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Asylstreit zwischen CDU und CSU: Der Konflikt geht weiter

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Unionsstreit: Die Party ist vorbei. Der Kater kommt im Juli. Garantiert

18.06.2018, 10:2319.06.2018, 07:15
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Die Party ist vorbei. Der Kater kommt im Juli. Bis dahin hat Angela Merkel Zeit, die Migrationsfrage europäisch zu lösen. Diese Frist gewährte ihr die CSU. Früher nannte man das Diktat-Frieden.

Das ist die Lage nach den getrennten Sitzungen der Führungsgremien von CDU und CSU, die am Montag in Berlin und München über den unionsinternen Konflikt in der Asylfrage beraten haben.

Nahezu zeitgleich traten Angela Merkel in Berlin und Horst Seehofer in München vor die Kameras, um zu erklären, dass sich die Positionen im Grunde nicht geändert haben.

Die Ergebnisse im Überblick:

  • Merkel begrüßt offiziell die Pläne Seehofers als "gute Grundlage", setzt aber weiter darauf, die Asylfrage europäisch zu lösen. Auch bilaterale Verhandlungen nennt sie als Option.
  • Seehofer hat im Streit mit der CDU über die Flüchtlingspolitik weiter eine harte Linie angekündigt und bleibt bei seinen Plänen, bestimmte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen zu wollen.
  • Seehofer gibt Merkel bis Anfang Juli Zeit, um auf dem EU-Gipfel am 28. und 29. Juni europäische Lösung zu verhandeln. Dann will er die von ihm geplanten Zurückweisungen bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze vorbereiten.
  • Für diesen Fall hat Merkel der CSU mit ihrer Richtlinienkompetenz als Regierungschefin gedroht. Nämlich dann, wenn die Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze ohne Abstimmungen mit EU-Partnern in Kraft gesetzt würden und "zu Lasten Dritter" gingen.

(ts)

Die Entwicklungen zum Nachlesen in der watson-Chronik

Merkel und Seehofer geben "Ergebnisse" bekannt: Es steht 1:1 im Fernduell. 

14:20 Uhr. Angela Merkel setzt weiterhin auf eine europäische Lösung in der Asylfrage. Das Seehofer-Lager setzt Merkel ein Ultimatum: Bis zum EU-Gipfel Ende Juni wird Merkel Zeit bekommen, die Asylfrage europäisch zu verhandeln. Gelingt dies nicht, will Seehofer ab Juli die von ihm geplanten Zurückweisungen bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze vorbereiten.

Das sagte Merkel:

Seehofers Masterplan sei eine "gute Grundlage", sagte Merkel in der Pressekonferenz am Montag.

"Es gibt also keinen Automatismus."
Angela Merkel

Sie lehnt aber einen automatischen Start von Zurückweisungen bestimmter Migranten an der deutschen Grenze nach den EU-Verhandlungen Ende Juni ab. Die CDU wolle nach den Gesprächen in Brüssel zunächst am 1. Juli in Präsidium und Bundesvorstand beraten und "im Lichte des Erreichten über das weitere Vorgehen entscheiden", sagte Merkel am Montag in Berlin.  Die CDU wolle erst intern und dann gemeinsam mit der CSU beraten.

„Nicht unilateral, nicht unabgesprochen, nicht zu Lasten Dritter. Das ist mein Credo.“
Angela Merkel

Sie setzt weiter auf eine Gesamtlösung der Europäischen Union: „Wir glauben, dass unabgestimmte Zurückweisungen zu einem Domino-Effekt führen könnten“, sagte Merkel. Dadurch könne sogar die Europäische Einigung bedroht werden.

Merkel hat der CSU mit ihrer Richtlinienkompetenz als Regierungschefin gedroht. Dies sei dann der Fall, wenn Zurückweisungen von Flüchtlingen an der Grenze ohne Abstimmungen mit EU-Partnern in Kraft gesetzt würden und "zu Lasten Dritter" gingen, wie Merkel am Montag in Berlin deutlich machte. Wenn eine solche Maßnahme in Kraft gesetzt würde, wäre das eine Frage ihrer Richtlinienkompetenz, sagte Merkel mit Blick auf Innenminister Horst Seehofer.

Aber: „Eine Bundeskanzlerin und ein Bundesinnenminister müssen zusammenarbeiten können“, sagte Angela Merkel weiter. Die Sicherheitslage in Deutschland setze das voraus. Diese Voraussetzung sei auch gegeben.

Die Frage, ob sie sich durch den Streit geschwächt sehe, sagte sie lediglich „Ich sehe mich angespornt, noch intensiver für eine Lösung mit den europäischen Partnern zu suchen.“ Kritischen Fragen in Hinblick auf die Zukunft der Unions-Fraktion und die weitere Zusammenarbeit mit der CSU wich Merkel aus. Immer wieder betonte sie, keine "Wenn-Dann-Fragen" beantworten zu wollen.

