
Cybersicherheit: Trump katapultiert die USA laut Experten ins "gläsernste aller Häuser".Bild: imago images / UPI Photo
Analyse
Die Trump-Regierung fährt die digitale Verteidigung der USA zurück – und das mitten in einer Hochphase ausländischer Cyberangriffe. Sicherheitsbehörden schlagen Alarm. Noch massivere Wahlbeeinflussung droht.
Als US-Präsident Donald Trump am Donnerstag den Chef der National Security Agency (NSA) und des US Cyber Command, General Timothy D. Haugh, feuerte, war das kein isolierter Vorfall. Vielmehr ist es der jüngste Teil einer langen Liste von Maßnahmen, mit denen seine Regierung die digitalen Schutzmechanismen des Landes schwächt. Die Trump-Regierung demontiert systematisch die eigene Cyberabwehr.
USA unter Trump: Eine Entlassung mit Signalwirkung
General Haugh, der zuvor eine Schlüsselrolle im Abwehrkampf gegen russische Hackerangriffe gespielt hatte – darunter beim Schutz der Midterms 2018 – wurde laut "New York Times" offenbar unter politischem Druck entfernt. Besonders ein Name fällt in dem Zusammenhang immer wieder: Laura Loomer, rechte Aktivistin und loyale Trump-Unterstützerin.
Der Zeitpunkt für den Rauswurf ist denkbar ungünstig: Denn die USA erleben laut Expert:innen die massivsten und raffiniertesten Cyberangriffe ihrer Geschichte. Cyberattacken, Fake-News-Kampagnen, Wahleinmischungen stehen auf der Tagesordnung.
Die Entlassung sei "unglaublich gefährlich", warnte Senator Mark Warner, demokratischer Vorsitzender des Geheimdienstausschusses: "Wie soll es die Amerikaner sicherer machen, ihn zu feuern – mitten in einer beispiellosen Bedrohungslage?"
Warner spielte dabei auf eine besonders heikle Enthüllung an: Chinesische Geheimdienste sollen sich laut US-Personal so tief in die Telekommunikationsnetze der USA eingeschlichen haben, dass sie sogar Zugriff auf das Abhörsystem des Justizministeriums hatten. Damit konnten sie potenziell Gespräche abhören, inklusive solcher von Donald Trump während seines letzten Wahlkampfs. Die entsprechende Operation trägt den Namen "Salt Typhoon" – entdeckt wurde sie übrigens zuerst von Microsoft.
Und Trumps Sicherheitsberater Michael Waltz? Er hat bislang keine klare Cyberstrategie präsentiert. In Interviews deutete er jedoch an, dass die USA künftig offensiver agieren müssten. "Wenn ihr Cyber-Zeitbomben in unseren Häfen und Stromnetzen platziert, dann müssen wir zeigen: Wir können das auch", sagte Waltz dem rechtskonservativen Portal "Breitbart".
Doch genau dieser Fokus auf offensive Taktiken bereitet vielen Fachleuten Sorgen, wie die "New York Times" berichtet. Denn während Angriffe auf iranische Nuklearanlagen oder russische Stromnetze zwar Schlagzeilen machen, sind sie selten nachhaltig – die Reaktionen sind meist heftig, die USA selbst hoch verwundbar. Oder, wie ein Ex-Cyberoffizieller aus dem Pentagon es ausdrückte: "Wir leben im gläsernsten aller Häuser."
Trump-Entlassungen machen USA wehrlos gegen Wahlbeeinflussung
Besonders drastisch zeigen sich die Kürzungen im Bereich der Wahlsicherheit. Anfang März kappte die Regierung über zehn Millionen Dollar an Mitteln für zwei zentrale Programme zur Erkennung und Abwehr von Cyberattacken, wie etwa die AP berichtete. Eines davon war speziell auf den Schutz von Wahlen ausgerichtet, das andere auf kritische Infrastruktur wie Stromnetze und staatliche Netzwerke.
