Der Krieg in Syrien spitzt sich wieder zu. Es sind die schwersten Kämpfe zwischen islamistischen Rebellen und Regierungstruppen seit Jahren. Aktivist:innen der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte melden 231 Tote innerhalb von nur zwei Tagen.
Demnach hätten 80 von ihnen zu den Regierungstruppen gehört. Bei den übrigen Toten soll es sich um islamistische Aufständische handeln. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.
Der Konflikt brach wieder auf, nachdem ein islamistisches Bündnis Stellungen der syrischen Streitkräfte unter anderem mit Artilleriefeuer angegriffen hatte. Die Armee reagierte mit Luftangriffen auf militärische Ziele der extremistischen islamistischen Organisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die als eine der stärksten bewaffneten Gruppen in der Region gilt. Laut den Aktivist:innen seien aber auch Wohngebiete getroffen worden.
Laut CNN behaupten die Rebellen, in Aleppo eingedrungen zu sein. Es ist das erste Mal, seitdem die Regierungstruppen die zweitgrößte Stadt des Landes im Jahr 2016 zurückerobert hatten. Eine politische Lösung für den Konflikt ist nicht in Sicht.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Krieg in Syrien liefert watson hier im Überblick.
Der Konflikt begann im März 2011. Damals hatte es eine Welle von Protesten gegen das langjährige Regime von Präsident Bashar al-Assad gegeben. Vor allem junge Menschen stellten sich gegen das Regime.
Die Demonstrationen wurden gewaltsam niedergeschlagen, was zu einer Eskalation führte. Oppositionsgruppen organisierten sich und griffen zu den Waffen: Der Konflikt verwandelte sich in einen bewaffneten Bürgerkrieg.
Die Ursachen sind vielschichtig und umfassen politische Unterdrückung, wirtschaftliche Probleme, soziale Spannungen und ethnische wie religiöse Differenzen. So stehen etwa die muslimischen Gemeinschaften Alawiten und Schiiten feindlich den Sunniten gegenüber.
Krieg wurde mit den Jahren immer komplexer, auch, weil verschiedene inländische und ausländische Akteure involviert waren. Regimekräfte, Rebellen, extremistische Gruppen und ausländische Mächte kämpften auf verschiedenen Seiten, darunter auch Russland und die USA.
Der Iran unterstützt gemeinsam mit Russland im Konflikt die syrischen Regierungstruppen. Die Türkei wiederum steht hinter den Rebellen der HTS. Der Nahostexperte Savash Porgham warnte deshalb auf X vor einem möglichen Konflikt zwischen dem Iran und der Türkei.
"Die Angriffe von HTS und dschihadistischen Gruppen auf Stellungen der syrischen Armee in Aleppo verschärfen die Krise zwischen dem Iran und der Türkei in dieser Region", schrieb er. "Die iranischen Staatsmedien veröffentlichen sehr scharfe Berichte gegen die Türkei."
Hinter den Angriffen stecke das Ausland, schreibt etwa das staatlich-iranische "Press TV". "Eine Koalition aus vom Ausland unterstützten Terrorgruppen und Anti-Damaskus-Kämpfern hat einen Großangriff auf syrische Militärstellungen in der nordwestlichen Provinz Aleppo gestartet", heißt es dort. "Die Streitkräfte des arabischen Landes lieferten sich eine tödliche Konfrontation, um den Großangriff abzuwehren."
Porgham vermutet, dass die Türkei die unruhige Lage im Libanon, in Palästina und zwischen dem Iran und Israel ausnutzen wolle. Ankara versuche den syrischen Machthaber Assad so zu Verhandlungen zu zwingen.
Laut "Frankfurter Rundschau" will die Türkei etwa ein Ende des Krieges herbeiführen, um weitere syrische Geflüchtete zu vermeiden. Gleichzeitig besetzt die Türkei immer noch Gebiete in Nord- und Ostsyrien und hat dort mehrere Militärposten errichtet.
Seit 2015 unterstützt Russland die syrischen Regierungstruppen. Damals war die Begründung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, man wolle beim Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) mithelfen.
Sicherheitsexpert:innen, wie etwa Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik, vermuten allerdings auch andere Motive. Russland sei es zunächst darum gegangen, den angeschlagen Machthaber Assad zu stützen. Außerdem habe Putin ein militärisches Signal senden wollen, sagte Kaim dem Deutschlandfunk.
Bis heute unterstützt Russland das Assad-Regime militärisch. In der aktuellen Lage soll Russland unter anderem mit Kampfjets 63 Angriffe auf Stellungen in Idlib und im Umland von Aleppo geflogen haben.
Wie die zukünftige Unterstützung Russlands aussähe, sollte der Krieg in Syrien erneut ein größeres Ausmaß annehmen, ist derzeit unklar. Schließlich ist der Kreml enorm "eingespannt" mit seinem brutalen Angriffskrieg in der Ukraine seit mehr als zwei Jahren.
(Mit Material von dpa)