Wann ist man reich? Das Leben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist derzeit jedenfalls reich an Ärger. In der Talkshow von Anne Will sorgte der CDU-Politiker am Sonntagabend bei der Diskussion um die Zukunft von Hartz IV für Aufsehen.
Spahn sieht zwar Reformbedarf bei Hartz IV - "zum Beispiel beim Bürokratie-Wust", es könne auch mehr Pauschalen geben. Gleichzeitig machte er sich für einen Erhalt der umstrittenen Arbeitslosengeld-Regelung stark: "Aber das Grundprinzip, die Grundidee, die dahinter steckt, die ist aus meiner Sicht zu erhalten.
Spahn sprach sich dafür aus, Sanktionen für Bezieher der Grundsicherung beizubehalten, die zum Beispiel Termine im Jobcenter nicht einhalten oder angebotene Stellen nicht annehmen. "Warum? Weil es ein Gebot der Fairness ist (...) gegenüber denjenigen, die das finanzieren."
Spahn war sich bei Will übrigens auch sicher: "4000 Euro im Monat fällt nicht in die Kategorie reich." Das Durchschnittseinkommen der Deutschen liege schließlich bei 3300 Euro.
Ob Spahn bei den 4000 Euro vom Netto- oder Bruttoverdienst sprach, präzisierte er bislang nicht. Der Nettolohn läge jedoch nach Steuerklasse und Familienstand je nachdem in den meisten Fällen eher bei 2500 Euro. Allein ein solcher Verdienst ist für viele Familien in Deutschland kaum zu erreichen.
Zwar lag das durchschnittliche Bruttoeinkommen in Deutschland 2017 bei einem Vollzeitarbeitnehmer bei mehr als 3400 Euro. Da in diese Statistik jedoch auch teils sehr hohe Löhne einfließen, ist die Aussagekraft dieses wertes vergleichweise gering. Rund 70 Prozent der Deutschen verdienen laut Online-Portal "Der Westen" weniger als 3700 Euro im Monat.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil verteidigte die Absicht seiner Partei, die Grundsicherung Hartz IV tiefgreifend zu reformieren. "Es werden bald ganze Branchen verschwinden", sagte er ebenfalls in der Sendung "Anne Will" mit Blick auf die Digitalisierung und die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz.
So werde es etwa in ein paar Jahren keine Übersetzer mehr geben. "Diesen Menschen muss der Staat eine Garantie geben, dass wir uns um sie kümmern, dass sie nicht innerhalb kürzester Zeit ins Arbeitslosengeld II abrutschen, dass sie nicht Hartz IV beziehen. Und da brauchen wir eine große Reform."
Ebenfalls in der Sendung meinte Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht , durch das Hartz-IV-System sei ein riesiger Niedriglohnsektor etabliert worden. Viele Menschen könnten von ihrer Arbeit nicht mehr leben. "Und deswegen muss dieses Hartz IV weg."
Nicht in der Show, aber auch in der Hartz IV-Debatte aktiv: Die SPD-Vizevorsitzende Malu Dreyer. Gegenüber der "Welt" sagte sie: "Hartz IV ist eine Wunde für viele Mitglieder der SPD, das stimmt." Es gehe darum, einen Sozialstaat zu definieren, der den Herausforderungen unserer Zeit entspreche. "Das tut eine 15 Jahre alte Reform aus einer vordigitalen Zeit nicht."
(mit dpa)