Not, Erschießungen, sexuelle Gewalt, Hunger, Flucht – im Sudan herrscht die größte humanitäre Krise weltweit und kaum jemand bekommt es mit. Der brutale Bürgerkrieg hält nun seit zwei Jahren an und hat den Sudan verwüstet. Doch vor allem ist das Leid der Menschen groß.
Menschenrechtsgruppen werfen beiden Konfliktparteien Kriegsverbrechen vor – den Regierungstruppen etwa willkürliche Bombardierungen und der RSF schwere sexuelle Gewalt, Erschießungen und ethnische Vertreibungen. Ein Ausweg aus dem Blutvergießen ist nicht in Sicht. Doch um was geht es überhaupt in diesem Krieg?
Die Kurzfassung: De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, Oberbefehlshaber der Armee, will seinen bisherigen Putsch-Kumpel und Vize Mohammed Hamdan Daglo loswerden. Allerdings hat Daglo ein Ass im Ärmel: Er ist Kommandeur der "Rapid Response Forces" (RSF), einer mächtigen paramilitärischen Gruppe.
Die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und der RSF um die Vorherrschaft in dem nordostafrikanischen Land haben laut Helfer:innen zur weltweit größten humanitären Krise geführt.
Anfang 2025 erzielten die Regierungstruppen im Großraum Khartum Fortschritte, die in einer Reihe verheerender Niederlagen für die RSF gipfelten. Ende März eroberte die Armee in einem wichtigen Sieg den Präsidentenpalast in der Hauptstadt zurück.
Die Denkfabrik International Crisis Group (ICG) warnt nun vor einer weiteren Eskalation.
Statt den Fortschritt bei der Kontrolle der Hauptstadt "für den Frieden zu nutzen, scheint die Armee auf einen totalen Sieg zu drängen, während die RSF den Krieg auf neue Gebiete ausweiten will", heißt es im jüngsten ICG-Bericht. "Beide Seiten erhalten weiterhin reichlich Unterstützung von außen, um ihre Kämpfe fortzusetzen."
Während die Armee politische Unterstützung und Waffenlieferungen arabischer Staaten – insbesondere Ägyptens – erhalte, habe die RSF vor allem in den Vereinigten Arabischen Emiraten Rückhalt, heißt es. Eine weitere Eskalation könnte zum Zerfall des Landes führen.
Nach zwei Jahren Bürgerkrieg sind die Zahlen erschreckend.
Weit über die Hälfte der Bevölkerung – 30,4 Millionen Menschen – ist auf humanitäre Hilfe angewiesen, schreibt die Denkfabrik "Council on Foreign Relations". In einem Bericht fasst sie die Krise im Sudan in Zahlen zusammen.
"Nach allen Maßstäben ist dies die größte humanitäre Krise der Welt", sagt Shaun Hughes, beim UN-Welternährungsprogramm WFP zuständig für den Sudan. Was im dritten Jahr des Konflikts noch kommen könnte: "Das Ausmaß von dem, was im Sudan geschieht, droht vieles von dem, was wir in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben, in den Schatten zu stellen."
Und doch fehlt es an Aufmerksamkeit für diesen Krisenherd.
Hilfsorganisationen beklagen, dass die Aufmerksamkeit für den Sudan weit hinter der für die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine liegt. Das macht sich auch bei der Finanzierung von Hilfsmaßnahmen bemerkbar: Bisher sind nur neun Prozent der Gelder für den internationalen Hilfsplan für den Sudan vorhanden. Benötigt werden laut UN mindestens 1,8 Milliarden US-Dollar.
Der Sudan hat gut 50 Millionen Einwohner:innen, mehr als 30 Millionen sind auf Hilfe angewiesen. Mehrere diplomatische Anläufe, um eine Waffenruhe und Friedensverhandlungen zu erreichen, waren bisher erfolglos geblieben. Sorgen wachsen, dass der Krieg im Sudan auch Nachbarstaaten destabilisieren könne.
Beobachtern zufolge besteht die Gefahr einer Destabilisierung der Nachbarländer des Sudan, insbesondere des Tschad und des Südsudan. Die beiden Nachbarn, zwei der ärmsten und wirtschaftlich schwächsten Staaten der Welt, gehören zu den wichtigsten Aufnahmeländern sudanesischer Geflüchteter.
"Der Sudan-Konflikt droht eine ohnehin verletzliche Region zu destabilisieren und hat weitreichende Auswirkungen auf Sicherheit, Wirtschaft und soziale Spannungen", heißt es in einem Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) zum zweiten Jahrestag des Konflikts.
(Mit Material der dpa)