In vielen US-Landkreisen waren diese Programme das einzige Mittel, um digitale Bedrohungen frühzeitig zu erkennen. CISA, die Cybersecurity and Infrastructure Security Agency, hatte über Jahre hinweg eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Techfirmen und lokalen Wahlbehörden aufgebaut.
Doch nun wurden Verträge aufgelöst, Mitarbeitende entlassen, Frühwarnsysteme abgeschaltet. Ein Beispiel: In Arizona erhielt die Wahlbehörde an einem Wahltag im November 15 Bombendrohungen. Dank CISA wusste man schnell – sie kamen aus Russland und waren Fakes. Die Wahl konnte weitergehen.
Adrian Fontes, demokratischer Secretary of State in Arizona, ist fassungslos. Er sagte zur "New York Times": "Es ist, als hätte jemand die Zugbrücke runtergelassen – ohne Wachen." Seine Protestbriefe an das Weiße Haus, das Heimatschutzministerium und den Kongress blieben bislang ohne Antwort.
Auch aus anderen Bundesstaaten, etwa Colorado, kommen Warnungen. Dort konnte CISA 2021 aufdecken, dass ein lokaler Wahlbeamter sich illegal Zugang zu einem Wahlsystem verschafft hatte – und verhinderte, dass die Aktion bundesweit Schule machte. CISA selbst betont, man werde "weiter dieselbe Unterstützung bieten", darunter Sicherheitschecks und Notfallhilfe. Doch viele sehen das anders.
Trump gegen Cybersicherheit: Kritik auch von Republikanern
Neben dem Wahlbereich trifft es auch andere Teile der digitalen Abwehr. Die unter Präsident Biden eingerichtete Cyber Safety Review Board – ein Gremium nach Vorbild der Flugunfalluntersuchung – wurde wieder aufgelöst. Und das, noch bevor es seine Untersuchung zu Salt Typhoon abschließen konnte.
Zugleich wurden Verträge mit über 100 IT-Sicherheitsleuten gekündigt – darunter sogenannte "Red Teams", die Schwachstellen in Systemen aufspüren sollen.
Die Regierung rechtfertigt die Schritte mit Einsparungen und Effizienzsteigerung. Jason Healey, Cyberexperte an der Columbia University, hält das laut "New York Times" für gefährlich: "Gerade Programme gegen Desinformation oder zur Wahlsicherheit werden am ehesten nicht wiederaufgebaut."
Die Sorge über die Entwicklungen geht quer durch die Parteigrenzen. Al Schmidt, republikanischer Secretary of State in Pennsylvania, schrieb jüngst einen Brief an Heimatschutzministerin Kristi Noem. Er erinnerte daran, wie oft CISA sein Bundesland vor Cyberattacken bewahrt hatte – darunter manipulierte SMS-Kampagnen oder weiße Pulverbriefe an Wahlbüros. "Ohne diese Unterstützung werden Wahlen weniger sicher", warnte Schmidt.
Besonders problematisch sei zudem, dass viele Bundesstaaten wie Pennsylvania inzwischen per Gesetz verbieten, private Spenden zur Wahlabsicherung anzunehmen – ein Rückschritt. Auch aus Utah kommt Kritik: "Ich verstehe den Wunsch, Geld zu sparen", sagt Ricky Hatch, republikanischer Wahlleiter in Weber County. "Aber das ist entscheidendes Geld für die Sicherheit unserer Wahl-Infrastruktur."
Ein Teil der Massenentlassungen war ein Versehen – sagt Trumps Gesundheitsminister. Es ist ein Versehen, das ernste Konsequenzen mit sich bringt.
Viele Amerikaner:innen in Behörden erleben gerade, was es heißt, von heute auf morgen entlassen zu werden. Donald Trump geht in seiner zweiten Amtszeit rigoros mit dem Rotstift durch den Staatsapparat – mithilfe seines "Departments of Government Efficiency", kurz "Doge". An der Spitze der Sparbehörde: kein Geringerer als Elon Musk, der als Berater fungiert und Effizienz propagiert. Doch was als Reform gedacht war, wird zunehmend zur Zerstörung.