Der Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2024 liegt mittlerweile mehr als zwanzig Monate zurück. Dabei wurden etwa 1200 Menschen ermordet. Laut Erhebungen der Vereinten Nationen wurden bei den anschließenden Angriffen Israels auf den Gazastreifen mindestens 54.000 Menschen getötet und 125.000 Menschen verletzt.
Immer weiter spitzt sich die Lage in dem Küstenstreifen zu, Hilfsorganisationen warnen seit Wochen vor einer akuten Hungerkatastrophe. Israel blockierte wochenlang den Zugang zu Hilfslieferungen.
Nach eigenen Angaben soll durch den restriktiven Zugang verhindert werden, dass sich die Terrororganisation Hamas die Hilfslieferungen aneignet.
Das Vorgehen Israels stößt international auf immer stärkere Kritik. "Wir sollen mehr tun, mehr zulassen – aber genau das tun wir und lassen bereits mehr Hilfsgüter nach Gaza. Derzeit scheitert die UN daran, diese zu verteilen", sagt der israelische Außenminister Gideon Saar im Gespräch mit dem "Tagesspiegel".
Die Uno und große Hilfsorganisationen verweigern die Kooperation mit der Gaza Humanitarian Foundation (GHF). Sie wurde Anfang des Jahres von den USA und Isreal mit der Koordination der Hilfslieferungen betraut. Andere Organisationen werfen ihr vor, sich nach den Plänen der israelischen Armee auszurichten.
"Wir hören dafür viele Ausreden. Ich weiß manchmal nicht, was die UN will: Geht es ihr wirklich darum, den Menschen in Gaza zu helfen oder ist es ihr wichtiger, Israel in eine Ecke zu stellen?", kritisierte Saar.
Trotzdem wolle seine Regierung an den Hilfslieferungen festhalten.
In Bezug auf den Vorwurf, Israel würde im Gazastreifen einen Genozid vorantreiben, reagierte der Außenminister ebenfalls mit Gegenvorwürfen. "Dass ein Genozid stattfindet, ist eine Lüge", stellte er zunächst klar.
Saar verwies anschließend auf Menschenrechtsverletzungen in Israels Nachbarländern. "Aber sagen die Europäer etwas dazu? Es gibt keine Kritik, keine Sanktionen, nichts. Da liegt ein leichter Geruch von Doppelstandards in der Luft", sagte er dem "Tagesspiegel".
Der Politiker kritisierte, dass ein Waffenembargo gegen Israel diskutiert wird, obwohl sein Land sich noch immer in einer heftigen Bedrohungslage befinde. "Genau genommen sind es keine doppelten, sondern dreifache Standards: einer für Demokratien, einer für Diktaturen – und ein ganz besonderer für Israel", merkte er an.
Die Beziehung zu Deutschland bezeichnete Saar dennoch weiterhin als freundschaftlich. In der vergangenen Woche war der deutsche Außenminister Johann Wadephul zu einem Besuch nach Israel gereist. Nach Angaben Israels ist nun auch Bundeskanzler Friedrich Merz eingeladen.