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"Die Linke": Was Luke Hoß als jüngster Abgeordneter im Bundestag will

Luke Hoß ist wegen seines Alters viel im Gespräch.
Luke Hoß ist wegen seines Alters viel im Gespräch.Bild: Die Linke / Rebekka Amann
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Von Grün zu Links: Luke Hoß ist der jüngste Abgeordnete im Bundestag

19.03.2025, 11:19
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Wo warst du mit 23? Im Auslandssemester vielleicht, knutschend zwischen Examensvorbereitung und Erasmus-Crush? Oder beim Umzug in die beste WG aller Zeiten? Vielleicht hast du sogar schon deinen ersten Vollzeit-Job angefangen.

Luke Hoß ist im September ebenfalls 23 Jahre alt geworden – sein erster Vollzeit-Job ist aber alles andere als durchschnittlich. Hoß ist seit 2023 Mitglied bei den Linken, nur ein gutes Jahr später ist er als jüngster Abgeordneter in den Bundestag eingezogen.

Warum aber hat er sich für den Plenarsaal entschieden? Watson hat sich mit Luke Hoß getroffen und wollte herausfinden, was einen 23-Jährigen in die Politik treibt.

Am Anfang war es vor allem das Klima, erzählt der gebürtige Baden-Württemberger. Im Bundestagswahlkampf 2021 spielten die Klimathemen noch eine größere Rolle als jetzt, "Fridays for Future" war öffentlich sehr sichtbar. "Die Klimakrise hat mich enorm politisiert", erinnert sich der Abgeordnete.

Luke Hoß: politisch sozialisiert bei den Grünen

Damals – es war für Luke Hoß die allererste eigene Wahl – habe er in den Grünen eine Kraft gesehen, die sich am meisten für Klimaschutz einsetzt. Weil er auch selbst politisch aktiv werden wollte, trat er zu Beginn seines Rechtsstudiums in Passau der Grünen Jugend bei.

Es passt ins stereotype Bild, das er heute abgibt: Luke Hoß sitzt während des Gesprächs an diesem Nachmittag mit weißen Kopfhörern im Ohr vor seinem Laptop. Er spricht bedacht, aber eindringlich vom Erstarken des Faschismus. Er trägt einen Schnurrbart, wie ihn gerade gefühlt alle Gen-Z-ler haben und erzählt von seiner neuen WG in Berlin. Ein Grüner, wie er im Buche steht also?

Eher nicht. "Das war nur ein relativ kurzer Ausflug", erzählt Hoß im Gespräch mit watson. Er jedenfalls wisse heute, dass das Wahlprogramm der Linken in puncto Klimaschutz weiter gehe als das der Grünen. "Der Kampf für Humanität und gegen rechts ist bei den Grünen leider etwas untergegangen", ergänzt er. Deshalb sei er bei den Grünen ausgetreten und ist heute Linken-Bundestagsabgeordneter.

Warum Luke Hoß für Sozialpolitik steht

Humanität und Sozialpolitik sind Hoß ein großes Anliegen. Er selbst wuchs bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, die sich in seiner Kindheit für das gemeinsame Leben "für einen Hungerlohn" kaputt gearbeitet habe, wie er es ausdrückt. Eine solche Perspektive hebe ihn von den anderen Abgeordneten im Bundestag klar ab.

"Im Gegensatz zur großen Mehrheit der Parlamentarier kenne ich die Lebensrealitäten der Menschen, die ich hier eigentlich vertreten soll", sagt er kämpferisch.

Zu diesem Bild passen auch die ersten Schlagzeilen um Hoß nach der Wahl: dass er auf einen Großteil seines Gehalts verzichten will.

Von der üblichen Diät von aktuell 11.227,20 Euro möchte der Abgeordnete nur 2500 Euro monatlich für sich beanspruchen. Den Rest will er an die Partei zurückgeben und an soziale Initiativen wie die Ratgeberstunde der Linken in Passau spenden.

Auch die Linken-Vorsitzenden Ines Schwerdtner und Jan van Aken hatten mit ihrem Amtsantritt verkündet, nur das Gehalt von deutschen Durchschnittsverdiener:innen behalten zu wollen.

Dass die Diäten im Bundestag im Sommer 2025 erhöht werden sollen, empfindet Hoß in diesem Zusammenhang als Skandal. "Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die jeden Tag hart kämpfen müssen, um über die Runden zu kommen", sagt er.

Jüngster Abgeordneter äußert Kritik an Fahrdienst im Bundestag

Der jüngste Abgeordnete im neuen Bundestag hat den Kampf gegen die Eliten sichtlich verinnerlicht. Als größte Überraschung im neuen Job bezeichnet er im Gespräch mit watson den Fahrdienst, den der Bundestag rund um die Uhr für Abgeordnete zur Verfügung stellt.

Theoretisch könne Hoß sich also jederzeit ein Auto bestellen, das ihn zum nächsten Supermarkt fährt. "Das kann ich einfach nicht nachvollziehen, warum das vom Steuerzahler übernommen wird", meint er kopfschüttelnd. Er selbst hätte das noch nicht in Anspruch genommen.

Als größtes Herzensthema für die kommende Legislatur nennt Hoß – wenig überraschend – den Mietendeckel. "Der liegt uns einfach allen persönlich sehr stark am Herzen, weil das Problem so präsent ist", betont er und erzählt, dass ihm das auch im Haustürwahlkampf viel gespiegelt worden sei.

Auf die Frage, ob die Linke fähig sei, dieses oder andere Kernthemen noch im ersten Jahr durch den Bundestag zu bringen, gerät aber auch Hoß ins Stocken. "Aus der Opposition heraus?", fragt er ungläubig.

Begegnung mit Gregor Gysi bringt Luke Hoß zum Schmunzeln

Für ihn persönlich dürften nun aber ohnehin erst einmal andere Herausforderungen anstehen. Aufgeregt vor seiner ersten Rede im Bundestag sei er zwar nicht. Beinahe verteidigend merkt er an, dass er schließlich auch schon auf Parteitagen Reden gehalten habe. "Aber ich habe noch nie vor 20 Prozent Faschisten geredet, das ist nochmal ein anderes Level", gibt Hoß zu bedenken.

Auf Social Media folgen ihm bisher knapp 4000 Menschen. Dort gibt er sich bürgernah, erklärt in kurzen Reels Probleme aus seiner Heimat Passau oder lädt zu Mario-Kart-Turnieren und Pub-Quizzen ein.

Es bleibt abzuwarten, mit welcher Haltung sich Luke Hoß im Bundestag während der kommenden Jahre ein Gesicht macht. Im Gespräch mit watson hält er sich bei vielen Themen bedeckt, bleibt klar auf der Schiene der linken Wahlkampfthemen.

In der Partei und auch medial hat ihm sein Alter eine gewisse Aufmerksamkeit beschert. Schmunzelnd erzählt Hoß von seiner ersten Begegnung mit Linken-Oldie Gregor Gysi vor wenigen Tagen. "Da hat er mich gefragt, wie alt ich bin." Dass gerade das eigentlich eher konservative Bayern auch von einem jungen Linken vertreten wird, nahm Gysi demnach mit Freude zur Kenntnis. Wie viel diese junge Linke bewegen kann, bleibt abzuwarten.

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