Seit etwa einem Jahr geht in Nigeria das Gerücht um, der Präsident Muhammadu Buhari sei 2017 gestorben und durch einen sudanesischen Doppelgänger ersetzt worden.
Klingt bescheuert? Findet Buhari auch. Darum hat er die Gerüchte vor Landsleuten im polnischen Kattowitz am Wochenende zurückgewiesen. Bei dem Treffen am Rande einer UN-Klimakonferenz versprach er lachend:
2017 hielt sich Muhammadu Buhari mehrere Monate lang für medizinische Behandlungen in England auf. An welcher Krankheit er litt, hielt der nigerianische Präsident jedoch geheim.
Im vergangenen Jahr verbreiteten sich dann vor allem über soziale Netzwerke Gerüchte, er sei während dieses Auslandsaufenthalts gestorben und durch einen sudanesischen Doppelgänger namens "Jubril" ersetzt worden. In die Welt gesetzt wurde diese Behauptung laut Recherchen des nigerianischen Nachrichtenportals legit.ng zuerst durch den Anführer der nigerianischen Separatisten-Organisation "Indigenous People of Biafra".
Was als Behauptung eines politischen Widersachers begann, ging am Ende viral. Tausende teilten Posts und Videos, die das Gerücht verbreiten. Auch weitere Politiker beteiligten sich an der Gerüchteküche. Beweise lieferte jedoch niemand.
Legit.ng kommt in seinem Faktencheck zu dem Schluss, es handele sich um eine unbegründete Verschwörungstheorie.
Die Geschichte um Muhammadu Buharis angeblichen Doppelgänger aus dem Sudan klingt zwar in erster Linie absurd und lustig. Tatsächlich weist sie jedoch auf ein großes Problem hin.
Falschinformationen, die in sozialen Netzwerken geteilt werden, haben in Nigeria laut BBC-Recherchen zu mehr als einem Dutzend Tötungen geführt.
Im Juni 2018 wurden mindestens 86 Angehörige der ethnischen Gruppe der Berom im nigerianischen Bundesstaat Plateu getötet. Schon seit Jahren kommt es dort immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den mehrheitlich christlichen Berom und den größtenteils muslimischen Fulani.
Die Gewalt vom Juni wurde durch Falschinformationen jedoch noch weiter angefacht. Vor allem Fotos und Videos wurden dabei missbraucht, um Stimmung gegen muslimische Fulani zu machen. Eines der Fotos zeigt laut BBC-Angaben ein Baby mit Macheten-Wunden am Kopf. Auf anderen Bildern seien verbrannte Häuser und und blutige Leichen in Massengräbern zu sehen. Die Fotos stammten allerdings gar nicht aus dem nigerianischen Bundesstaat Plateau. Ein Video etwa, in dem einem Mann der Schädel aufgeschnitten wird, sei 2012 im Kongo aufgenommen worden, so die BBC-Journalisten.
Trotzdem führten solche Fotos und Videos offenbar zu Racheakten und Gewalttaten gegen muslimische Fulani. Allein am 24. Juni seien elf Männer auf einer Autobahn aus Autos gezogen und brutal getötet worden. Für die Polizei des Bundesstaates ist klar: Die Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken sind für diese Eskalation mitverantwortlich.
Ein neues Projekt will nun im Vorfeld der nigerianischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Februar 2019 gegen solche Falschinformationen ankämpfen.
Bei "CrossCheck Nigeria" sollen Journalisten von 16 verschiedenen Medien zusammenarbeiten, um Falschmeldungen aufzuspüren und zu widerlegen. Die Journalisten-Organisation "First Draft" hatte vor den dortigen Parlamentswahlen bereits ein ähnliches Projekt in Frankreich gestartet.
Leser können Gerüchte ab sofort per WhatsApp einschicken. Die Journalisten überprüfen sie anschließend und verbreiten das Ergebnis ihrer Faktenchecks.
Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht, wie notwendig das Projekt ist: Laut dem "Nieman Journalism Lab" hat allein Facebook in Nigeria 24 Millionen Nutzer im Monat. Auf diese Nutzer – und eine Vielzahl gefährlicher Falschinformationen – kommen demnach bislang nur drei Faktenchecker, die für Facebook-Kooperationspartner arbeiten und Falschmeldungen wiederlegen sollen.