Politik
watson antwortet

Ukraine-Krieg: Ergebnisse der Russland-Gespräche in Istanbul

Russian and Ukrainian delegations attend talks at the Dolmabache palace, in Istanbul, Turkey, Friday, May 16, 2025. (Ramil Sitdikov, Sputnik Pool Photo via AP)
Im Dolmabache-Palast in Istanbul trafen die russische und die ukrainische Delegation aufeinander. Bild: Pool Sputnik / Ramil Sitdikov
watson antwortet

Ukraine und Russland treffen sich in Istanbul: So liefen die Verhandlungen

Zum ersten Mal seit drei Jahren trafen am Freitag russische und ukrainische Delegationen für Gespräche aufeinander. Ein Überblick zu den Ergebnissen der Verhandlungen.
16.05.2025, 16:4216.05.2025, 16:42
Mehr «Politik»

Nach etwas mehr als 90 Minuten waren die Gespräche im Dolmabache-Palast in Istanbul beendet. "Das Treffen ist vorbei", meldeten Kreise des türkischen Außenministeriums.

Ein hochrangiger ukrainischer Regierungsvertreter bezeichnete es jedoch als "möglich", dass im Laufe des Tages noch eine zweite Gesprächsrunde mit den Russen anvisiert werden könnte. Bislang sei aber kein weiteres Treffen geplant, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Es waren die ersten direkten Gespräche zwischen der Ukraine und Russland seit mehr als drei Jahren. Eine Annäherung bei der Frage einer Waffenruhe zwischen den Kriegsparteien gab es dabei aber offenbar nicht.

Was haben Russland und die Ukraine vereinbart?

Vertreter:innen von Russland und der Ukraine haben am Freitag einen massiven Gefangenenaustausch vereinbart. In den kommenden Tagen wollten beide Seiten jeweils 1000 Kriegsgefangene austauschen, sagte der russische Verhandlungsführer bei dem Treffen in Istanbul, Präsidentenberater Wladimir Medinski. Der ukrainische Verhandlungsführer Rustem Umerow bestätigte den geplanten Austausch.

In Bezug auf eine mögliche Waffenruhe konnten sich die beiden Länder aber offenbar nicht einigen. Ein ukrainischer Regierungsvertreter sagte am Freitag, die russische Seite habe "inakzeptable" Forderungen gestellt, um die Gespräche scheitern zu lassen.

Unter anderem habe Russland gefordert, dass Kiew zuvor ukrainische kontrollierte Gebiete abtreten solle. Von russischer Seite lagen zunächst keine Angaben zum Verhandlungsverlauf vor. Die ukrainische Seite war mit der Forderung nach einer Waffenruhe "ohne Vorbedingungen" in die Gespräche gegangen.

Wer war bei dem Treffen in Istanbul dabei?

Die Erwartungen an die Gespräche waren von vornherein eher gering gewesen, da der russische Präsident Wladimir Putin nicht selber angereist war und nur eine relativ niedrigrangige Delegation entsandt hatte. Verhandlungsführer Medinski gilt in den Augen von westlichen Beobachter:innen nicht als Schlüsselfigur in Putins Umfeld.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte die Zusammensetzung der russischen Delegation scharf. Er warf Moskau vor, die Gespräche über eine Feuerpause "leider nicht ernst genug" zu nehmen.

Die ukrainische Delegation wurde von Verteidigungsminister Rustem Umerow angeführt.

Neben Vertreter:innen der beiden Kriegsparteien waren auch türkische Vertreter:innen bei den Gesprächen anwesend, unter ihnen Außenminister Hakan Fidan. Der türkische Chefdiplomat plädierte zum Auftakt für eine rasche Waffenruhe. Jeder Tag der Verzögerung bedeute, dass es "neue Verluste von Menschenleben" gebe, sagte Fidan.

In this handout photo released by Turkish Foreign Ministry, from left, Ukraine's Foreign Minister Andrii Sybiha, U.S. Secretary of State Marco Rubio, Turkish Foreign Minister Hakan Fidan and Ukra ...
Die türkische und die ukrainische Delegation auf dem Weg zu den Verhandlungen. Bild: Turkish Foreign Ministry / Turkish Foreign Ministry

Obwohl vor allem der Druck von US-Präsident Donald Trump zu den Verhandlungen geführt hatte, waren keine Vertreter:innen der Vereinigten Staaten dabei.

