastruktur handeln, berichtet Reuters. Zwar würden noch andere Varianten von der Fachebene geprüft, doch die Einrichtung von zwei Sondervermögen in der Zusammensetzung des alten Bundestags gelte als die vielversprechendste Variante.
Einmal soll das Sondervermögen für die Bundeswehr aufgestockt werden. Hier soll man sich laut den Ökonomen in einer Größenordnung von 400 Milliarden Euro bewegen, auch um ein Signal an Putin zu senden. Für die Infrastruktur regen sie an, dass Bund und Ländern 400 Milliarden bis 500 Milliarden Euro in den Preisen von 2025 bereitgestellt werden sollten.
Sondervermögen sind Kreditlinien außerhalb des normalen Bundeshaushalts und außerhalb der Regeln der Schuldenbremse. Auch eine grundsätzliche Reform der Schuldenbremse wollen Union und SPD angehen, spätestens in der kommenden Legislaturperiode. Wegen der vereinbarten Vertraulichkeit der Gespräche wollten sich Union und SPD aber nicht dazu äußern.
Die neue Regierung muss sich in einer unsicheren weltpolitischen Lage zusammenfinden. Die USA unter dem neuen alten Präsidenten Donald Trump hat eine neue Richtung eingeschlagen und wendet sich von Europa und der Ukraine ab. Hinzu kommt die Bedrohungslage durch Russland.
In Union und SPD besteht mittlerweile weitestgehend Einigkeit darüber, dass Europa mehr Geld für Verteidigung und die Ukraine in die Hand nehmen soll. Alleine haben sie jedoch im neuen Bundestag nicht genügend Stimmen, um das auch durchzusetzen. Da es sich um eine Grundgesetzänderung handelt, wird nämlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt. Selbst bei einer Zustimmung der Grünen ist diese nicht erreicht.
Die AfD ist bei der Bundestagswahl mit über 20 Prozent zweitstärkste Kraft geworden. Die Rechtsaußen-Partei lehnt eine Lockerung der Schuldenbremse ab.
Die Linke hingegen ist mit fast neun Prozent mit einem starken Ergebnis zurück in den Bundestag gezogen. In der Linkspartei ist man gegen die Schuldenbremse, würde eine Reform wohl aber nicht mittragen, wenn mehr Geld für Verteidigung ausgegeben werden soll. Ein Sondervermögen für die Bundeswehr würden sie ebenfalls nicht mittragen.
Union und SPD bleibt also nur, die Grünen von ihrem Vorhaben zu überzeugen und dieses mit ihnen gemeinsam noch im alten Bundestag durchzubringen. Ein ungewöhnlicher Weg, gegen den es Widerstand geben könnte. Die Linke hatte am Freitag bereits mit einer Verfassungsklage gedroht, sollte es im alten Bundestag noch zu einer kurzfristigen Gesetzesänderung kommen.
(Mit Material von Reuters)