International
13.08.2018, 07:1113.08.2018, 08:43
Ein Jahr nach den tödlichen Protesten in
Charlottesville haben Rechtsextremisten in den USA eine empfindliche
Niederlage einstecken müssen: Zu einem vielbeachteten Aufmarsch vor
dem Weißen Haus in Washington unter dem Motto "Vereint die Rechte 2" erschienen nur wenige Dutzend Teilnehmer. Zugleich gingen Tausende
Gegendemonstranten auf die Straße – und ihr wütender Protest richtete
sich auch gegen US-Präsident Donald Trump.
Die Polizei musste die Extremisten mit einem massiven Aufgebot
von der U-Bahn zu der genehmigten Demonstration vor dem Weißen Haus
geleiten.
Sicherheitskräfte riegelten die Veranstaltung weiträumig ab und
vermieden somit Zusammenstöße zwischen den beiden Gruppen.

Bild: imago stock&people
Im Zuge der Demonstration "Vereint die Rechte" in Charlottesville
war es am 12. August 2017 zu schweren Ausschreitungen gekommen. Ein
Rechtsextremist steuerte ein Auto in eine Gruppe Gegendemonstranten.
Die 32-jährige Heather Heyer starb, viele Menschen wurden verletzt.
Damals waren weitaus mehr Rechtsextremisten aufmarschiert. Teile der
rechtsextremen Szene hatten sich vor dem Aufmarsch am Sonntag davon
distanziert und ihn als "destruktiv" kritisiert.
Am Sonntag störten Gegendemonstranten an der Absperrung die
rechte Veranstaltung mit Sprechchören wie "Geht nach Hause, Nazis" oder "Schande, Schande, Schande", wie ein dpa-Reporter berichtete.
Auf Transparenten war "Stoppt rassistische Angriffe" und "Nur ein
toter Faschist ist ein guter Faschist" zu lesen. Auf Bildern von
Trump stand in roten Lettern das Wort "Rassist", auf Plakaten wurde
die Ablösung Trumps und seines Stellvertreters Mike Pence gefordert.

Bild: imago stock&people
Wie verhasst Trump unter den Gegendemonstranten ist, bekam ein
Paar zu spüren, das sich auf diese Seite der Absperrung verirrte – und das im Partnerlook mit "Trump 2020"-T-Shirts für dessen
Wiederwahl warb. Als das Paar entdeckt wurde, kam es zu einem
Gerangel, das zu eskalieren drohte. Ordner aus den Reihen der
Gegendemonstranten mussten einen Ring um den Mann und die Frau bilden
und sie durch die aufgebrachte Menge zur Polizei eskortieren.
Auf dem rund fünfminütigen Weg zur Polizei wurden die beiden
Trump-Anhänger als "Nazis" beschimpft, geschubst, gestoßen, mit
Wasser übergossen und mit Plastikflaschen beworfen. Ein
Gegendemonstrant sprühte silberne Farbe auf die langen Haare des
Mannes. Die beiden Trump-Unterstützer blieben dabei friedlich.

Die Polizei sichert den Bereich, in dem die Rechten marschieren.Bild: imago stock&people
US-Präsident Donald Trump war nach dem tödlichen Protest vor
einem Jahr dafür kritisiert worden, die rechtsextreme Gewalt nicht
eindeutig verurteilt zu haben. "Ich denke, dass die Schuld auf beiden
Seiten liegt", hatte er damals gesagt. Es habe auf beiden Seiten auch "sehr gute Menschen" gegeben. Trump hatte damit Empörung ausgelöst – die unter seinen Kritikern bis heute anhält.
Vor dem Jahrestag hatte der US-Präsident am Samstag zwar auf
Twitter mitgeteilt, er verurteile "alle Formen von Rassismus und
Gewalttaten". David Barrows (71), der am Sonntag gegen die Rechten
auf die Straße ging, meinte dazu allerdings: "Er lügt." Auf Barrows
T-Shirt prangte die Aufschrift "Trump ist ein rassistisches Schwein".
Die Demonstrantin Alex Bloomfield (28) sagte zu Trumps Aussage: "Das
ist Bullshit. Er sagt das, weil er das sagen muss."

Bild: imago stock&people
Deutlicher als Trump – dessen Tweet man wieder so lesen könnte,
dass er die Gewalt von links womöglich mit der von rechts gleichsetzt – bezog seine Tochter Ivanka Trump Stellung gegen Rechtsextremismus.
Sie schrieb auf Twitter: "In unserem großartigen Land gibt es keinen
Platz für weiße Vorherrschaft, Rassismus und Neonazismus."
Trump selber war während des rechten Aufmarschs nicht im Weißen
Haus, sondern machte Urlaub in einem seiner Golfresorts – er wurde
erst am Montag wieder zurück in Washington erwartet. Das Thema
Rassismus dürfte ihm erhalten bleiben. Der Sender CBS veröffentlichte
am Jahrestag der Proteste von Charlottesville eine Umfrage, wonach 58
Prozent der Amerikaner seinen Umgang mit dem Thema missbilligen, nur
41 Prozent heißen es gut. 61 Prozent der Befragten sind der Ansicht,
dass Rassenspannungen im vergangenen Jahr zugenommen haben.
(sg/dpa)
Friedrich Merz ist Kanzlerkandidat für die Union. Anfang der 2000er musste er sich in einem jahrelangen Machtkampf mit Angela Merkel geschlagen geben und verschwand für lange Zeit von der politischen Bühne. Erst 2018 kehrte er zurück – mit großen Ambitionen.