Seit dem Antritt der populistischen Regierung zeigt Italien harte Hand in der Migrationsfrage. Im Juni verwehrte sie dem Rettungsschiff "Aquarius" der Ärzte ohne Grenzen erstmals die Einfahrt in einen Hafen. Auch andere Schiffe, die Menschen aus Seenot gerettet hatten, konnten über Tage hinweg nicht anlegen.
Nun hat Italiens Politik offenbar Folgen für das Prinzip der Seenotrettung insgesamt. Laut Ärzte ohne Grenzen beginnen andere Schiffe im Mittelmeer, Hilferufe von Ertrinkenden zu ignorieren. Gerettete an Bord der "Aquarius" hätten der Besatzung berichtet, dass sie vor der Rettung fünf Schiffe in der Nähe gesehen hatten – diese aber keine Hilfe leisteten.
Vor einigen Tagen hat die "Aquarius" 141 Migranten von Booten vor der libyschen Küste gerettet. Sie warten derzeit auf die Zuweisung eines sicheren Hafens. Das Schiff befand sich am Montag westlich von Malta. Italien sieht Großbritannien in der Pflicht, die Menschen aufzunehmen – schließlich fahre die "Aquarius" unter der Flagge Gibraltars, eines britischen Überseegebiets.
"Das Grundprinzip, Menschen in Seenot zu retten, ist bedroht", warnte Aloys Vimard, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. "Schiffe sind nämlich unter Umständen nicht mehr bereit, auf die Hilferufe zu reagieren, weil das Risiko zu hoch ist, dass ihnen ein nächstgelegener, sicherer Hafen verwehrt wird und sie alleingelassen werden." Die Rettungsmission der "Aquarius" ist ein Projekt von Ärzte ohne Grenzen in Zusammenarbeit mit der Hilfsorganisation SOS Mediterranée.
(jmt/dpa)