Wie geht es weiter? 3 Szenarien zur Regierungskrise
02.07.2018, 13:3402.07.2018, 14:19
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Die CSU und die Union, das wird gerne vergessen, standen schon einmal vor dem Aus. 1976 wollten Franz Josef Strauß und seine Christsozialen ihre Minister aus der Regierung abziehen. Auch damals ging es um die Asylpolitik. Und auch Strauß ging es so sehr um seinen Konkurrenten Helmut Kohl, wie es Seehofer heute um seine Konkurrentin Merkel geht. Aber, auch das ist Geschichte, auch damals gab die CSU klein bei.
Das große Rätselraten, wie der Streit zwischen CDU und CSU
weitergehen wird, beherrscht dennoch die Schlagzeilen – und wie sich dies auf die Bundesregierung
auswirken könnte.
CSU-Chef Horst Seehofer hat sich und der
Schwesterpartei nun eine neue Frist bis zum Mittwoch gesetzt – dem 4. Juli, sein 69. Geburtstag. Aber das ist Zufall.
Denkbar sind
mehrere Entwicklungen, je nachdem, ob die von Seehofer
angekündigten neuen und letzten Einigungsversuche mit der
CDU-Spitze am Montag im Konrad-Adenauer-Haus erfolgreich sind.
Doch noch eine Einigung
Die Politiker der CDU und CSU haben am Montagvormittag mehr oder weniger
hektisch versucht, doch noch Wege für einen Kompromiss zu
finden. Denn laut Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble steht
die Union "am Abgrund".
Viele Mitglieder zeigen sich
erschrocken über die Entwicklung und Seehofers
Rücktrittsdrohung. Mehrere CDU-Politiker sprechen davon, der CSU
noch einmal "Brücken" bauen zu wollen – über die bayerische
Regionalpartei dann aber auch gehen müsse.
Derzeit zirkulieren folgende Überlegungen:
Die CSU könnte Kanzlerin Angela Merkel mehr Zeit einräumen, um etwa weitere EU-Rücknahmeabkommen zu erreichen und diese umzusetzen. Verantwortlich ist dafür ohnehin das CSU-geführte Innenministerium.
Zudem könnte die CDU versuchen, Seehofer mit einer "nationalen Maßnahme" entgegenzukommen, damit dieser die von der CSU gewünschte "Symbolhandlung" bekommt. Denkbar wäre etwa, dass eine weitere Gruppe von Flüchtlingen an der Grenze abgewiesen werden könnte, über die hinaus, die Merkel bereits akzeptiert hat. Gelingt dies im Spitzengespräch am Montagabend, könnte auch Seehofer von seinem angebotenen Rücktritt zurücktreten.
Wahrscheinlichkeit: Zwar
betonen sowohl CDU- als auch CSU-Politiker, dass das
gegenseitige Misstrauen selbst bei einer Einigung bleiben werde.
Aber der Bruch der Regierung und der Fraktionsgemeinschaft wäre
abgewendet – erst einmal. Das macht das Szenario durchaus zu einer Möglichkeit.
Der Asylstreit zwischen Merkel und Seehofer in Zitaten
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Der Asylstreit zwischen Merkel und Seehofer in Zitaten
Angela Merkel im August 2015 in Berlin: "Deutschland ist ein starkes Land. (...) Wir haben so vieles geschafft, wir schaffen das. Wir schaffen das, und wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden."
quelle: imago stock&people / thomas koehler/photothek.net
Seehofer tritt zurück – CSU macht weiter
Die zweite Variante wäre, dass Seehofer zurücktritt – entweder
weil eine Einigung zwischen den beiden Parteien misslingt oder
weil ihm der Kompromiss anders als anderen in der CSU nicht
ausreicht.
Seehofer hat mehrfach betont, dass es ihm um seine
persönliche "Glaubwürdigkeit" gehe – und er ficht seit 2015
einen auch persönlichen Kampf mit Merkel in der
Flüchtlingspolitik aus.
Denkbar wäre, dass die CSU einen anderen
Innenminister – etwa Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann oder
Staatsekretär Stephan Mayer – nominiert, der dann den "Masterplan Migration" umsetzen könnte.
Als Kandidaten für den Parteivorsitz werden eigentlich nur Alexander Dobrindt und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder genannt. Inhaltlich aber wäre der Asylstreit damit nur aufgeschoben: Auch ein künftiger CSU-Bundesinnenminister würde in der Sache wohl kaum zurückweichen, der Konflikt mit Merkel um Zurückweisungen bestimmter Flüchtlinge an den Grenzen ginge unvermindert weiter.
