Türkei soll Folter und Mord an Journalisten im saudischen Konsulat aufgezeichnet haben
12.10.2018, 07:1112.10.2018, 07:25
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Am 2. Oktober betritt Dschamal Chaschukdschi das saudische Konsulat in Istanbul, um Papiere für die Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten abzuholen. Was dann mit dem saudischen Journalisten geschieht, ist unklar. Er wird vermisst. Der Fall hat sich inzwischen zu einer Staatsaffäre entwickelt, in die sich sogar schon Donald Trump (verbal) eingemischt hat. Nun verleiht ein Zeitungsbericht dem ganzen Thema nochmal neue Brisanz.
Sicherheitskräfte vor dem saudischen Konsulat in IstanbulBild: imago stock&people
Laut der "Washington Post" existieren angeblich Ton- und Videoaufnahmen, die
belegen sollen, dass Chaschukdschi vor eineinhalb Wochen im
saudischen Konsulat ermordet wurde. Das Blatt, für das Chaschukdschi
in der Vergangenheit selbst geschrieben hat, beruft sich dabei auf
Informationen türkischer und amerikanischer Offizieller.
Die "Washington Post" zitiert eine anonyme Quelle, die Kenntnis von
den Aufnahmen haben soll. Demnach belegen die Bänder, dass
Chaschukdschi erst verhört, dann gefoltert und schließlich getötet
wurde. Mehreren Offiziellen zufolge sei die Leiche des Journalisten
anschließend zerstückelt worden.
Dieses Bild einer Überwachungskamera zeigt Dschamal Chaschukdschi beim Betreten des KonsulatsBild: imago stock&people
Zuvor hatte schon die "New York
Times" unter Berufung auf türkische Sicherheitskreise berichtet, dass
ein Team saudischer Agenten Chaschukdschi in dem Konsulat getötet,
seinen Körper danach mit einer Knochensäge zerstückelt und die Reste
mutmaßlich in Koffern aus dem Konsulat geschafft habe.
Als wäre der Fall nicht schon schlimm genug, bringt er auch auf höchster politischer Ebene einige Konflikte mit sich:
Der Bericht bringt die Türkei in Erklärungsnot
Nach Informationen der Zeitung scheut die türkische Seite eine
Veröffentlichung der Aufnahmen, um nicht zu offenbaren, wie
Einrichtungen ausländischer Staaten in der Türkei ausspioniert
werden. Unklar sei deshalb auch, inwiefern amerikanische Stellen das
angebliche Beweismaterial bereits einsehen durften. Die türkische
Regierung habe US-Regierungsvertretern aber versichert, im Besitz
kompromittierender Aufnahmen zu sein, die keinen Zweifel an der
Mordthese lassen.
Aus diesem Van sollen die Agenten gestiegen sein, die Dschamal Chaschukdschi getötet haben sollen.Bild: imago stock&people
Wenn die Türkei mitfilmt, wäre das ein dicker Politskandal
Sollte sich die Türkei tatsächlich Aufnahmen aus dem Innern der
Landesvertretung der Regionalmacht Saudi-Arabien verschafft oder
diese gar selbst heimlich angefertigt haben, würde der ohnehin
bereits zur Staatsaffäre ausgewachsene Fall Chaschukdschi nochmals
neue Dimensionen bekommen.
Bild: imago stock&people
Zwar kündigte das türkische Präsidialamt am Donnerstag die
Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit Saudi-Arabien an, um
den Fall "in all seinen Facetten" zu beleuchten und aufzuklären.
Skeptiker, die an der Ernsthaftigkeit dieser Absichten zweifeln,
dürften sich durch die jüngsten Medienberichte aber bestätigt sehen.
Saudi-Arabien streitet ab
Den schon nach kurzer Zeit von türkischer Seite erhobenen Vorwurf, der Regimekritiker sei im Konsulat ermordet worden, weist Saudi-Arabien zurück. Zudem hat die Führung in Riad eine Aufklärung des Falls versprochen.
Wer ist Dschamal Chaschukdschi?
Chaschukdschi war vor mehr als einem Jahr aus Angst vor politischer Verfolgung ins US-Exil gegangen. Dort schrieb er unter anderem Artikel für die "Washington Post", die er mit Jamal Kashoggi zeichnete. Der Journalist begrüßte zwar grundsätzlich die Reformen des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman, kritisierte aber dessen zunehmend autoritäre Herrschaft.
Trump mischt sich ein
Die US-Regierung erhöhte am Donnerstag den Druck auf ihren
engen Verbündeten Saudi-Arabien. Zwar weile der saudische Botschafter
in den USA derzeit in Riad, sagte Außenministeriumssprecherin Heather
Nauert. Allerdings fügte sie hinzu:
"Wir haben ihm gesagt, dass wir bei seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten Informationen erwarten."
Nauert betonte, sie wolle vor dem Abschluss einer Untersuchung keine
Schuldzuweisungen treffen. "Wir wissen nicht, was passiert ist",
sagte sie. Die US-Regierung sei jedoch "extrem besorgt über die
Situation", die größte Aufmerksamkeit auf der höchsten Ebene genieße.
Die Republikaner machen Druck
Mehrere republikanische und demokratische US-Senatoren forderten
US-Präsident Donald Trump auf zu prüfen, ob in dem Fall eine schwere
Menschenrechtsverletzung vorliege und Sanktionen verhängt werden
sollten. Hintergrund ist der sogenannte Magnitsky-Akt, der die
US-Regierung in solchen Fällen zu Strafmaßnahmen wie Einreisesperren
und dem Einfrieren von Vermögen ermächtigt. Die Senatoren forderten
Trump auf, dem Auswärtigen Ausschuss in 120 Tagen zu berichten.
US-Präsident Donald Trump sagte dem Sender Fox News am Donnerstag: "Wir wollen herausfinden, was passiert ist." Er nannte das
Verschwinden Chaschukdschis "einen furchtbaren, furchtbaren
Präzedenzfall". Chaschukdschi sei zwar kein amerikanischer
Staatsbürger, "aber in diesem Fall spielt das keine Rolle".
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