Die EU hat dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj nach dessen Besuch in Brüssel weitere Hilfe zugesagt. Russland hat die Ukraine am Freitag erneut massiv mit Drohnen und Raketen angegriffen und dabei vor allem die Energie-Infrastruktur ins Visier genommen. Insbesondere im Osten der Ukraine dauern die schweren und äußerst blutigen Kämpfe an. Die Ukraine fordert vom Westen die Lieferung von Kampfjets, um sich gegen die russischen Luftangriffe zu wehren.
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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schließt die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine nicht aus. "Wichtig ist, dass die Nato nicht Teil des Konflikts ist", sagte der Norweger am Montag in Brüssel. Dabei betonte er den Unterschied zwischen einer von der Nato durchzusetzenden Flugverbotszone über der Ukraine und der Möglichkeit, dass Nato-Partner Kiew Flugzeuge liefern, die die Ukrainer selbst nutzten. "Das sind zwei sehr unterschiedliche Dinge."
Falls die Nato selbst eine Flugverbotszone durchsetzen würde, wäre das eine direkte Beteiligung der Nato, sagte Stoltenberg. Es sei jedoch etwas ganz anderes, der Ukraine verschiedene militärische "Fähigkeiten" zur Verfügung zu stellen. "Das wird uns nicht zur Konfliktpartei machen", sagte Stoltenberg.
Die Bundeswehr hat am Montag mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten am Kampfpanzer Leopard 2 begonnen. Das sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in Berlin. Die Ausbildung werde hauptsächlich an der Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster stattfinden. Sie solle zum Ende des ersten Quartals abgeschlossen sein, um auch die Übergabe "synchronisiert" durchführen zu können.
Die Bundesregierung hat der Ukraine 14 Leopard 2A6 zugesagt. Zusätzlich gibt es Ausbildungsprogramme für ukrainische Soldaten, die in Deutschland am Schützenpanzer Marder bereits begonnen haben.
In der schwer umkämpften Stadt Bachmut im Osten der Ukraine geraten die ukrainischen Streitkräfte derweil immer stärker unter Druck. Die russische Privatarmee Wagner behauptete, einen Vorort eingenommen zu haben und nun weiter aufs Zentrum vorzurücken. Aus Kiew gab es dazu zunächst keine Stellungnahme. Die ukrainische Seite hatte zuvor jedoch schon betont, dass Bachmut weiter unter ihrer Kontrolle sei. In der Stadt mit einst mehr als 70.000 Einwohnern harren nun nur noch wenige Tausend aus.
Die Nato wurde am Sonntag Ziel eines Hackerangriffs. Eine Sprecherin bestätigte am Abend der Deutschen Presse-Agentur, dass sich Cyberexperten des Verteidigungsbündnisses aktiv mit einem Vorkommnis befassten, das mehrere Websites beeinträchtige. Zuvor hatte es in sozialen Netzwerken wie Twitter geheißen, dass pro-russische Aktivisten unter anderem die Internetseite des Nato-Hauptquartiers für Spezialoperationen (NSHQ) attackierten. Sie war zeitweise nicht zu erreichen.
Die Nato hat mitgeteilt, dass Generalsekretär Stoltenberg seinen Posten im Herbst dieses Jahres wie geplant abgeben wolle. Damit stehen die Mitgliedsstaaten unter dem Druck, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu finden. "Er hat keine Absicht, eine weitere Mandatsverlängerung anzustreben", sagte seine Sprecherin Oana Lungescu. Das Mandat Stoltenbergs sei schon drei Mal verlängert worden und er sei bereits seit fast neun Jahren im Amt. Ursprünglich war wieder einmal spekuliert worden, dass die Amtszeit des 63-Jährigen vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine ein weiteres Mal verlängert werden könnte.
Bei den blutigen Gefechten im Osten der Ukraine hat die russische Privatarmee Wagner nach Angaben ihres Chefs Jewgeni Prigoschin einen Vorort der umkämpften Stadt Bachmut eingenommen. Die Siedlung Krasna Hora im Gebiet Donezk sei von den Wagner-Kämpfern erstürmt worden, sagte Prigoschin am Sonntag. Eine Bestätigung der Ukraine gab es nicht.
Zugleich kündigte Prigoschin an, dass seine Einheiten auch das rund sieben Kilometer entfernte Bachmut selbst einnehmen würden. Die seit Monaten dort andauernden Gefechte gelten als besonders verlustreich für beide Seiten. Zuvor hatte der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj mitgeteilt, dass die Stadt weiter unter Kontrolle Kiews sei.
Die Einnahme Bachmuts hat für die Russen eine strategisch wichtige Bedeutung, um ihrem Kriegsziel einer kompletten Besetzung des Gebiets Donezk näherzukommen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte betont, dass alles dafür getan werde, die russischen Aggressoren zurückzudrängen.