Wahrscheinlichkeit: Der Rückzug Seehofers könnte es auch der SPD erleichtern,
weiter die große Koalition mitzutragen und den
sogenannten Masterplan mitzutragen. Den Sozialdemokraten wird
in der Union unterstellt, sie habe keine Alternative zur
weiteren Regierungsbeteiligung.
Wer immer dann neuer CSU-Chef
würde, müsste allerdings eine harte Linie gegenüber CDU-Chefin
Merkel fahren, um das auch durch schlechte Umfragen angeknackste
Selbstbewusstsein der stolzen bayerischen Regionalpartei zu
pflegen.
Seehofer tritt zurück – CSU verlässt Regierung
Die dritte Variante wäre, dass die CSU nach einem Rücktritt oder
Rausschmiss Seehofers durch die Kanzlerin die Regierung
verlässt. Dies könnte eintreten, wenn sich die Unions-Spitzen
nicht einigen – oder wenn der Innenminister doch die nationalen
Zurückweisungen gegen den erklärten Willen der Koalitionspartner
CDU und SPD anordnen sollte.
Wahrscheinlichkeit: Aus Sicht der CSU wäre dies
reizvoller als ein bloßer Rücktritt Seehofers, weil der
Kanzlerin dann eher die Verantwortung für den Bruch der
Schwesterparteien angehängt werden könnte.
Auf der anderen Seite würden mit dem Bruch der Union auch in Bayern zwei Parteien zur Wahl antreten müssen, und die CSU müsste sich auf Bundesebene ausdehnen. Das würde viele Karrieren innerhalb der Partei betreffen und die Wahlergebnisse auf jedenfall nach unten drücken.
Nach dem Rückzug der CSU aus der Regierung gäbe es verschiedene Varianten, wie es weitergehen könnte:
eine Minderheitsregierung
eine Abwahl der Kanzlerin
die Bildung einer neuen Koalition oder Neuwahlen
Welchen Weg
man gehen würde, hänge sehr stark von den Umständen ab, heißt es
in der CDU. Wenn die Verantwortung für den Bruch der Union klar
bei der CSU festgemacht werden könne, festige dies eher Merkels
Position, so die Vermutung – dies könnte eine
Minderheitsregierung oder eine neue Koalition etwa mit der
Hereinnahme der Grünen oder der FDP denkbar machen.
Grüne und FDP haben sich bereits zu Wort gemeldet:
Wahrscheinlich wäre in diesem Fall aber, dass es kurz- oder mittelfristig zu einer Neuwahl des Bundestags kommt. Dieses Szenario gilt aber als höchst unwahrscheinlich. Niemand wolle den Bruch, betonten CSU-Spitzenpolitiker in den vergangenen Tagen gebetsmühlenartig.
Am Montag stellte Söder erneut klar: "Die Stabilität der Regierung steht für uns nicht infrage, auch ein Aufkündigen einer Fraktionsgemeinschaft ist nicht der richtige Weg. Man kann in einer Regierung viel erreichen, aber nicht außerhalb."
Wichtig ist
auch der Blick auf die EU: Denn schon auf dem EU-Gipfel wurde
allgemeine Besorgnis geäußert, dass ein gelähmtes Deutschland
die Europäische Union ins Chaos stürzen könnte.
Entscheiden müsste die CDU in diesem Fall, ob sie noch bei
der bayerischen Landtagswahl im Oktober antreten will. Sie
müsste sich bis zum 2. August entsprechend erklären.
Spätestens
nach der Landtagswahl könnte dann auch eine Ausweitung der CSU
auf das Bundesgebiet folgen – was allerdings organisatorisch
sehr viel aufwendiger wäre als der Aufbau eines
CDU-Landesverbands in Bayern. Sollte sich im CDU-Teil der
Bundestagsfraktion aber der Eindruck festsetzen, Merkel habe
nicht alles unternommen, um die CSU an Bord zu halten, könnte
die Position der CDU-Chefin und Kanzlerin in den eigenen Reihen
nachhaltig geschädigt werden.
USA: Donald Trump schafft sich mit loyalen Anhängern ein wahres (Grusel-)Kabinett
Loyalität an erster Stelle: Der frisch gewählte US-Präsident Donald Trump setzt bei der Besetzung seines Führungsteams auf treue Weggefährt:innen. Elon Musk soll sich um die Kürzung der Regierungsausgaben kümmern, und ein Fox-Moderator wird als Verteidigungsminister handeln. Auch die Posten für das Justizministerium und das Außenministerium sind bereits vergeben.