Kommt den USA ein wichtiger Verbündeter in einer strategischen Region abhanden? Der Konflikt zwischen der Türkei und den USA spitzt sich zu. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan verhängte am Samstag Sanktionen gegen zwei US-Minister, zuvor hatten die USA zwei türkische Regierungsmitglieder mit Restriktionen belegt hatten.
Der Vorgang ist zwischen Nato-Partnern beispiellos und zeigt die unterschiedlichen strategischen Interessen in der Region. Die USA drohen unter Präsident Donald Trump in Nahost zum Nebendarsteller degradiert zu werden. Zuletzt schrieb Erdogans Berater Cemil Ertem in der Zeitung "Sabah":
Die USA sind besorgt wegen des Umgangs der Türkei mit dem amerikanischen Pastor Brunson. US-Präsident Donald Trump und sein Vize Mike Pence drängen auf die Freilassung des evangelikalen Geistlichen, der im Oktober 2016 wegen des Vorwurfs der Spionage sowie der Unterstützung der PKK und der Gülen-Bewegung in Untersuchungshaft genommen wurde. Im Juli wurde Brunson zwar in den Hausarrest verlegt, der gegen ihn betriebene Prozess wird aber fortgesetzt.
Erdogan hat vorgeschlagen, Brunson gegen den USA lebenden Fetullah Gülen auszutauschen.
Seit dem gescheiterten Militärputsch von Juli 2016 dringt die Türkei auf die Auslieferung des im US-Exil lebenden, muslimischen Predigers Fethullah Gülen, den sie für den Umsturzversuch verantwortlich macht.
Zur Empörung Ankaras haben die US-Behörden bisher keine rechtlichen Schritte gegen den Geistlichen unternommen, der seit 1999 in Pennsylvania lebt. Laut Washington hat die Türkei keine gerichtsfesten Beweise für Gülens Schuld vorgelegt.
Die Türkei ist verärgert über die Unterstützung der USA für die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien. Ankara sieht sie wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Bedrohung an.
Trotz des Drängens der Türkei halten die USA an der Militärhilfe für die YPG in Syrien fest, die sie als schlagkräftigen Partner im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) schätzen.
Unter Erdogan entfernt sich die Türkei langsam vom Nato-Partner USA. So näherte sich Erdogan Russlands Staatschef Wladimir Putin an, die Türkei bestellte russische Atommeiler, schlimmer aber noch.
Im Frühjahr 2018 rückten türkische Truppen in den Norden Syriens ein und besetzten die von den Kurden gehaltene Stadt Idlib. Der syrische Staatschef Baschar al-Assad hatte zuletzt die Rückeroberung der Stadt angekündigt. Er paktiert mit den Kurden, denen er in der Region Autonomie verspricht. Nichts aber fürchtet die Türkei mehr als einen eigenen kurdischen Staat auf dem Gebiet des heutigen Iraks und Syriens.
Der Konflikt droht zu eskalieren.
(per/afp)