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Ukraine: Bewohner russisch besetzter Gebiete sprechen über Foltergefängnisse

29.06.2023, Ukraine, Cherson: Ein Einheimischer geht vor einem durch russischen Beschuss beschädigten Gebäude in Cherson. In der südukrainischen Stadt Cherson sind am 29.06.2023 nach Angaben lokaler B ...
Viele Ukrainer:innen verloren durch russischen Beschuss alles.Bild: AP / Mstyslav Chernov
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Ukraine-Krieg: Bewohner sprechen über russische Gewaltherrschaft in besetzten Gebieten

20.10.2024, 15:36
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Seit 2022 sind einige Teile der Oblast Cherson in der Ukraine unter russischer Besetzung. Ganze Städte eroberten die Streitkräfte mit Gewalt. Für die Bewohner:innen bedeutet das ein Leben unter ständiger Angst vor dem russischen Aggressor. Flucht ist schwierig, vor allem, weil das Gelände um die besetzten Städte nach wie vor Kriegsgebiet ist. Ein falscher Schritt und das Leben ist vorbei.

Ein neuer Alltag, gespickt mit Sorgen. Wie furchtbar diese Herrschaft sein kann, berichten jetzt einige ehemalige Bewohner:innen einer besetzten Stadt. Sie sprechen von Torturen, von Willkür-Verhaftungen, von verlorenen Liebsten. Solche, die einen falschen Blick oder ein falsches Wort mit dem Leben bezahlen mussten, wie die Geschichten verdeutlichen.

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Berichte über Foltergefängnisse in der Ukraine

Gegenüber der ukrainischen Zeitung "Kyiv Independent" erzählt eine Ukrainerin, wie vor zwei Jahren vier maskierte russische Männer ihr Haus stürmten und ihren 28-jährigen Sohn zu Boden schlugen. Die beiden lebten in Hornostaivka, einer Stadt in Cherson, die sich bis heute in russischer Hand befindet. Ihr Sohn soll noch geschrien haben: "Leute, was habe ich euch getan? Was wollt ihr von mir?" Danach nahmen die Männer ihn mit.

Acht Tage später sollte die Frau den Körper ihres Sohnes in einem Leichenschauhaus identifizieren. Laut russischer Besatzungspolizei, berichtet die Ukrainerin weiter, sei ihr Sohn an Blutungen infolge eines geplatzten Magengeschwürs gestorben.

Sie selbst hält das für Quatsch, geht davon aus, dass ihr Sohn zu Tode gefoltert wurde. Auf dem Totenschein habe etwa gestanden, dass er noch am Tag seiner Verhaftung gestorben sei.

Laut "Kyiv Independent" ist der Sohn zum hiesigen Polizeipräsidium gebracht worden. In dem habe die russische Besatzungspolizei eine Folterkammer eingerichtet. Auch in den Oblasten Charkiw und Saporischschja soll es solche Folterkammern geben. Die Frau lebt mittlerweile in einer von der Ukraine kontrollierten Region.

Mithilfe der Zeugenberichte und ehemaliger Bewohner:innen der Stadt konnte "Kyiv Independent" die Polizisten, die den 28-Jährigen mitgenommen haben, identifizieren. Es gab sogar eine Klage wegen Amtsmissbrauch gegen sie, heißt es weiter in dem Bericht.

Die Verfahren wurden eingestellt, da sich die Betroffenen dem russischen Militär angeschlossen haben, an die Front gingen und verletzt wurden, erzählt einer der Polizisten im Gespräch mit der ukrainischen Zeitung.

Es braucht unabhängige Strafbehörden

Sicherheit, Nahestehende nach einer Entführung zu sehen, gibt es nicht. Eine weitere Frau berichtet, wie ihr Mann vor zwei Jahren von russischen Besatzern auf seinem Hof gefesselt und gefoltert wurde.

"Er wurde auf der Stelle sehr schlimm geschlagen. Zeugen haben alles gesehen. Danach wurde er mit einem Sack über dem Kopf in einen Kleinbus geworfen, und das war’s", sagte sie. Kontakt hat sie seitdem nicht, das Schlimmste ist zu befürchten. Die Frau konnte wiederum nach Polen fliehen.

In dem Bericht erzählen weitere Betroffene, dass sie ihre Partner auf ähnliche Weise verloren haben. Dabei handelt es sich klar um Kriegsverbrechen, doch um diese effektiv aufzuklären, geschweige denn zu bekämpfen, braucht es unabhängige Strafbehörden. Im Kriegsfall ist aber eher unrealistisch, dass diese vor Ort durchgreifen können.

Vielen bleibt also nur die Möglichkeit, zu fliehen. Ein schwieriges Unterfangen. Letztlich kann es auch dazu kommen, dass die russischen Besatzer die Bevölkerung vor Ort festhält, aus vollkommen willkürlichen Gründen.

Tod von Hamas-Führer Sinwar weckt Friedenshoffnung im Nahen Osten

Der Tod von Hamas-Führer Jihia al-Sinwar weckt Hoffnungen auf ein Ende des Nahostkriegs. Israels Ministerpräsident Benjamin Natanjahu nannte die Tötung des meistgesuchten islamistischen Terroristen der Region einen "Meilenstein".

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