Saudi-Arabien bestätigt: Khashoggi wurde getötet – was ihr jetzt wissen müsst
Saudi-Arabien hat bestätigt, was die Welt seit Tagen vermutete: Der
Journalist Jamal Khashoggi ist im Istanbuler Konsulat getötet worden.
Riad erklärte, es sei zu einem Streit gekommen.
20.10.2018, 08:13
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Traurige Gewissheit: Mehr als zwei Wochen nach dem mysteriösen
Verschwinden des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hat
Saudi-Arabien den Tod des Regimekritikers eingeräumt.
Die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa berichtet am späten
Freitagabend
Vorläufige
Ergebnisse hätten gezeigt, dass es zwischen Khashoggi und mehreren
Personen im Istanbuler Konsulat zu einem tödlichen Streit gekommen sei
18 saudische Staatsangehörige seien festgenommen worden,
darunter auch der Vizechef des Geheimdienstes. Die Ermittlungen zu der
"bedauerlichen und schmerzhaften" Entwicklung liefen.
Mit der Stellungnahme versucht die saudische Regierung offenbar,
Kronprinz Mohammed bin Salman aus der Schusslinie zu nehmen. Eine
Verbindung zu der Tat könnte dem 33-jährigen starken Mann des
Wüstenstaates, der unter heftigem Druck steht, sehr schaden. Saudische
oder den Saudis nahe stehende Medien berichteten unter Verweis auf
Sicherheitskreise dann auch, der Thronfolger habe von einer Operation im
Konsulat nichts gewusst.
War Trumps Druck entscheidend?
Das Eingeständnis aus Riad dürfte auch auf wachsenden Druck von
US-Präsident Donald Trump zurückgehen, einem der wichtigsten Verbündeten
des Königshauses. Trump hatte zuletzt eine "schwere Bestrafung" für den
Fall angekündigt, dass Saudi-Arabien für den Tod Khashoggis
verantwortlich sein sollte.
Trump begrüßte die Festnahmen in Saudi-Arabien, hält den Fall aber noch
nicht für restlos aufgeklärt.
Trump sagte am Freitagabend:
"Es ist nur ein erster Schritt, aber es
ist ein großer erster Schritt"
Trump wollte keine öffentlichen Zweifel an der offiziellen Darstellung
Saudi-Arabiens zum Tod Khashoggis äußern, betonte aber auch: "Wir haben
einige Fragen." Er wolle deshalb mit Kronprinz Mohammed bin Salman
sprechen.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte sich "zutiefst beunruhigt"
zum Tod Kashoggis und kondolierte der Familie des Journalisten. "Der
Generalsekretär verweist auf die Notwendigkeit einer sofortigen,
gründlichen und transparenten Untersuchung der Todesumstände", sagte
sein Sprecher Stephane Dujarric. Zudem müssten die Verantwortlichen zur
Rechenschaft gezogen werden.
Khashoggi verschwand am 2. Oktober
Der im US-Exil lebende Regierungskritiker Khashoggi hatte am 2. Oktober
das saudische Konsulat in Istanbul betreten, um Papiere für seine
Hochzeit mit einer Türkin abzuholen. Er ist seitdem
verschwunden. Türkische Regierungs- und Geheimdienstkreise streuten die
These, dass Khashoggi im Konsulat getötet worden sei. Riad hatte diese
Vorwürfe bis jetzt vehement bestritten. Der Journalist hatte auch
Kolumnen für die "Washington Post" verfasst.
Spa zufolge war "der Verdächtige" – dessen Identität nicht aufgeklärt
wird – nach Istanbul gereist, um Khashoggi zu treffen. Es habe Anzeichen
gegeben, dass dieser möglicherweise zurück nach Saudi-Arabien
zurückgehen werde. Das Treffen im Konsulat allerdings sei nicht wie
erwartet verlaufen und endete in Khashoggis Tod. Die Täter hätten danach
versucht, die Tötung zu vertuschen. Türkische Ermittler gingen von
einem 15-köpfigen saudischen Spezialkommando aus, das für den Mord an
dem dem Journalisten in die Türkei reise.
15. Oktober: Ein türkischer
Forensiker untersucht das Konsulat Saudi-Arabiens nach Spuren für das
Verschwinden von Jamal Khashoggi.reuters
Am Freitag hatte die türkische Staatsanwaltschaft Angestellte des
saudischen Konsulats als Zeugen vorgeladen. Die staatliche
Nachrichtenagentur Anadolu meldete, es handele es sich um 15 Türken,
unter ihnen ein Fahrer, ein Buchhalter und ein Techniker des Konsulats.
Gleichzeitig hielt die Regierung in Ankara angeblich existierende
Beweise für den Mord weiter unter Verschluss. Außenminister Mevlüt
Cavusoglu sagte am Freitag, dass die Türkei die seit Tagen von
Regierungsmitgliedern anonym zitierten Audiobänder von der angeblichen
Ermordung des saudischen Regimekritikers bisher nicht an die USA
weitergegeben habe.
Vor dem saudischen Konsulat: Am
Tag nach dessen Verschwinden wartet die Verlobte von Jamal Khashoggi auf
die Rückkehr des Journalisten.reuters
Medienberichten zufolge soll auf den Bändern zu hören sein,
wie Khashoggi gefoltert und ermordet wird. Laut US-Medien wurde Pompeo
bei einem Besuch in Ankara am Mittwoch eine entsprechende Audioaufnahme
vorgespielt und eine Abschrift vorgelegt. Pompeo bestritt dies aber.
Trump hatte zuvor gefordert, die Audioaufnahme zu bekommen, "wenn sie
existiert".
Das Weiße Haus äußerte sich in einer ersten Stellungnahme nicht zu
möglichen Konsequenzen für Saudi-Arabien. In einer Mitteilung hieß es am
Freitagabend: "Die Vereinigten Staaten nehmen die Mitteilung des
Königreichs Saudi-Arabien zur Kenntnis, dass seine Ermittlungen zum
Schicksal von Jamal Kashoggi voranschreiten und dass es gegen die
bislang identifizierten Verdächtigen vorgeht."
Die US-Senatoren haben Zweifel
Der republikanische US-Senator Lindsay Graham meldete unterdessen
Zweifel an der Darstellung an. "Es wäre eine Untertreibung zu sagen,
dass ich der neuen saudischen Schilderung zum Tod Herrn Khashoggis
skeptisch gegenüberstehe", teilte Graham auf Twitter mit. Der
US-Kongressabgeordnete Eric Swalwell forderte Saudi-Arabien auf, den
Verbleib der Leiche Khashoggis aufzuklären.
Saudi-Arabien hatte seine Gangart mit Kritikern in den vergangenen
Jahren deutlich verschärft. Unter der rigiden Herrschaft von Kronprinz
Mohammed bin Salman wurden zahlreiche Aktivisten, Kleriker,
Geschäftsleute oder Frauenrechtler eingesperrt. Auch im Ausland
verschwanden nach Medienberichten mindestens drei kritische Angehörige
der Königsfamilie. Es gibt Hinweise darauf, dass sie ins Königreich
verschleppt wurden.
Auch außenpolitisch tritt die Monarchie unter dem Thronfolger deutlich
aggressiver auf. Er gilt unter anderem als Initiator der Blockade des
Nachbaremirats Katar von 2017, der Festsetzung des libanesischen
Ministerpräsidenten Saad Hariri vergangenes Jahr und der Eskalation im
Jemen-Krieg mit Zehntausenden Toten.
(mbi/dpa/afp/reuters/tol)
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