Beförderung statt Rücktritt? 9 Fragen zur Maaßen-Runde im Kanzleramt
18.09.2018, 12:0718.09.2018, 16:32
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Muss Verfassungsschutz-Chef Maaßen gehen? Das ist die größte Frage an diesem Dienstag. Um kurz nach 16 Uhr trafen Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer sowie die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles zusammen. Auch Hans-Georg Maaßen soll bei dem Treffen anwesend sein.
Davor hatte Seehofer unter vier Augen mit Merkel beraten. Eine der erwogenen Möglichkeiten: eine Art Rücktrittsbeförderung. Hans-Georg Maaßen verlässt das Bundesamt für Verfassungsschutz, ihm wird in Seehofers Innenministerium aber eine neue Aufgabe übertragen.
Der Überblick über die verfahrene Lage zwischen den Koaltionspartnern:
Was passiert heute?
Bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt wollen Kanzlerin und
CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chefin
Andrea Nahles einen Ausweg aus der Berliner Koalitionskrise
suchen.
Was sagt die SPD?
Die SPD fordert Maaßens Entlassung wegen seines umstrittenen
Interviews zu den Vorgängen in Chemnitz, Seehofer als Maaßens
Dienstherr hat ihm aber das Vertrauen ausgesprochen. Merkel hielt
sich bedeckt. Für einen Bericht der "Welt", die Kanzlerin habe
bereits gegen Maaßen entschieden, gab es zunächst keine Bestätigung.
Was sagt Seehofer?
Auch Seehofer betonte, es sei Stillschweigen vereinbart worden. "Ich
bin recht optimistisch, dass wir wegen unserer Verantwortung auch für
das Fortbestehen der Regierung morgen auch zu abschließenden
Entscheidungen kommen", sagte der CSU-Chef am Montagabend in
Regensburg. "Die Lage ist sensibel, der Vorgang ist sensibel und
deshalb muss man auch umsichtig damit umgehen."
Unterdessen hat nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" bereits die Suche nach einem Maaßen-Nachfolger begonnen. Unter
Berufung auf Koalitionskreise schrieb die Zeitung, es würden Maaßens
Stellvertreter Thomas Haldenwang, Arne Schlatmann, Ständiger
Bevollmächtigter des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) und
Clemens Binninger, einst Vorsitzender des Gremiums und bis zur
letzten Wahl CDU-Bundestagsabgeordneter sowie Beate Bube, Präsidentin
des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, genannt.
Wie sich ist es, dass Maaßen geht?
Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft von Maaßen sei aber
noch nicht gefallen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen
der Unionsfraktion im Bundestag. Auch in SPD-Kreisen wusste man
zunächst nichts von einer definitiven Entscheidung - man gehe aber
fest von der Ablösung des Spitzenbeamten aus. In der Koalition hieß
es am Montag, derzeit werde noch nach einer Kompromisslösung gesucht,
die auch Seehofer zufriedenstelle.
Wie riskant ist es für die Bundesregierung, Maaßen zu feuern?
Um Maaßen zu entlassen, müsste Merkel gegenüber Seehofer von ihrer
Richtlinienkompetenz Gebrauch machen. Das dürfte CDU und CSU kurz vor
der Landtagswahl in Bayern (14. Oktober) vor eine weitere
Zerreißprobe stellen. Dass auch Merkel Maaßen kritisch sieht, ist ein
offenes Geheimnis: Er hatte von Anfang an die Politik offener Grenzen
in der Flüchtlingskrise skeptisch bewertet.
Auslöser der Debatte war die Äußerung Maaßens, ihm lägen "keine
belastbaren Informationen" vor, dass es in Chemnitz Hetzjagden auf
Ausländer gegeben habe - vielmehr sprächen "gute Gründe" dafür, dass
es sich bei einem entsprechenden Video "um eine gezielte
Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von
dem Mord in Chemnitz abzulenken".
In Chemnitz war am 26. August ein Deutscher erstochen worden. Des
Totschlags tatverdächtig sind drei Asylbewerber. Nach der Tat hatte
es Demonstrationen von Rechtsgerichteten, Neonazis, Gegnern der
Flüchtlingspolitik sowie Gegenproteste gegeben.
Was sagt die Opposition?
FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Welt": "An der Spitze des
Verfassungsschutzes ist ein personeller Neuanfang nötig, um das
allgemeine Vertrauen in den Inlandsnachrichtendienst zu stärken." Auch der Grünen-Geheimdienstexperte Konstantin von Notz forderte
einen kompletten Neustart. "Der Verfassungsschutz ist gerade in
diesen Zeiten eine wichtige Behörde. Ihre Integrität muss über jeden
Zweifel erhaben sein", sagte er den Zeitungen der Neuen Berliner
Redaktionsgesellschaft. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt
beklagte, je länger Maaßen im Amt bleibe, desto mehr werde das
Vertrauen in den Verfassungsschutz untergraben. Linksfraktionschef
Dietmar Bartsch nannte eine Ablösung überfällig. "Schwarz-Rot ist nur
noch im Krisenbewältigungsmodus."
Hat Maaßen überhaupt noch Fürsprecher?
Rückendeckung erhielt Maaßen vom Vorsitzenden des Parlamentarischen
Kontrollgremiums (PKGr) zur Überwachung der Geheimdienste, Armin
Schuster (CDU). "Hier wird ein Mensch nach allen Regeln der Kunst
fertig gemacht, zum Opfer gemacht - das geht deutlich unter die
Gürtellinie", sagte er der "Stuttgarter Zeitung". Der Bundestagsabgeordnete
Patrick Sensburg sagte im Fernsehsender Phoenix: "Da sind Vorwürfe in
den Raum gestellt worden, die ich als unhaltbar einschätze. Da bleibt
nicht viel übrig."
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel erklärte die Diskussion um Maaßen
damit, dass dieser für seine Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik
bestraft werden solle. "Jeder, der Merkels rechtswidrige
Einwanderungspolitik kritisiert, wird von der etablierten Politik
gnadenlos durch die Mangel gedreht", schrieb sie auf Facebook.
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