Laut russischen Angaben hat die Ukraine seit Anfang September zwei groß angelegte Drohnenangriffe durchgeführt, auch in Kursk.Bild: imago images / KIRILL CHUBOTIN
Russland
Während die Ukraine auf die Freigabe westlicher Langstreckenwaffen wartet, setzt das Land zunehmend auf selbstgebaute Drohnen. Diese sind nicht nur günstiger, sondern auch flexibel und effektiv im Einsatz. Die massive Nutzung davon hat sich für Kiew zu einem wichtigen taktischen Element entwickelt, um die russische Infrastruktur anzugreifen. Vor allem die, die entscheidend für die Stromversorgung der russischen Kriegsmaschinerie ist.
Angriffe auf wichtige Ziele wie Ölraffinerien, Munitionsdepots und Flugplätze belasten die russische Verteidigung erheblich – und viele Drohnen erreichen ihre Ziele trotz umfassender Luftabwehrsysteme. Ein Problem für die russische Verteidigung, das bald noch größer werden könnte. Davon sind jedenfalls mehrere Expert:innen überzeugt.
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Ukraine-Krieg: Angriffe mit Drohnen auf Russland werden häufiger
Die Strategie der Ukraine, vermehrt selbstproduzierte Drohnen einzusetzen, stellt die russische Luftverteidigung vor zunehmende Herausforderungen. "Trotz Russlands umfassender Luftverteidigungsfähigkeiten gibt es Grenzen für den Schutz aller Ziele", erklärt Mattias Eken, Verteidigungsexperte bei RAND Europe im "Kyiv Independent".
Laut russischen Angaben hat die Ukraine seit Anfang September zwei groß angelegte Drohnenangriffe durchgeführt. Bei einem Angriff kamen 144 Drohnen zum Einsatz, bei einem weiteren 158. Dabei wurde unter anderem die Oblast Moskau getroffen, wo es in der Stadt Ramenskoje zu Schäden an einem Wohnhaus kam. Eine 46-jährige Frau starb, drei weitere Zivilist:innen wurden verletzt, so der Gouverneur der Oblast, Andrej Worobjow.
Bachmut: Ukrainische Soldaten starten eine Drohne auf russische Stellungen.Bild: AP / Libkos
Besonders die Region Brjansk wurde bei den Angriffen schwer getroffen, wo russische Luftabwehreinheiten 72 Drohnen abschossen. Auch in den Regionen Moskau und Kursk wurden zahlreiche Drohnen abgefangen.
Kiew hat sich bisher weder zu den Angriffen bekannt, noch diese kommentiert.
Russland: Luftverteidigung ächzt unter Druck ukrainischer Drohnen
Die zunehmenden Drohnenangriffe zeigen vor allem eines: dass die russische Luftverteidigung trotz ihrer modernen Systeme Schwierigkeiten hat, alle Bedrohungen abzuwehren. "Wenn die Ukraine den Druck auf russische Industrie- und Militärstandorte aufrechterhält, wird das erhebliche Auswirkungen auf die russische Kriegsführung haben", ist Samuel Bendett vom Center for a New American Security überzeugt, wie er der Zeitung erklärt.
Russische Luftabwehrsysteme wie Pantsir S1 und Tunguska haben demnach möglicherweise Probleme, kleine und langsame Ziele wie Drohnen zu erkennen. Diese werden oft erst in unmittelbarer Nähe – drei bis vier Kilometer – erfasst, was nahe der minimalen Reichweite für Raketen liegt. Obwohl einige dieser Systeme mit Schnellfeuerkanonen ausgestattet sind, ist ihre Wirksamkeit gegen kleine Drohnen umstritten.
Die Ukraine hat ihre Drohnenproduktion seit Beginn der Invasion erheblich ausgebaut. Durch staatliche Anreize, Vereinfachung, bürokratische Verfahren und internationale Unterstützung hat sich der Drohnenmarkt schnell entwickelt. Nach Angaben von Mykhailo Fedorov, Minister für digitale Transformation, kann die Ukraine mittlerweile "mehr als eine oder zwei Millionen Drohnen pro Jahr" produzieren.
Doch auch die russische Verteidigung schläft nicht.
Russland muss auf ukrainische Drohnen-Angriffe reagieren
Russland hat begonnen, seine Luftabwehreinheiten umzustrukturieren. Mobile Einheiten sollen laut Bendett künftig flexibler auf Drohnenangriffe reagieren können. Außerdem plant das russische Verteidigungsministerium demnach den Einsatz mobiler großkalibriger Maschinengewehre und leichterer Luftabwehrkanonen, die auf Fahrzeugen montiert werden sollen. Bendett betont, dass Russland dabei auch Taktiken der Ukraine kopiere.
Es gibt laut "Kyiv Independent" zudem Forderungen nach Freiwilligeneinheiten, die den Himmel überwachen und Drohnen aufspüren sollen, wie es in der Ukraine bereits der Fall ist. Eine solche Zusammenarbeit zwischen Militär und Zivilgesellschaft sei in Russland jedoch noch nicht etabliert und würde Zeit benötigen.
Russische Expert:innen gehen der Zeitung zufolge davon aus, dass das Land seine Radartechnologie modernisieren muss, um der zunehmenden Bedrohung durch kleine Drohnen wirksam zu begegnen. Systeme, die optische und akustische Erkennung integrieren, könnten in Zukunft Drohnen zuverlässiger erfassen.
Auch die Entwicklung neuer Anti-Drohnen-Munition und die Nutzung von Mikrowellen- oder Lasertechnologie könnten in den nächsten Jahren in Russland eingesetzt werden. Allerdings sei die russische Verteidigungsindustrie bereits durch den Krieg stark beansprucht, sagt Eken.
Boris Pistorius (SPD) ist seit Januar 2023 Bundesverteidigungsminister unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er gilt als einer der beliebtesten Politiker Deutschlands.