Das sagte Seehofer

Fast gleichzeitig trat Seehofer in Bayern vor die Presse. Sein Masterplan Migration sei sehr sehr "einstimmig" innerhalb der CSU beschlossen worden.

"Wir wünschen Merkel viel Erfolg. Aber wir bleiben bei unserer Position."
Horst Seehofer

Er hat im Streit mit der CDU über die Flüchtlingspolitik weiter eine harte Linie angekündigt. "Wir haben diese ganze Thematik Migration noch nicht wirklich im Griff", sagte Seehofer

Es habe zwar Verbesserungen gegeben, aber er können der Bevölkerung nicht sagen, dass "Rechtssicherheit gewährleistet" sei. "Hier müssen wir noch sehr viel arbeiten", sagte Seehofer.

Seehofer bestätigte im Grundsatz die Einigung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf das weitere Vorgehen im Asylstreit. Demnach soll Merkel bis Ende Juni Zeit bekommen, über eine europäische Lösung zu verhandeln. Seehofer will für Anfang Juli die von ihm geplanten Zurückweisungen bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze vorbereiten. Damit kann Merkel versuchen, auf dem EU-Gipfel Ende Juni eine europäische Asylreform durchzusetzen und damit ein von Seehofer geplantes einseitiges deutsches Vorgehen zu verhindern.

"Sofort" will Seehofer allerdings dafür sorgen, dass mit Einreisesperren belegte Menschen ab sofort nicht mehr nach Deutschland kommen können. Es sei "ein Skandal, wenn Menschen eine Einreisesperre haben und trotzdem in die Bundesrepublik einreisen", sagte er in München.

(fh/ts/dpa)

Seehofer setzt angeblich Frist bis Juni und Merkel akzeptiert

13.12 Uhr: Im Unionsstreit über die Asylpolitik will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Frist für eine europäische Lösung bis Ende Juni geben. Das machte er am Montag in einer CSU-Vorstandssitzung in München deutlich, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Kommen bis dahin keine Vereinbarungen mit EU-Partnern zustande, soll mit umfassenden Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen begonnen werden.

Dabei geht es insbesondere um Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Diese sollen dann voraussichtlich ab Anfang Juli abgewiesen werden, wenn der EU-Gipfel Ende des Monats kein "wirkungsgleiches" Ergebnis einbringt. Die Vorbereitungen dafür will Seehofer nach eigenen Worten aber schon jetzt treffen lassen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will die von CSU-Chef Horst Seehofer im Asylstreit gesetzte Zwei-Wochen-Frist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zunächst akzeptieren. Aus Teilnehmerkreisen der CDU-Vorstandssitzung in Berlin hieß es demnach am Montag, Merkel billige das Vorgehen ihres Bundesinnenministers. Sie wolle die CDU-Spitzengremien am 1. Juli, also nach dem EU-Gipfel, über den Stand ihrer Verhandlungen über Abkommen mit vom Migrationsdruck am meisten belasteten Ländern wie Italien informieren.

(dpa)

SPD flaggt europäisch und steht im Unionsstreit an der Seite Merkels

12.40 Uhr. Auf dem Willy-Brandt-Haus im Berliner Stadtteil Kreuzberg weht die Europa-Flagge – normalerweise hisst die SPD dort ihre Parteifahne. Die SPD hat mit Blick auf den angedrohten nationalen Alleingang der CSU im Asylstreit auf ihrer Parteizentrale in Berlin die Europa-Fahne gehisst. "Es sind entscheidende Tage für Europa", erklärte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Montag. Das könne man in diesen Tagen gar nicht oft genug sagen.  Im rbb-Inforadio erklärte Klingbeil, der Asylstreit innerhalb der Union mache ihn "fassungslos". "Die CSU setzt mit ihrem Populismus gerade das geeinte demokratische Europa aufs Spiel", sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post".

(dpa)

Planlos beim Masterplan

12.35 Uhr. Wann Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) seinen umstrittenen Masterplan zur Flüchtlingspolitik vorstellen wird, ist noch völlig offen. Ministeriumssprecherin Eleonore Petermann sagte am Montag in Berlin: "Es gibt keinen neuen Termin für die Vorstellung des Masterplans Migration." In dem Plan geht es um Fluchtursachen, Flüchtlingshilfe in Transitländern, EU-Asylpolitik und Reformen in Deutschland. Der Inhalt sei bislang nur Seehofer, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie einigen Mitarbeitern des Innenministeriums bekannt, die mit der Ausarbeitung befasst gewesen seien, erklärte die Sprecherin.

