Großbritannien muss nach Auffassung des Internationalen Gerichtshofs schnellstmöglich die Kontrolle über die Chagos-Inseln im Indischen Ozean an Mauritius abgeben.
In ihrer Stellungnahme zu dem jahrzehntelangen Streit um das Kolonialgebiet entschieden die Richter am Montag zugunsten des Inselstaats Mauritius: Großbritannien habe die Inseln in den 60er Jahren unrechtmäßig von seiner damaligen Kolonie Mauritius abgespalten, urteilten sie. Mauritius erhielt daraufhin von London die Unabhängigkeit, die Chagos-Inseln blieben aber britisch.
Der afrikanische Inselstaat Mauritius fordert die Rückgabe der Inseln, die zur britischen Kolonialzeit von Mauritius aus verwaltet wurden. Im Jahr 1965, kurz vor der Unabhängigkeit von Mauritius, trennte London die Inseln ab und behielt sie als Kolonie. Anfang der 70er Jahre vertrieben die britischen Herrscher dann fast 2000 Bewohner des Archipels, um Platz für einen US-Luftwaffenstützpunkt zu schaffen.
Die Bewohner lebten hauptsächlich auf der Hauptinsel Diego Garcia, wohin sie auch wieder zurückkehren möchten. 2000 forderten die Insulaner die Rückkehr auch gerichtlich ein und erhielten im Jahr 2000 vom britischen High Court of Justice recht.
Im Jahr 2004 wurde das Urteil mit königlichen Vollmachten annulliert. So warten die Einwohner von Diego Garcia und deren Nachkommen weiterhin auf eine Rückkehr. Die meisten von ihnen leben auf den Seychellen, Mauritius und Großbritannien.
Die Stellungnahme des UN-Gerichts ist nicht bindend, jedoch von großer symbolischer Bedeutung, da das Gericht von der Uno-Vollversammlung beauftragt worden war, seine Einschätzung zu dem Streit abzugeben. Zudem ist sie ein schwerer Rückschlag für das auf seine Kolonialgeschichte stolze Vereinigte Königreich, das im Zuge des Austritts aus der Europäischen Union seinen Platz in der Welt neu bestimmen muss.
Eine Rückgabe des Archipels dürfte auch daran scheitern, dass die Inseln für die USA von grosser strategischer Bedeutung sind. Die Basis wurde zum Beispiel für die Angriffe auf Irak und Afghanistan benutzt.
(cma/afp)