Die nächste Trump-Regierung wird den geoökonomischen Wettbewerb mit China intensivieren, der erhebliche Auswirkungen auf Europa hat. Diese Spannungen könnten zu einer zweigeteilten, de-globalisierten Welt führen und europäische Unternehmen vor große Herausforderungen stellen.
Es ist höchste Zeit, dass die EU weltpolitikfähig wird, um Europas Wohlstand und Sicherheit zu verteidigen.
Beim aktuellen sino-amerikanischen Kräftemessen ist Europa bislang nur Zuschauer, im schlimmsten Fall aber wird es zum zentralen Verlierer werden, wenn es nicht schnell entscheidungs- und handlungsfähig wird und seine Interessen verteidigt.
In dieser von geoökonomischen und geopolitischen Risiken geprägten neuen Weltordnung gewährt nur der europäische Verbund die nötige Marktmacht und Handlungsoptionen, damit Europas Länder weiterhin selbstbestimmt wirtschaften und leben können.
Begriffe wie "strategische Unabhängigkeit" und "Autonomie" verschleiern momentan jedoch lediglich die unzureichende Entscheidungs- und Handlungskompetenz der Europäischen Union, die für eine erfolgreiche Anpassung an diese neue Ordnung dringend erforderlich ist.
Berlin müsste eine Führungsrolle bei der europäischen Integration übernehmen. Denn deutsche Unternehmen mit internationaler Ausrichtung sind zunehmend von den geoökonomischen Strategien der Supermächte USA und China betroffen.
Deutschland ist eine der am stärksten verflochtenen und damit umso mehr von einer möglichen De-Globalisierung betroffenen Volkswirtschaften der Welt. Während deutsche Firmen bisher Vorteile aus der Globalisierung gezogen haben, könnten sie im Zuge eines chinesisch-amerikanischen Machtkampfes und resultierender protektionistischer Maßnahmen auch Verluste erleiden.
Selbst die Regionalisierungsstrategien einiger deutscher Unternehmen, die nur lokale Lieferketten nutzen und Produkte für den asiatischen Markt ausschließlich dort fertigen, könnten ins Leere laufen, wenn die Konkurrenz zwischen China und den USA eskaliert und die USA ihre Wirtschaftsmacht durch (Sekundär-)Sanktionen ausspielen.
In seiner ersten Amtsperiode kippte Donald Trump das von den Europäern und seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Nuklearabkommen mit dem Iran und setzte europäische Unternehmen, die mit Iran Handel trieben, wirtschaftlich unter Druck. Dies könnte ein Modell für Washingtons Strategie im Umgang mit anderen missbilligten Regimen sein.
Zum Scheitern verurteilt waren die Bemühungen der europäischen Regierungen, durch die am 29. Januar 2019 ins Leben gerufene INSTEX (Instrument in Support of Trade Exchanges), die Sanktionen zu umgehen und den Zahlungsverkehr mit dem Iran aufrechtzuerhalten.
Europa konnte sich gegen den geoökonomischen Einfluss der USA nicht behaupten, da auch die europäischen Unternehmen erkannten, dass der größere Markt nicht im Iran, sondern in den USA lag. Um in den USA Geschäfte zu tätigen oder Transaktionen über den Dollar abzuwickeln, müssen sich Unternehmen noch immer den politischen Realitäten der US-Wirtschafts- und Militärmacht stellen.
Der von Trump einseitig gekündigte Nukleardeal war vielleicht die letzte Möglichkeit, den Iran (ohne militärische Konfrontation) von der möglichen Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten. Diese Auseinandersetzung wird die nächste große Krise sein, die die Normalisierung der israelischen Beziehungen zu Saudi-Arabien beschleunigt, aber einen Showdown mit dem Iran verursacht.
Israel befürchtet, dass der Iran eine Atombombe als Abschreckung einsetzen könnte, die als "nuklearer Schutzschild" dienen könnte, um aggressiver zu handeln, ohne Vergeltung befürchten zu müssen. Derzeit ist es für den Iran riskant, die Konfrontation zu eskalieren.
Da die Hamas geschwächt und die Hisbollah unorganisiert ist, können die iranischen Stellvertreter Teheran nicht wie gewohnt unterstützen. Israels Vorgehen gegen die Hamas in Gaza hat die Fähigkeit des Iran, Unruhe zu stiften, weiter verringert, was den Iran dazu veranlassen könnte, sein Atomwaffenprogramm zu beschleunigen.
Die Vereinigten Staaten und Israel haben wiederholt ihren Widerstand gegen die nukleare Aufrüstung des Iran bekräftigt. Man kann davon ausgehen, dass Israel über genaue Geheimdienstinformationen zum iranischen Atomprogramm verfügt. Sollte der Iran eine kritische Grenze überschreiten, könnte Israel seine Atomanlagen angreifen, wie es 2011 beinahe der Fall gewesen wäre.
Es ist jedoch unklar, ob Jerusalem in der Lage ist, alle Atomanlagen vollständig zu zerstören. Und ein solcher Angriff könnte den Iran dazu veranlassen, den Bau einer Atomwaffe zu beschleunigen.
Trump steht fest an der Seite Israels; er war auch der Wunschkandidat des Israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Im Gegensatz zu Biden plant Trump nicht, Israel von Präventivschlägen gegen iranische Nuklearanlagen abzuhalten.
Trump verspricht auch engere Beziehungen zu Saudi-Arabien und einen härteren Kurs gegenüber dem Iran, ohne klare Pläne offenzulegen. Die Isolierung des Iran durch die USA wird jedoch dessen Abhängigkeit von Moskau und Peking verstärken.
Moskau und Teheran haben ihre militärische Zusammenarbeit intensiviert, während China von günstigem iranischem Öl profitiert, das aufgrund der Sanktionen Europa und Amerikas asiatische Verbündete nicht mehr erwerben dürfen. Dennoch kann sich die iranische Führung nicht sicher sein, ob Russland oder China das Regime unterstützen würden, falls die nächste Trump-Regierung erneut einen Regimewechsel in Teheran anstrebt.
Wenn der "Dealmaker" ins Weiße Haus zurückkehrt, könnte Trump von Russland Zugeständnisse in Bezug auf den Iran verlangen und gleichzeitig den russischen Gebietsforderungen in der Ukraine nachgeben, was er bereits signalisiert hat.
Ohne den Rückhalt der USA müssen auch die Europäer mehr für ihre Verteidigung gegen Russland und den Wiederaufbau der Ukraine ausgeben. US-Präsident Trump könnte die Nato zwar nur mit Zustimmung des Kongresses verlassen. Aber auch ohne Austritt wäre die Nato jedoch kaum effektiv, wenn er Artikel 5 nach Belieben auslegt und den Verbündeten wenig Unterstützung bietet.
Donald Trump stellt die Nato-Prinzipien infrage. Er sagte bei einem Wahlkampfauftritt, dass nicht alle Nato-Länder im Falle eines russischen Angriffs auf die US-Unterstützung zählen könnten, wenn sie nicht ihren Beitrag für Rüstung ausgeben. Er würde die Russen sogar ermutigen, "zu tun, was auch immer sie wollen".
Es geht jetzt aber nicht darum, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für amerikanische Militärgüter auszugeben, um die nächste US-Regierung zu besänftigen. Dies wäre langfristig nicht zielführend.
Europa sollte seine Verteidigung stärken, besonders da China als Militärmacht aufsteigt und die USA sich nach Asien orientieren.