
In Afghanistan gelten für Frauen viele Einschränkungen. Bild: imago images / Middle East Images
International
Seit der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban in Afghanistan im Jahr 2021 hat sich die Lage für Frauen im Land dramatisch verschlechtert. Mit der Einführung der sogenannten "Laster- und Tugendvorschriften" im vergangenen Jahr dürfen weibliche Personen mittlerweile nicht mehr vor einer breiteren Öffentlichkeit sprechen.
Auch im architektonischen Bereich nehmen die Taliban mittlerweile insofern Einfluss, als Innenhöfe keine Fenster mehr haben dürfen. Der Grund: Die arbeitenden Frauen durch die Fenster zu beobachten, könne zu obszönen Handlungen führen.
"Die Taliban löschen Frauen aus dem öffentlichen Leben, eine nach der anderen", erklärte die scheidende Bundesaußenministerin Annalena Baerbock kürzlich in einer Rede. Wie aber sieht es vor Ort tatsächlich aus?
"Alle Türen verschlossen": Frauen berichten von Taliban-Herrschaft
"Seit zwei oder drei Jahren können wir leider nirgendwo mehr hingehen. Die einzigen Orte, an die wir gehen können, sind Supermärkte, und selbst dort müssen wir Einschränkungen hinnehmen", erklärt eine Afghanin der BBC. Frauen dürfen in der Öffentlichkeit nur unterwegs sein, wenn sie von einem männlichen Verwandten begleitet werden – und dann auch nur verschleiert. In einem Liveblog ließ der Sender am Freitag eine Reihe an Frauen zu Wort kommen, die von ihrem Leben unter den Taliban sprechen.
"Unter dieser Regierung waren alle Türen für mich verschlossen. Im Moment lebe ich ohne einen klaren Plan für die Zukunft", sagt eine weitere Frau unter dem Decknamen Soraya in ihrem Eintrag für die BBC. Die meisten Namen sind erfunden, um die Frauen zu schützen.
Viele berichten von einer zerstörten Karriere und die fehlende Chance auf Bildung. Die 18-jährige Lima hat aus diesem Grund angefangen, täglich mit einer KI zu chatten, um ihren Gedanken freien Lauf lassen zu dürfen und ein bisschen "gefakte" Hoffnung in ihr Leben zu bringen.
"Ich fühle mich so betäubt, so hoffnungslos. Es könnte nicht schlimmer sein als das hier. Ich habe Angst vor der Ehe und davor, meine Eltern zu verlieren", erklärt die junge Frau. Auf die Frage, was sie an ihrem alten Leben am meisten vermisse, nennt sie ihre Freund:innen und freie Bewegung.
Tatsächlich bildet die BBC aber auch eine andere Perspektive ab. Offenbar kann es mitunter ebenfalls eine Glücks- und Geldfrage sein. Und eine Frage des Willens. Die 24-jährige Shakila eröffnete 2021 mit 500 gesparten Afghani einen eigenen Klamottenladen und arbeitet nebenbei als Fotografin. "Vielleicht waren die letzten Jahre für meine Landsleute hart, weil die Einschränkungen sie ihre Hoffnungen und Träume vergessen haben lassen. Aber ich habe diese Einschränkungen genutzt, um mich selbst voranzubringen", erklärt sie.
Afghanistan: Frauen bleiben versteckt – mit harten Konsequenzen
Für die meisten der Frauen ist es allerdings schwierig, ihre Arbeit unter der Taliban-Herrschaft überhaupt auszuführen. Viele wurden gekündigt oder müssen von zu Hause arbeiten. Wenn nicht, brauchen sie auch für den Weg zur Arbeit einen männlichen Begleiter.
So berichtet Zenat der BBC von ihrer Bäckerei, die sie von der Straße in ihr eigenes Haus verlagern musste. "Früher habe ich Brot für 25 bis 30 Leute gebacken. Aber jetzt ist meine Bäckerei in meinem Haus, und ich habe nur fünf oder sechs Kunden", sagt sie. Auch für die Bildung ihrer Kinder fehle aus diesem Grund nun das Geld.
In einigen Berufen ist zudem der Fakt, dass die Stimmen der Frauen in der Öffentlichkeit nicht gehört werden sollen, ein großes Problem. Eine Hebamme erzählt, dass sie bei sich in der Klinik nicht mehr junge Mütter auf dem Flur versammeln kann, um ihnen in großer Runde Ratschläge und Anweisungen zu geben. Zu groß ist demnach ihre Angst vor einer Strafe.
Auch Soraya hat ihre Träume aufgrund solcher Sorgen aufgegeben. Sie war aktive Athletin, nahm als Läuferin an mehreren Wettkämpfen teil. Nach der Übernahme der Taliban verbrannte sie direkt eine Vielzahl an Zertifikaten, aus Angst vor Konsequenzen. Bei BBC erklärt sie, dass sie nun außer der Hausarbeit eigentlich nichts mehr zu tun habe.
Eine Psychologin erklärt im Liveblog der BBC, dass die Einschränkungen durch die Taliban erhebliche mentale Belastungen für die Frauen und Mädchen im Land bedeuten. Viele litten demnach unter Depressionen.
Durch ein Gesetz der Taliban dürfen Mädchen ab 12 Jahren nicht mehr zur Schule gehen. Früh wächst hierdurch ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit.
Weil sich der Polizeikommissar L. B. Sullivan von einer Werbeanzeige in der "New York Times" diffamiert gefühlt hatte, verklagte er die Zeitung wegen Verleumdung. Nach einer längeren juristischen Auseinandersetzung landete der Fall 1964 schließlich beim Supreme Court. Das höchste Gericht der USA entschied einstimmig zugunsten der "New York Times".