Wie geht es jetzt im Ukraine-Krieg weiter?

Der türkische Diplomat Fidan bezeichnete es als "sehr wichtig", dass die jetzigen Gespräche zur "Grundlage" für ein späteres Treffen zwischen Selenskyj und Putin würden. Die ukrainische Seite hatte bereits im Vorfeld angekündigt, dass sie ein Treffen der beiden Regierungschefs zum Thema der Gespräche machen wolle.

Nato-Generalsekretär Mark Rutte sagte bei einem Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft in der albanischen Hauptstadt Tirana an den russischen Präsidenten gewandt: "Der Ball ist eindeutig in seinem Feld."

Selenskyj forderte unterdessen eine "starke Reaktion" gegen Russland, falls die Gespräche scheitern sollten. "Sollte sich herausstellen, dass die russische Delegation wirklich nur Theater spielt und heute keine Ergebnisse liefern kann, muss die Welt reagieren", sagte der ukrainische Präsident in Tirana.

Der Kreml hingegen nennt ein baldiges Treffen zwischen Putin und US-Präsident Donald Trump "zweifellos notwendig". Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, die Kontakte zwischen Putin und Trump seien "im Zusammenhang mit der Lösung der Ukraine-Krise äußerst wichtig".

Wie reagiert die Welt auf die Gespräche in Istanbul?

US-Außenminister Marco Rubio war gemeinsam mit anderen Regierungsvertreter:innen nach Istanbul gereist. Rubio hatte aber im Vorfeld die Erwartungen an die Verhandlungen gedämpft. Er sehe einen Durchbruch nicht, bevor Trump und Putin sich nicht von "Angesicht zu Angesicht gegenüber sitzen".

Trump selbst sagte am Freitag bei einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten, er wolle sich so bald wie möglich mit Putin treffen. Die ukrainische Seite kritisiert, dass die Russen auf einen Ausschluss der USA von den direkten Gesprächen hingearbeitet hätten.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nannte die Gespräche in Istanbul dennoch "ein sehr kleines, aber erstes positives Signal". Der Kanzler betonte in Tirana, die Europäer:innen müssten weiter mit der US-Regierung zusammenarbeiten. Zugleich sprach er sich für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine aus.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Freitag weitere Sanktionen gegen Moskau an. Großbritanniens Regierungschef Keir Starmer erklärte, sollte es keine Waffenruhe geben, werde man bei Sanktionen gemeinsam handeln.

Wie von der Leyen mitteilte, soll das neue EU-Paket unter anderem die Wiederaufnahme des Betriebs der Nord-Stream-Gaspipelines verhindern. Zudem sind eine Senkung des Preisdeckels für russisches Öl sowie weitere Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor und gegen Schiffe der russischen Schattenflotte geplant.

Die möglichen Sanktionen gegen Nord Stream sollen nach Angaben der EU-Kommission vor allem Investoren davor abschrecken, auf eine erneute Nutzung nach einem möglichen Friedensdeal zu setzen. Operativ hätten sie derzeit keine Konsequenzen, da durch die Röhren in der Ostsee derzeit ohnehin kein Gas nach Europa fließt.

(mit Material der AFP)

USA: Trump-Team irritiert bei Verhandlungen mit Russland
Die US-Regierung unter Donald Trump will alles anders machen und schmeißt mit großer Leidenschaft allerlei Standards und Uralt-Routinen über Bord. Trotz dieser nicht neuen Tendenz machen einige Einspar-Maßnahmen dann doch sprachlos.

Donald Trump möchte alles effizienter machen. Raus mit allem, das der exzentrische US-Präsident nicht mag. Dabei kann es sich auch um elementare Mitarbeiter des Gesundheitssystems handeln, um humanitäre Hilfen, die in anderen Ländern Menschenleben retten oder um Gesetze, die demokratische Grundrechte sichern.

Zur Story