Trotz schwerer Angriffe von russischen Truppen halten die ukrainischen Streitkräfte die seit Tagen umkämpfte Stadt Bachmut im Gebiet Donezk nach eigenen Angaben weiter unter ihrer Kontrolle. Der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj teilte mit, es würden Maßnahmen ergriffen, "um die Frontlinie um diese Stadt herum zu stabilisieren". Nach einem Telefonat mit US-Generalstabschef Mark Milley bezeichnete er die Lage im Gebiet Donezk als gespannt, weil Russland dort bis zu 50 Angriffe täglich ausführe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte den Widerstand der Soldaten.
Im Gebiet Donezk würden Attacken des Feindes zurückgeschlagen, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft am Samstag. Zuvor hatte der Oberbefehlshaber Saluschnyj gesagt: "In einigen Frontabschnitten haben wir es geschafft, zuvor verlorene Positionen wiederzuerlangen und dort Fuß zu fassen." Zugleich sprach er von schweren Kämpfen um die Städte Wuhledar und Marjinka.
Russlands Streitkräfte haben nach Einschätzung einer führenden Vertreterin des US-Verteidigungsministeriums im Ukraine-Krieg wohl bereits die Hälfte ihrer Kampfpanzer verloren. Moskaus Bodenstreitkräfte in Europa seien in "bedeutendem Ausmaß geschwächt" worden, es gebe auf russischer Seite bereits "Zehntausende Opfer", sagte Celeste Wallander, die im Pentagon unter anderem für Europa, den Nahen Osten und Afrika zuständig ist.
Rund 80 Prozent der russischen Bodenstreitkräfte seien Schätzungen zufolge inzwischen in den Angriffskrieg gegen die Ukraine verwickelt, sagte sie. Wallander, deren Rang im Pentagon in etwa vergleichbar ist mit dem Posten einer Staatssekretärin, warnte jedoch davor, Russland zu unterschätzen. Moskau lerne von den bisherigen Rückschlägen und passe seine Taktik in dem Krieg an, sagte Wallander am Freitag bei der Veranstaltung einer Denkfabrik in Washington, dem Zentrum für neue amerikanische Sicherheit (CNAS). Dies zeigten die aktuellen Kämpfe in der Ostukraine.
In der Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zur Vorsicht gemahnt. Es handele sich um "schwierige Entscheidungen", sagte Baerbock dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstagsausgabe). "Es geht nicht um Spielzeug, sondern um schweres Kriegsmaterial. Daher ist es wichtig, immer wieder sorgfältig abzuwägen, wie wir bestmöglich Leben schützen können."
Angesprochen auf eine mögliche Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine sagte Baerbock der Zeitung, dies sei "keine Debatte, die wir führen". Wichtig sei, "dass bisherige Entscheidungen auch zügig umgesetzt werden".
Zuletzt hatten mehrere westliche Staaten beschlossen, der Ukraine Kampfpanzer liefern zu wollen. In den vergangenen Tagen warb der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut für weitere Waffenlieferungen an sein Land, darunter auch Kampfjets und Raketen mit größerer Reichweite.
Die jüngste Welle russischer Raketenangriffe erzwingt erneut Notreparaturen am ukrainischen Energienetz. Mehrere Wärme- und Wasserkraftwerke seien beschädigt worden, sagte der Chef des Energieversorgers Ukrenerho, Wolodymyr Kudryzkyj, am Freitagabend im ukrainischen Fernsehen. Besonders schlecht sehe es mit der Stromversorgung im Gebiet Charkiw aus. Wegen der Instabilität im ukrainischen Stromnetz musste am AKW Chmelnyzkyj ein Reaktorblock abgeschaltet werden, in den Kernkraftwerken Riwne und Südukraine wurde die Produktion gedrosselt.
Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte den russischen Angriff mit etwa 100 Raketen und Marschflugkörpern vom Freitag als Terror. In einer Videobotschaft berichtete er aber seinen Landsleuten, wie viel Unterstützung die Ukraine bei seiner Reise nach London, Paris und Brüssel in dieser Woche erfahren habe.
Die Gefahr durch russische Raketenangriffe dauerte auch in der Nacht zu Samstag an. In der Hauptstadt Kiew wurde am späten Freitagabend zum fünften Mal für diesen Tag Luftalarm ausgelöst. "Es droht ein Angriff mit Drohnen", teilte die Militärverwaltung des Kiewer Gebietes mit. Kampfdrohnen iranischer Bauart wurden auch über den Gebieten Mykolajiw und Odessa im Süden gesichtet und abgeschossen.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs setzte die russische Armee bei den Angriffen seit Freitagmorgen 71 Marschflugkörper ein. 61 davon seien abgefangen worden. Die Marschflugkörper seien von russischen Schiffen im Schwarzen Meer und von Flugzeugen aus abgefeuert worden. Außerdem habe Russland nach vorläufiger Zählung 29 Raketen des eigentlich zur Luftabwehr bestimmten Systems S-300 gegen Bodenziele in der Ukraine eingesetzt. Unabhängig überprüfbar waren die Angaben nicht.
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(nik/mit Material von dpa/AFP)