Andere Ressorts seien darüber bislang nicht informiert worden. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) habe aber auf jeden Fall Informationen zu den geplanten Maßnahmen im Ausland, an denen sein Haus beteiligt sei.Seehofer hatte seinen Plan ursprünglich am Dienstag vergangener Woche vorstellen wollen. Der Termin wurde dann aber kurzfristig abgesagt, nachdem die Bundeskanzlerin Bedenken gegen die darin geforderten Zurückweisungen von Asylbewerbern an der Grenze geäußert hatte. Nach Angaben des Ministeriums geht es um Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert worden sind.

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Bayerische Grenzpolizei soll eigenständig kontrollieren

12.20 Uhr. Dieser Vorschlag steht allerdings nicht im Zeichen eines möglichen Kompromisses zwischen CSU und CDU: Die neue bayerische Grenzpolizei soll nach dem Willen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auch eigenständig Grenzkontrollen durchführen dürfen – im Rahmen der Befugnisse, die auch die Bundespolizei hat. Das stellte Seehofer am Montag in einer CSU-Vorstandssitzung in München in Aussicht, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte demnach an, ab Dienstag werde es Gespräche zwischen Bund und Bayern über die Unterstützung an der Grenze geben

(ts/dpa)

Kommando zurück? Seehofer will bei Zurückweisungen schrittweise vorgehen

11.20 Uhr. Im Unionsstreit über die Asylpolitik will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) offenbar schrittweise vorgehen: Zunächst will er diejenigen Ausländer an den Grenzen abweisen lassen, die mit einem Einreiseverbot belegt sind. Für alle anderen sollten Vorbereitungen getroffen werden. Das solle wirksam werden, wenn keine europäischen Vereinbarungen zustande kämen. Das sagte Seehofer am Montag in einer CSU-Vorstandssitzung in München, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr.

Ist das der Kompromissvorschlag, auf den das Merkel-Lager wartet?

(ts/dpa)

Team Merkel oder Team Seehofer?

Bis sich die zerstrittenen Schwestern zu Wort melden, dauert es noch ein bisschen. Die Pressekonferenz beider Lager findet voraussichtlich zeitgleich gegen 14 Uhr statt. Doch wer steht eigentlich wo im Streit zwischen den Unionslagern? Denn hinter dem Streit zwischen Merkel und Seehofer steht die grundsätzliche Frage um die Ausrichtung der Migrationspolitik. Oder, wie es Merkel formulierte: eine Art "Lackmustest" für den Zusammenhalt Europas.

(ts)

Söder hat "Sport gemacht und nachgedacht" und gibt Seehofer grünes Licht

10.30 Uhr. Die CSU wird sich an diesem Montag nach den Worten von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hinter den Plan von Bundesinnenminister Horst Seehofer stellen. Es sei an Seehofer, den Beschluss dann umzusetzen, sagt Söder in München. Es gehe in dem Streit um Sachfragen, nicht um Persönliches.

Die CDU stützt nach den Worten von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet im Flüchtlingsstreit mit der CSU die Kanzlerin. "Die CDU steht hinter der Bundeskanzlerin", sagt er vor einer Vorstandssitzung.

"Europäische Lösungen sind der einzige Weg, der möglich ist."
Armin Laschet

Die Kernfrage sei nun, ob Deutschland auch mit nationalen Alleingängen operiere oder ob man auf multilateraler Ebene handle.

(ts/dpa)

CDU sackt in Umfrage auf 30 Prozent

9.30 Uhr. Der heftige Asylstreit kostet die Unionsparteien Zustimmung bei den Wählern. Im Vergleich zur Vorwoche haben CDU und CSU im RTL/n-tv-Trendbarometer zum Ende vergangener Woche vier Prozentpunkte verloren und liegen nun bei 30 Prozent – ihrem bislang niedrigsten Wert seit der Bundestagswahl im September (33 Prozent).

Aber auch der Bündnispartner SPD nimmt demnach Schaden und büßte im Verlauf der Woche zwei Prozentpunkte ein. Um jeweils zwei Prozentpunkte zulegen konnten AfD und Grüne.

Wenn jetzt Bundestagswahl wäre, würden sich der Umfrage zufolge 30 Prozent für die CDU/CSU entscheiden, 16 Prozent für die SPD, 10 Prozent für die FDP, 14 Prozent für die Grünen, 9 Prozent für die Linke sowie 15 Prozent für die AfD und 6 Prozent für eine der sonstigen Parteien. 26 Prozent der Wahlberechtigten – mehr als in den Vorwochen – seien unentschlossen oder würden gar nicht wählen, hieß es.

(dpa)